Dienstag, 13. November 2007

Kontrastreiche Eindrücke

9. Abend der Konzertreihe "Spannungen" der Sinfonietta Dresden

Eigentlich gibt es auch heutzutage viele "Mozarts" unter uns. Da der Komponist seine Klavierkonzerte zumeist für sich selbst schrieb, können sich heute manche Pianisten fühlen wie der große Komponist. Allerdings mit dem Unterschied, dass heute kaum ein Pianist seine Konzerte selbst schreibt. Und die Frage nach dem Interpreten Mozart stellt sich ebenfalls. Wie mag dieser wohl selbst seine Werke gespielt haben? Doch die Frage nach Authentizität ist müßig, wenn man bedenkt, wie viele Klangfarben und Möglichkeiten der Deutung ein einzelnes Mozart-Konzert einem heutigen versierten Interpreten bietet. So stellt die Konzertreihe "Spannungen" der Sinfonietta Dresden im Ganzen betrachtet einen wichtigen Beitrag zur Rezeption der Klavierkonzerte dar und angesichts der - leider - nur noch zwei verbleibenden Konzerttermine (denn dann sind alle Klavierkonzerte aufgeführt) sollte man jedem Zuhörer raten, diese Gelegenheiten wahrzunehmen. Dafür spricht auch die Qualität der Darbietung. Milko Kersten und die Sinfonietta boten auch im 9. Konzert ein jederzeit vitales, differenziertes Spiel. Diesmal stand zunächst das Konzert D-Dur KV 175 auf dem Programm. Die japanische Solistin Aki Maekawa, die in Dresden studiert, konnte mit der flexiblen Spielweise der Sinfonietta nicht mithalten. Permanent agierte sie im mittleren Lautstärkebereich, gestaltete die einzelnen Abschnitte mit recht engem Ausdrucksbereich und wirkte insgesamt kraftlos. Perlende Technik allein genügt nicht, um zu Mozart vorzudringen, zudem schien ihre permanent wiegende Haltung am Klavier die Interpretation nicht gerade positiv zu beeinflussen. Dass ein atmendes Spiel und eine feine persönliche Note viel mehr Mozart-Atmosphäre verströmen kann, bewies die Lettin Ilze Jaunzeme mit dem "Krönungskonzert" D-Dur KV 537. Mit großer Ruhe näherte sie sich dem Werk und inspirierte auch das Orchester zu einer konstant guten Leistung. Besonders im 3. Satz demonstrierte sie ihr außerordentliches Tempogefühl und hielt das Allegretto jederzeit in zurückhaltendem, kontrolliertem Zeitmaß, kostete dabei aber die Details intensiv aus. Zeitgenössische Musik gab es wie immer im Zentrum des Konzertes, als Dresdner Beitrag und Uraufführung erklang "Im Überschwang des Raumes" von Karoline Schulz. Die Komponistin entfaltete in dem abwechslungsreichen Stück ein ganzes Klangbilderbuch, in welchem sich die gegeneinander vierteltönig verstimmten Orchestergruppen einen dramatischen Schlagabtausch lieferten, der zuletzt in eine große, bewegte Klangfläche mündete. Dies war ein stark nachwirkender Klangrausch, der aber immer plastisch und nachvollziehbar blieb, da Schulz zwischen ausgeklügelter Polyphonie und dem Hin- und Herwerfen von Einzeltönen immer wieder frech changierte. Eine Enttäuschung war leider das Werk des Kroaten Frano Durovic. Sollte der Komponist repräsentativ für neues Komponieren in diesem Land stehen, so sollte man unbedingt einige Schönberg- und Strawinskypartituren dorthin versenden, denn scheinbar ist man nicht einmal bei diesen hierzulande bereits als Klassikern geltenden Komponisten stilistisch angekommen - das "Dolorosa" für kleines Ensemble schlich akademisch und bedeutungsschwer dahin ohne dass man Freude beim Zuhören bekam. Mit diesen höchst unterschiedlichen Eindrücken bewies die Sinfonietta wieder einmal eine glückliche Hand für die Umsetzung des Konzerttitels: "Spannungen" waren garantiert.

Freitag, 9. November 2007

Tipp?

