Montag, 8. Oktober 2007

pfff...

nicht mal mehr Straßenfussball ist heutzutage erlaubt. Früher im Revier war das anders, da fuhren die Autos einfach ne andere Straße lang, wenn in der Siedlung n Punktspiel stattfand...

Jump-Style

Die guten alten Techno-Zeiten sind ja mittlerweile vorbei - die Stile haben sich weit verzweigt und manches ist recht interessant. Am Wochenende hörte ich im Deutschlandradio allerdings einen Beitrag über "Jump-Style". Nachdem früher in den Clubs zwar individuell, aber doch in großer Gemeinschaft zu Techno getanzt wurde, sind offenbar nun synchrone Tänze "in". Ich kann mir nicht helfen, aber die Hüpferei zum Trompeten-Techno (der ja mit dem ursprünglichen Techno auch etwa soviel gemeinsam hat wie Richard Strauss mit Gamelan-Musik...) ist vom Schuhplattler nicht mehr weit entfernt. Auf dieses kulturgeschichtlich wertvolle Phänomen wollte ich mal eben hingewiesen haben. Bewertungen bitte in die Kommentare ;)

Toll war es

...am Wochenende in der Uckermark, einem Landstrich, wo ich noch nie war.




Doppelte Beziehungen

Ensemble musikFabrik gastierte in Hellerau

Der Freitagabend war bei den Tagen der zeitgenössischen Musik in Hellerau von einem weiteren Gastspiel ausgefüllt: Das Ensemble "musikFabrik" aus Nordrhein-Westfalen gastierte im Festspielhaus. Angesichts des Besuches dieser hochrangigen Truppe hätte ich ein ausverkauftes Haus vermutet, doch leider waren erneut lückenhafte Reihen im Auditorium zu verzeichnen, was zur Nachdenklichkeit anregt. Dabei sollte man doch zum 21. Festival der zeitgenössischen Musik erfreut feststellen, dass das Ereignis im Jahreslauf der Neue-Musik-Aktivitäten international einen festen Platz und guten Ruf genießt. Am Programm des musikFabrik-Konzertes lag es jedenfalls nicht, denn man konnte jeweils zwei Stücke von Rebecca Saunders und Wolfgang Rihm hören. Diese Dopplung ließ sowohl den erweiterten Blick auf das OEuvre des einzelnen wie auch Hör-Beziehungen zwischen den beiden Komponisten zu. Letztere sind schon allein durch die Tatsache vorhanden, dass Saunders bei Rihm in Karlsruhe studiert hat. Eine direkte Übereinstimmung läßt sich wohl in der Entfaltung von Klangmaterial und in der Linienbehandlung feststellen. Beide pflegen die genüssliche Inkonsequenz und den Klang-Sinn, und beide Komponisten haben sichtliche Freude am virtuosen "Instrument", das dieses hochwertige Neue-Musik-Ensemble darstellt. Spannend war auch die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Werke. Eine Programmänderung fiel da kaum ins Gewicht, denn die Gegenüberstellung von "Dichroic Seventeen" mit "a visible trace" von Rebecca Saunders war spannend genug. Auf der einen Seite erklang ein schroffes Werk mit einer extremen Ausdrucksspanne in der unteren Frequenzwelt der Musik. "a visible trace" hingegen war lichter in der Klangauswahl, die im Titel angedeutete "Spur" konnte man durchaus verfolgen - Entstehen und Vergehen war das Thema dieses weitaus ruhigeren Stückes, das langsam und sanft ausklang.
Polaritäten gibt es auch im Werk von Wolfgang Rihm zu beobachten. Auch die beiden von ihm vorgestellten Werke hatten deutlich verschiedene Akzente: "Séraphin-Sphäre" beschreibt eher Abläufe und Entwicklungen, die zumeist kreisförmig oder ziellos verlaufen. Diese absichtsvolle Langatmigkeit führt allerdings nicht gerade zu einem entspannten Zuhören, nach einer Weile ermüdet die Materialschlacht im immergleichen Ensemble-Klang und erreicht kaum emotionale Höhenflüge. Völlig anders gibt sich "Nachschrift - eine Chiffre" aus dem Chiffren-Zyklus von Rihm: kraftvoll gestaltete Momente sind dies, die fast an seine frühen Orchesterwerke erinnern. Säulenklänge, Repetitionen, harte Attacken und immer wieder ein abruptes Kippen eines gestauten oder gestauchten Klanges führte zu einer hochdramatischen Darstellung, die dem Ensemble musikFabrik unter Leitung von Emilio Pomarico in faszinierender Weise gelang. In allen Werken des Abends überzeugte das Ensemble durch "Punktlandungen" bezüglich der Genauigkeit, dazu kommt die enorme Virtuosität jedes einzelnen Spielers und doch hat man das Gefühl, dass alle Musiker den gemeinsamen, einenden Gedanken der jeweiligen Partitur genau nachvollziehen. Das Konzert war ein toller, lebendiger Beitrag zur Musik der Gegenwart, die, wenn man es genau nimmt, über das Jahr weg viel zu wenig in Dresden erklingt.