Den bräuchte ich mal, denn ich würde gern wissen, ob und wie man einen Internet-Radio-Stream (mp3, ogg, real usw.) aufzeichnen kann, bzw. welches Programm da gut arbeitet. Wer hilft?

Dienstag, 30. Oktober 2007

Hehe!

Da schlägt das Heimatherz doch höher :)

EDIT: Und nun DAS...im Achtelfinale wartet Bayern München...Wahnsinn...da staunt sogar die Homepage vom WSV!

Weihnachten naht!

Und ich habe dieses Jahr das optimale Geschenk, und ein bißchen Eigenwerbung muss auch sein: endlich ist der schon vor längerer Zeit aufgenommene "Messias" erschienen (nicht auf der Erde, sondern im CD Fachhandel), und zwar in der kaum bekannten deutschen Textfassung von Johann Gottfried Herder (Infos siehe hier).


Sharon Rostorf-Zamir - Sopran
Maria Riccarda Wesseling - Alt
Kobie van Rensburg - Tenor
Raimund Nolte - Bass
Dresdner Kammerchor
LAUTTEN COMPAGNEY
Musikalische Leitung Wolfgang Katschner

Montag, 29. Oktober 2007

Ach was!

Nein, niemand konnte diesen Ausruf besser, verständnisloser, authentischer aussprechen als Evelyn Hamann, die gestern nacht im Alter von 65 Jahren verstorben ist. Sie strahlte eine unglaubliche Herzlichkeit aus, und ihre tausend Gesichter, ihr Sprechtalent und die Zwischentöne im absurden Bereich der Komik waren ebenso bewundernswert.
Irgendwo las ich heute: "Unter Garantie wird sie nun die Engel zum Lachen bringen" - da bin ich mir ebenfalls sicher.

Zwischen Tradition und Avantgarde

Ravel und Strawinsky im 2. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie

Auf das Musikleben von Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts richtete sich der musikalische Fokus des 2. Zykluskonzertes der Dresdner Philharmonie, und mit Maurice Ravel und Igor Strawinsky standen zwei Komponisten auf dem Programm, die beide auf ihre eigene Weise für die radikale Fortentwicklung der Musik zu dieser Zeit standen und doch die musikalischen Traditionen ihrer Heimat selbstverständlich einbezogen. Es gab sogar eine Zusammenarbeit beider Komponisten: für die "Ballets Russes" sollte Mussorgskys Oper "Chowantschtschina" neu gefasst werden, doch die Partitur scheint verschollen. 1912 führte Diaghilews Ballett Ravels "Daphnis & Chloé" auf, ein Jahr später kam es zu der Skandalaufführung des "Sacre" von Igor Strawinsky. Aus dieser bewegten Zeit stellten die Philharmoniker ein abwechslungsreiches Programm zusammen - die vielen Facetten beider Komponisten passen eh kaum in ein einzelnes Konzert. Zumindest das Schaffen von Ravel wurde mit zwei orchestrierten Klavierstücken und dem späten Klavierkonzert G-Dur in breiterer Form gewürdigt. Chefdirigent Rafael Frühbeck de Burgos stellte zunächst die "Pavane pour une infante défunte" vor, ein ideales Beispiel, wie Ravel mit wenigen ausgesuchten Klängen im Orchester optimale Wirkung erzielt, was leider auch die Klassikradios landauf und landab erkannt haben. Die Philharmoniker überraschten hier mit einer flüssigen Wiedergabe: zum Schwelgen war in diesem Tempo keine Zeit. Das Gegenteil war in der "Alborada del Gracioso" der Fall. Was der Pavane an Ruhe fehlte, ließ in der "Alborada" das spanische Feuer zum Flämmchen geraten. Zwar war die Exaktheit von Frühbeck de Burgos Dirigat bemerkenswert und die Akkuratesse der rhythmischen Figuren nachvollziehbar, es gibt allerdings weitaus emotionalere und auch durchaus wildere Darstellungsoptionen für dieses Werk. Ein Star der Pianistenszene betrat dann das Podium des Kulturpalastes: Yundi Li wird nicht nur in China wie ein Popstar verehrt, auch die westliche Welt, namentlich die Plattenfirmen kümmern sich rührend um diesen Wunderpianisten, der vor allem mit Interpretationen von Chopin und Liszt von sich reden macht. Maurice Ravels Klavierkonzert erschien ihm eher eine leichte Übung zu sein. Brillanz und Spielwitz schüttelte Li sprichwörtlich aus dem Handgelenk und überraschte mit einem auch im Mittelteil leise gestalteten 2. Satz, was in jedem anderen Konzertsaal ein Wunderklang gewesen wäre. Im Kulturpalast verschwand das Klavier dann leider akustisch hinter dem ebenfalls schon an der unteren Schwelle spielenden Orchester. In den Ecksätzen gestaltete Yundi Li den Solopart überwiegend weich und flüssig. Das kennt man bei diesem frechen Konzert zwar auch anders, doch muss man dem jungen Pianisten die eben nicht gewalttätige, sensible Auseinandersetzung mit dem Konzert hoch anrechnen. Indiskutabel war die Begleitung des Orchesters in den Außensätzen, vermutlich stellte sich deshalb mehr als einmal der Eindruck ein, Frühbeck de Burgos hatte mehr damit zu tun, die Tempobalance und das Zusammenspiel mit den zahlreichen Soloeinwürfen zu koordinieren, als frei und frisch zu interpretieren. Die "Widmung" von Franz Liszt als Zugabe zeigte dann atemberaubende Virtuosität, die im Solospiel ungestüm aufblitzte. Nach der Pause nahm Rafael Frühbeck de Burgos die Philharmoniker mit in den archaischen Sturm des Ballets "Le Sacre du Printemps". Was 1913 zu Schlägereien im Konzertsaal führte, ist schon seit vielen Jahren ein Kultstück auf den Konzertpodien der Welt, nicht zuletzt Simon Rattles Jugendprojekt hat dieser Musik noch einmal ein völlig neues, begeistertes Publikum beschert. Frühbeck de Burgos dirigierte das komplexe Werk auswendig (!) und mit bewundernswertem Tempogefühl. Gefahrenpunkte in der Partitur wurden von ihm sofort in den Griff genommen und "entschärft", sodass der große Philharmonikerapparat bestens ins Spiel kam und sich die rhythmischen Wogen auf sehr natürliche Weise ausbreiteten. Homogen ausbalancierte Stimmgruppen und pointierte Themenausformung kamen als positive Eindrücke hinzu. Frühbeck de Burgos meisterliche Fähigkeit, dieses Werk klar zu strukturieren und jederzeit ruhig und achtsam zu kontrollieren schuf so eine Interpretation, die emotionale Wucht jenseits vom Pathos und filigranes Ausarbeiten in den Orchestergruppen beförderte.

Sonntag, 28. Oktober 2007

Ja dann...

mache ich doch einfach einen Beitrag draus! Ich freue mich nämlich nun auch, dass ich es wieder einmal gewagt habe in den dunklen Tunnel der EStErklärung hinabzusteigen. Nach nur einer Ermahnung und insgesamt 5 Monaten Überfälligkeit. Warum bloß zögert man diesen Mist immer so weit raus? Zumal ich rein fiskalisch gesehen nicht mal ein "Peanut" bin, eher so ne Art Einzeller. Aber sei's drum, ich quäle mich durch die Bögen, rechne Abschreibungen aus, drittele das Telefon, wühle Ordner nach längst vergessenen Rechnungen durch. Wer war das noch, der das auf einen Bierdeckel passend machen wollte? Schöne Utopie...

Sonntag, 21. Oktober 2007

Schneeflöckchen...

In nur 35km Entfernung von meinem verregneten Schreibtischplatz bietet sich folgendes Bild (bitte warm anziehen vorher...): [Klick]

Herbst





Samstag, 20. Oktober 2007

Streik?

Wenn ich das Plakat angucke, was bei uns im Bahnhof Mitte hängt, Aufschrift "Bahnhofs-Service-Team" und Bildunterschrift "Wir sind für Sie da", ist mir klar, warum gestreikt wird - die scheinen nicht mehr Lohn zu wollen, sondern die Wende...