Freitag, 5. Oktober 2007

Schattenrisse und Momentaufnahmen

Versuch eines "philosophischen Konzertes" in Hellerau

Mit einiger Vorab-Verwirrung konnte man dem Konzert am Mittwochabend im Festspielhaus Hellerau im Rahmen der "Tage der Zeitgenössischen Musik" begegnen. Angekündigt war das italienische Ensemble "Alter Ego" mit der deutschen Erstaufführung von fünf philosophischen Kantaten: fünf namhafte Komponisten widmeten sich fünf Philosophen der Gegenwart unter den Fragestellungen "Welchen Klang hat ein Gedanke?" oder "Wie singt die Vernunft?". Die Verwirrung lag eher in der Unmöglichkeit der Vorstellung, hier einem "normalen" Konzertabend beizuwohnen, dementsprechend erschien auch das Wörtchen "komplex" schon gleich in der recht dürftigen Programmbeschreibung. Insgesamt dürftig blieb auch die Essenz des Konzertes, und dies vor allem, weil schon der Anspruch der Annäherung, nicht einmal der Darstellung geschweige denn der Rezeption oder Interpretation, an die fünf verschieden Persönlichkeiten nicht eingelöst wurde - Überforderung stellte sich sehr schnell ein, denn kaum ein Stück dauerte über eine Viertelstunde und man fiel von einem Kosmos in den nächsten. Heraus kamen auf diese Weise Blitzlichter, Schattenrisse und Momentaufnahmen. Gerne hätte man sich eingehendere Beschäftigung gewünscht, dazu hätte aber der Konzertcharakter aufgebrochen werden müssen: Anwesende Komponisten, ein diskutierendes Publikum oder ein umfassenderes Porträt wenigstens einer der fünf Philosophen hätte zu mehr Tiefe geführt. Es blieb beim Anriss: fünfmal las Ahmad Mesgarha ebenfalls skizzenhafte Texte der Philosophen (die erwähnten Interviews, auf die sich die Komponisten bezogen haben, dürften im Original weitaus länger gewesen sein), dann startete die "Philosophische Musik" oder die "musikalisierte Philosophie" in zumeist ansprechender Interpretation des Ensembles, ab und an war allerdings ein gleichmütiger Charakter zu bemerken, was wohl mit dem puren Abspielen der Noten innerhalb der Laufzeit der Videos zusammenhing. Ein Dirigent hätte hier Positiveres bewirkt. In Verbindung mit Videokunst und Elektronik war zumindest Abwechslung garantiert, denn die denkbar weit auseinanderliegenden Themen der Philosophen gesellten sich zu ebenso ästhetisch unvereinbaren Komponistenpersönlichkeiten wie David Lang und Helmut Oehring. Das sorgte für teilweise absurde Ergebnisse. Der Amerikaner David Lang meinte mit chirurgischen Bildern und einer Muzak-nahen, eiskalt-emotionslosen Komposition Noam Chomsky kommentieren zu müssen, was ebenso misslang wie die etwas holprige Annäherung von Claude Lenners an den Denker Emmanuel Levinas - Musik, die binnen Minuten vergessen wurde sowie Texte und Bilder, die allerhöchstens eine Scherbe im Kosmos des Philosophen darstellten. Erfreulich kretiv waren allerdings die drei weiteren Beiträge des Konzertes: Helmut Oehring überraschte mit einer punktgenauen Meta-Sprache, die er dem Neurobiologen Oliver Sacks unterlegte und damit wirklich der Kleistschen "Verfertigung der Gedanken beim Sprechen" nahekam. Der Amerikaner Philip Jeck, Erfinder der Scratching-Technik, konnte über eine flächige, ruhige und differenzierte Musikgestaltung zumindest den Grundtopos Sprache-Poesie sowie Leben-Tod von Hans Georg Gadamer berühren. Das am stärksten berührende Werk war jedoch Luca Francesconis "Porträt" von Norberto Bobbio, einem italienischen Philosophen. Von Musik wie Wort ging gleichermaßen eine hohe Energie und Aussagekraft aus, die "Schieflage" der modernen Welt wurde ebenso radikal wie ehrlich über die Bühnenrampe gelärmt.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

AUA !!!