Zeitreise

Filmmusik-Uraufführung von Michael Nyman bei der Dresdner Philharmonie

Das zweite außerordentliche Konzert der Dresdner Philharmonie wird nicht nur ein akustisches, sondern auch visuelles Ereignis. Die Filmmusik der sowjetischen Avantgarde der 20er Jahre ist im Konzert zunächst durch Prokofjews Suite zu "Leutnant Kijé" vertreten, anschließend wird der Film "Der Mann mit der Filmkamera" (1929) von Dziga Vertow gezeigt, mit der extra für die Dresdner Philharmonie neugefassten Musik des Briten Michael Nyman (geb. 1944), der durch seine Filmmusiken ("Das Piano", "Gattaca"), aber auch seine sinfonischen Werke und Opern weltberühmt wurde.
Alexander Keuk sprach mit dem Dirigenten des Konzertes, dem US-Amerikaner Brad Lubman.

* Der Film von Vertow gilt als Pioniertat des Dokumentarfilms. Was würden Sie als besondere Qualität des Films hervorheben?

Das eigentlich Schockierende des Films ist die Abbildung der Realität, die es so vorher in einem Film nicht gegeben hat. "Der Mann mit der Kamera" kommt ja völlig ohne Handlung aus, aber die Kamera beobachtet Dinge wie z.B. eine Geburt und wir sehen das gerade neugeborene Baby. Im Medienzeitalter heutzutage ist das Alltag, aber vielleicht weist uns die Filmvorführung auf die spannende Entstehung dieses Genre hin. Wir können dies heute alles mit dem Computer tun, aber es ist ja gerade interessant, die Zeitreise zu unternehmen, wie alles damals begann.

* Die Partitur wurde schon 2001 für die Michael Nyman Band geschrieben, was ist der Unterschied der neuen Fassung, die nun uraufgeführt wird?

Die Nyman-Band ist ein kleines Ensemble, u.a. mit Saxophonen und Klavier, in der Fassung für großes Orchester wird die Instrumentation natürlich farbiger und die Stimmungen noch intensiver. Nyman ist ein Komponist, der ja auf allen Feldern der klassischen und populären Musik arbeiten kann.

* Für die Dresdner Philharmonie, die sonst die großen klassischen Werke spielt, ist das sicher eine neue Erfahrung. Wie reagieren die Musiker auf diese Filmmusik?

Ich muss sagen, dass das Orchester äußerst flexibel ist und sofort den speziellen "Sound" für diese Musik entwickelt hat. Und ebenso für Prokofjew. Diese enorm schnelle Anpassungsfähigkeit an einen bestimmten Musikstil ist eine gute Grundlage für die Arbeit.

* Welche besonderen Anforderungen muss ein Dirigent für Filmmusik haben? Und wie ist es, diese Musik in einem "normalen" Sinfoniekonzert zu präsentieren?

Vor allem muss der Dirigent einen Sinn für Tempo und Zeitverläufe entwickeln. Es ist nicht so, dass wir im Konzert mit der Uhr spielen und wie im Studio bei einer Aufnahme des Soundtracks alles präzise synchron spielen müssen, aber es sollte doch annähernd parallel zum Film sein. Außerdem verändert natürlich der Konzertraum die Wahrnehmung des Films, da wirkt noch einmal die Atmosphäre mit Publikum auf den Dirigenten und möglicherweise verändert sich da ein wenig die Tempowahrnehmung. Es gibt eine leichte Flexibilität im Tempo, aber eben nicht viel.

* Der Film hat bereits eigenes, hohes Tempo, Vertow arbeitet experimentell mit Schnitten, Montage und Geschwindigkeit, inwieweit geht Nymans Musik dort mit oder schafft Distanz?

Michael Nymans Musik ist oft viel linearer als der Film, damit schafft er eine eigene Ebene, beide haben ihre eigene Geschwindigkeit. Nyman Musik ist zwar auch oft schnell und rhythmisch, aber er fügt auf jeden Fall eine eigene Dimension hinzu, es ist keine andauernde Parallelaktion. Ich kann mir auch eine andere Musik zu dem Film vorstellen, aber der spezielle Nyman-Sound fügt etwas dem Film hinzu. Man sieht ihn dann einfach anders. Beispielsweise ist die Musik an vielen Stellen sehr melancholisch, es ist die Frage, ob Vertow solch eine Ebene schon beabsichtigt hat, oder ob das eine neue Sichtweise ist. Manchmal denkt man auch an die Stummfilmmusik der 20er Jahre, die ja damals im Kino live vom Piano gespielt wurde - und Nyman ist ja Pianist, diese Verbindung ist sinnfällig.

* Sind im Repertoire von Orchestern Filmmusikpartituren generell angelangt?

Ja, das hat in den letzten zwanzig Jahren stark zugenommen, ich erinnere mich als erstes an Vorführungen von "Alexander Newskij" von Prokofjew mit Orchester in den 80er Jahren, damals waren wir noch nicht im digitalen Zeitalter. Philip Glass war dann wohl einer der ersten, der moderne Filmmusik in den Konzertsaal brachte. Mittlerweile setzen viele Orchester auf solche Aufführungen und ich merke auch bei der zeitgenössischen Musik, dass die Akzeptanz immer höher wird, vor allem weil in den Orchestern längst ein Generationenwechsel stattgefunden hat: die jungen Musiker wollen Musik aus ihrer Gegenwart spielen, nicht in ein Museum gehen.

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Sa, 20.10.2007, 19.30 Festsaal Kulturpalast
2. Außerordentliches Konzert
Sergej Prokofjew: Sinfonische Suite »Leutnant Kijé« op.60
Michael Nyman: »The Man with the Movie Camera« (»Der Mann mit der Filmkamera«), Musik zum gleichnamigen Film von Dziga Vertov
(UA der Orchesterfassung)

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Gulp

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Montag, 15. Oktober 2007

Reines Vergnügen

Landesjugendorchester Sachsen feiert 15jähriges Jubiläum

Gleich vorneweg: der Beifall am Ende des Konzertes wollte kein Ende nehmen und diese herzliche Reaktion gebührt dem Jubiläum des Landesjugendorchesters Sachsen, das nach "nur" 15 Jahren seines Bestehens allen Grund dazu hat, Geleistetes zu feiern, eine gelungene Entwicklung zu bestaunen und sich selbst und den Zuhörern dabei auch noch ein höchst anspruchsvolles Konzert zu schenken. Die große Orchesterbesetzung mit ehemaligen Mitgliedern war auch diesmal in einer Probenwoche mit Dozenten für die Stimmgruppen optimal vorbereitet worden. Überhaupt ist anläßlich dieses Jubiläums festzustellen, dass Milko Kersten mit den jungen Musikern in den letzten Jahren trotz wechselnder Besetzungen in den Konzerten eine hohe Musizierqualität zeigt, die Bestand hat. Für junge Instrumentalisten in Sachsen auf der Schwelle zu einem Musikstudium dürfte also die Teilnahme im Landesjugendorchester durchaus eine Ehre darstellen, zudem findet sich in allen Instrumentengruppen ein Niveau, das keinen Vergleich mit Profiorchestern scheuen braucht. Das angemessene Ambiente für das Dresdner Konzert war durch die dankbare Kooperation mit der VW-Manufaktur vorhanden, wenngleich der gläserne Riesensaal bekanntermaßen für sinfonische Konzerte akustisch kaum geeignet ist. Das war aber auch das einzige Manko des Konzertes. Ausgerechnet das zeitgenössische Werk des Abends litt darunter besonders, denn die dichten rhythmischen Strukturen von Wilfried Krätzschmars "Galopp - mouvement" verschwanden trotz der zu beobachtenden präzisen Anleitung von Dirigent Milko Kersten oft in einer großen Klangwolke. Und doch beeindruckte dieses erst 2006 vom MDR-Sinfonieorchester uraufgeführte Werk des Dresdner Komponisten: rasante Geschwindigkeit, rhythmische Finesse und immer wieder überraschende Momente waren die Pfeiler dieses Parforceritts, der dem Orchester niemals entglitt, mehr noch: das war kluge zeitgenössische Musik, die Zuhörern und Musikern gleichsam Spaß machte. Dieser Darbietung waren Vorspiel und "Isoldes Liebestod" aus "Tristan und Isolde" von Richard Wagner vorangestellt, letzteres erklang aufgrund der Erkrankung der Solistin leider nur in der reinen Orchesterfassung. Überraschend war hier ein sanfter und unaufdringlicher Zugang zu beiden Stücken. Kersten wagte eine äußerst leise und weich gestaltete Klangfärbung und konnte sich der konzentrierten Umsetzung sicher sein. Zu einem wahren Vergnügen geriet dann nach der Pause die konzertante Aufführung des Einakters "Gianni Schicchi" von Giacomo Puccini. Damit waren in einem Konzert für die jungen Musiker nahezu alle Aufgaben dargestellt, mit denen sie sich später im Orchester auch beweisen müssen: Repertoirespiel, zeitgenössische Musik und das "Grabenspiel" von Opern. Hier jedoch blieb das Orchester zur halbszenischen Aufführung auf der Bühne und leistete Beachtliches, denn Kersten vermochte ein sinnliches, flexibles Spiel zu gestalten - der große Apparat fiel kaum auf und in dieser unauffällig tragenden Begleitung lag gerade die Stärke des Orchesters. In der Kooperation mit der Opernklasse der Hochschule für Musik fand sich ein großes studentisches Sängerensemble auf der Bühne zusammen. Als erfahrener Profi gestaltete Kammersänger Andreas Scheibner die Titelrolle darstellerisch wie musikalisch absolut beeindruckend und riß damit die jungen Sänger zu einer sehr ansprechenden Leistung mit, dabei erfreuten Simone Lichtenstein (Sopran) und Soongoo Lee (Tenor) in ihren umfangreicheren Partien mit besonders ausdrucksstarken Stimmen. Das Intrigenspiel um die Erbschaft des verblichenen Buoso Donati geriet somit für den Zuhörer zum Heidenspaß und die Feststellung des uneingeschränkte Genusses (von einer missglückten Verstärkung der Harfe einmal abgesehen) dürfte das schönste Kompliment für das Jubiläum sein.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Tatort

Den heutige Tatort von Margarethe von Trotta fand ich äußerst beeindruckend. Vor ein paar Wochen gab es einen, der als aktuelles Thema die Handy-Strahlungen herbeimühte. Das ging schief, weil die Fakten darüber sowieso nicht eindeutig sind und nur mit der Angst gespielt wurde. In der heutigen Tatort-Folge "Unter uns" stand allerdings die eigentliche Mordgeschichte ziemlich im Hintergrund und der Focus ging nach und nach auf die Parallelstory über, in der ein ungeliebtes Kind von einer Familie vernachlässigt wird. Wie dieser Fall am Schluss nur durch die Aussagen von Mutter und Stiefvater grauenhafte Konturen bekam, das war klasse und sensibel gedreht und dürfte hoffentlich auch manchen Zuschauer bewegt haben, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, dass mitten "unter uns" alltäglich Kindesmisshandlungen stattfinden.

Samstag, 13. Oktober 2007

Heute

wird gefeiert!


(Quelle)

Freitag, 12. Oktober 2007

Guten Morgen!

Und hier der künstlerisch wertvolle, komplex-intellektuelle und in der Avantgarde-Ästhetik der Nach-Webern-Schule einzuordnende Musikbeitrag für heute:

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Doris Lessing

...bekommt den Literaturnobelpreis. Das ist eine tolle Sache, zumal diese Autorin (hier eine Würdigung anlässlich ihres 80. Geburtstages) in meinem Leben durch meine Mutter, die sie zeitlebens verehrt hatte, präsent war. Bloß gelesen habe ich nie von ihr was - vielleicht auch wirklich "Frauenliteratur" (der Begriff ist bescheuert, ich weiß), für den sich aber ein 20jähriger Jungspund noch nicht wirklich interessiert. Jetzt stehen die Bücher hier alle in Reih und Glied und jemand scheint mir zuzurufen "Na, hab ichs nicht immer gesagt!?"

Brillant und klanggewaltig

Jubiläumskonzert des "ensemble courage"

Leider waren die Ränge im Festspielhaus Hellerau beim Jubiläumskonzert des Dresdner "ensemble courage" nicht ganz gefüllt. Man hätte es den Instrumentalisten gerne gegönnt, denn was diese Ausnahmemusiker in den vergangenen 10 Jahren nicht nur für Hellerau, sondern auch für die Belebung der kulturellen Szene in Dresden getan haben, hätte ein deutliches Mehr an Gratulanten verdient. Die Anwesenden begrüßten und feierten das Ensemble jedoch aufs Herzlichste, Intendant Prof. Udo Zimmermann wusste denn auch in einer kurzen Rede die Bedeutung und Geschichte des Ensembles zu würdigen. Den Festgedanken beging ensemble courage auf seine Weise: statt Jubel und Theaterdonner zeigten die rund zwanzig Musiker, was sie am Besten können: Neue Musik spielen, und zwar auf höchster Qualitätsstufe. Damit hat sich das Ensemble schon in den vergangenen Jahren auch in der internationalen Szene einen markanten Ruf geschaffen und das Jubiläumskonzert war nichts weiter als eine großartige Demonstration dieser Qualität. Zum Geburtstag hatte man sich zwei Uraufführungen "gegönnt", diese stammten von Komponisten, die seit langer Zeit dem Ensemble nicht nur freundschaftlich verbunden sind, sondern auch die Entwicklung maßgeblich mitgeprägt haben: Benjamin Schweitzer gründete ensemble courage 1997 und leitete es mehrere Jahre. Sein neues Werk "achteinhalb" darf daher gerne als Gabe und Dank gleichzeitig empfunden werden. Im Vergleich zu früheren Werken fällt Schweitzers Hinwendung zu rhythmisch-körperlicher Klangästhetik auf, die hier in focussierter Konzentration das ganze Stück bestimmt. Ein Felsengarten voller tiefer Klänge türmt sich da auf, der aber seine Kompaktheit vor allem durch die zeitliche Beschränkung auf eben achteinhalb Minuten erhält. Direkt danach erklangen als Uraufführung Gerhard Stäblers "Übungen der Annäherung" für drei Instrumente. Tobias Schwencke (Klavier), Georg Wettin (Klarinette) und Ulrich Grafe (Schlagzeug) formten eine formidable Interpretation eines Werkes, das zwischen gestischer Bedeutungsschwere und scheinbarer Leere zu fast greifbarer Poesie fand und einen sehr starken Eindruck hinterließ. Im ersten Teil des Konzertes traf die fast angstmachende Sprachgewalt von Salvatore Sciarrinos "Introduzione all'oscuro" (bereits hier war die Exaktheit der Interpretation hervorstechend) auf das nachdenkliche "Beyond..." von Tobias Schwencke, ein sich mehrfach um seine Achse drehendes Stück, dessen fragende Phasen schließlich in einem Drama der Ein-Tönigkeit einer Geige kulminierten. Demgegenüber stand mit Georg Friedrich Haas' "Nach-Ruf...ent-gleitend" eine vor allem mikrotonale Klangwelt der Schwebungen und Akkordblöcke auf dem Programm, zu der ein Zugang recht schwer fiel, wo aber die Faszination des farbenreichen Klangbildes schon allein zufriedenstellte. Am Ende kam das große Ensemble unter der subtilen, stets motivierenden Leitung von Titus Engel zu Iannis Xenakis' "Waarg" zusammen, ein durch seine Räumlichkeit und Massierung beeindruckendes Werk. Die Entfesselung von naturnahen Kräften wirkte unmittelbar, ensemble courage spielte hier wie im ganzen Konzert mit höchstem Darstellungswillen und selbstverständlicher Souveränität. "Wir stehen erst am Anfang" meint Dirigent Titus Engel. Was er und seine Musiker am Donnerstag und in den vergangenen Jahren in vielen Konzerten zeigten, ist ein mehr als brillanter Anfang. Die spannende Fortsetzung dieses Ensemble-Lebens innerhalb der neuen und neuesten Musik ist garantiert.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Gewaltiges Rauschen

"In Vain" von Georg Friedrich Haas in Hellerau

Am Sonntagabend hieß es, sich von den diesjährigen Tagen der zeitgenössischen Musik zu verabschieden. Den Prozess des Abschieds konnte man im letzten Konzert (es schloss sich noch eine "Filmnacht" an) wortwörtlich nehmen: Wer mit den uralten, bequemen und auch nützlichen Hörgewohnheiten bezüglich Rhythmus, Melodie, Form und Klang die Aufführung von Georg Friedrich Haas' "In Vain" (Link zu einer Werkeinführung und Hörbeispiel) besuchte, durfte sich gleich "verabschieden". Kein anderes Stück stand auf dem Programm, denn der 1953 geborene österreichische Komponist entfaltet in rund 63 Minuten ein Panorama für großes Kammerensemble, das in der sorgsamen Aufführung durch das Österreichische Ensemble für Neue Musik aus Salzburg zu einem Höhepunkt des 21. Jahrgangs des Festivals geriet. Haas arbeitet mit mikrotonalen Strukturen, in der Neuen Musik ist dies zwar ein "alter Hut", doch Haas' individuelle Kompositionsentscheidung für ein langes, von meist bewegten Flächen bestimmtes Werk führt den Hörer nach einer kurzen Einleitung, in der flirrende, zumeist leise Tonleiterabstiege im ganzen Ensemble bereits eine konzentriert "arbeitende" Atmosphäre verbreiten, in die faszinierende Welt von Obertonspektren und Mikrotönen. Interessanterweise klingt da nichts "schief" oder "schräg", obwohl Haas den Gesamtklang des Ensembles verzerrt, im Gegenteil: die genaue Kenntnis der Instrumente und der Möglichkeiten jenseits der temperierten Stimmung führt zu einer schier grenzenlosen Farbpalette des Kammerensembles. Die immer neue Schichtung von Klängen wird so beim Hören zu einer spannenden Entdeckungsreise. Hat man sich in einen Klang eingehört, erscheinen sanfte Übergänge, neue Tonhöhen oder blockartige Gebilde leiten über in die nächste "Phase". Kaum einmal bricht Haas abrupt ab und Pausen werden auf natürliche Weise in der Musik einbezogen. Haas versteht es überdies, zwischen "bekanntem" Tonmaterial und den mikrotonalen Strukturen zu changieren - die temperierten Instrumente Klavier und Vibraphon etwa liefern die grundtönigen Bausteine für einen Gesamtklang oder eine bewegte Fläche. Immer wieder entstand so der Eindruck eines neuen Instrumentes, das aber nicht auf der Bühne vorhanden war: mal war es eine riesige Orgel, mal fühlte man sich an die elektronischen "Ondes Martenot" erinnert, kurzum: die Ohren wurden akustisch sensibilisiert für eine Klangreise, die sogar in die Dunkelheit führte, denn Haas schaltet per Partituranweisung an mehreren Stellen die optischen Reize aus, das Festspielhaus versank in Schwärze oder wurde mit kurzen Lichblitzen erhellt. Für das Österreichische Kammerensemble hieß die besondere Anforderung also neben der Mikrotonalität, die ohnehin ein extrem geschultes Ohr erfordert, Passagen des Werkes im Dunkeln auswendig und ohne Dirigent zu spielen. Dass sich über die 63 Minuten Dauer dann immer wieder solche spannenden Klangeindrücke formierten (im Höhepunkt in der 2. Dunkelphase hatte man plötzlich den Eindruck, dass dort nicht 24 Musiker sitzen, sondern mindestens 100, so gewaltig war das Rauschen), ist wohl der optimalen, harten Vorbereitung der Interpreten zu verdanken. Zudem führte der Schweizer Dirigent Jürg Henneberg mit unaufdringlich weichen Hinweisen, jedoch klarer Temposprache durch das Werk. Ungewöhnlich war auch, dass der Beginn des Werkes als Zugabe erneut gegeben wurde, dies geschah zwar aus technischen Gründen, wurde aber von einem begeisterten Publikum unterstützt. Generell stellt die mikrotonale Musik sicherlich einen Sonderfall innerhalb der zeitgenössischen Musik dar, sie ist aber in all ihren Ausdrucksformen als grundsätzliches Prinzip oder auch als "Werkzeug" einer Kompositionsidee nicht mehr wegzudenken - wenn man in andere Kulturen schaut, die temperierte Musik ohnehin aus ihrer Tradition nicht kennen, ist diese Entwicklung nur folgerichtig in einer Kunst, die sich nicht auf Länder- und Kulturgrenzen einschränken will.

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