(Klick vergrößert)

Montag, 1. Oktober 2007

Schriller Herbst in der Linie 8

Klanginstallation der "Tage der zeitgenössischen Musik" in der Straßenbahn



Wer im Berufsverkehr derzeit in die Straßenbahn der Linie 8 steigt, kann unter Umständen sein blaues, nein, sein lila Wunder erleben. Eine Sonderfahrt der Linie fährt - unangekündigt, ohne Fahrplan - mit getönten Scheiben sowie mit einer Audioinstallation des Berliner Künstlers Georg Klein durch die Stadt. Der Blick aus dem Fenster führt zu neuer Seherfahrung: Schrill leuchtet der Herbst an den Bäumen, Ampeln, Scheinwerfer und farbige Plakate scheinen in ihren Farben extrem verstärkt. Die mobile Klanginstallation ist ein Projekt der 21. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik, die somit in die Stadt hineintönen, nicht an herkömmlichen Konzertorten, sondern mitten hinein in die Lebenswelt der Dresdner, die überrascht, aber zumeist neugierig reagieren. Leider ist außer einem kleinen Aufkleber außen und dem Hinweis "Sonderfahrt" kaum Information über diese besondere Bahn vorhanden (der im "Baustellenkasten" angebrachte Text ist bei den Lichtverhältnissen eh kaum auffind- und lesbar) sodass die von manchen geäußerte Frage: "Was ist denn das hier?" keinen rechten Antwortgeber findet. In der Bahn selbst herrscht durch die lila abgeklebten Scheiben visuelle Dämmerstimmung, allerdings sorgen 111 kleine Lautsprecher von Zeit zu Zeit für akustische Akzente. Mal ist das Eigengeräusch der Bahn verstärkt und verzerrt, mal werden Texte und Stimmengewirr eingeblendet. Den beiden Damen, die an der Stauffenbergallee möglicherweise aus einem hektischem Büroalltag in die Bahn eingestiegen sind, ist das gar nicht recht: "Da kriegste ja ne Meise". Die Handy-Kamera wird dennoch gezückt, die lila Bahn ist was Besonderes. In jedem Fall fördert die Kunst-Bahn das Miteinander der Fahrgäste: man spricht sich an, wundert sich, staunt. Die Reaktionen der Mitfahrer an diesem verregneten Mittwochnachmittag schwanken von verzückt bis genervt. Eine junge Dame kann sich nicht sattsehen an der lila getönten Außenwelt im Fenster, andere lauschen bedächtig den aufgezeichneten Nachrichtenmeldungen aus den kleinen Lautsprechern: Wirtschaft, Wachstum, mathematische Gleichungen, Management, Ziele, Statistiken - das sind die Hauptthemen der oft nur in Fetzen verständlichen Botschaften, daher ist die Betitelung des Projektes "meta.stasen" (Wucherungen) auch sinnfällig. Warum aber das Thema Wachstum in einer Straßenbahn auf diese Weise zur Diskussion gestellt wird, will nicht einleuchten. Die Bahn befördert lediglich Menschen von A nach B, und jene haben in ihrem zumeist produktiven Berufsalltag sicherlich oft genug mit dem Begriff zu tun; es wirkt nicht sehr einladend, wenn der ohnehin mit Anstrengung belastete Begriff auch noch in der Bahn auf die Menschen eindringt, zudem in einer Nachrichtenform, die gerne nebenbei konsumiert wird und im öffentlichen Raum der "Berieselung" nahekommt. So ist die Genervtheit einiger Mitfahrer durchaus verständlich: warum projiziert Georg Klein künstliches Stimmengewirr in eine Bahn, wo ohnehin der akustische Stressfaktor der urbanen Gegenwart hoch genug ist? Eine Auseinandersetzung mit der Mobilität, Begriffen wie Geschwindigkeit oder Bewegung hätte auditiv womöglich "stressfreier" umgesetzt werden können, vor allem auch mit poetischen Elementen, die ein Einlassen auf die künstlerische Situation erst einmal emotional ermöglichen. So aber wollen die Sprachfetzen nicht zu den lila Scheiben passen, die verzerrten Straßenbahngeräusche bleiben verzerrte Straßenbahngeräusche und vielleicht macht man es am besten wie die junge Dame vor mir auf dem Platz: MP3-Player in die Ohren und sich in die vorbeiziehende lila Welt träumen.

meta.stasen - Sonderfahrt der Linie 8, Südvorstadt-Hellerau
täglich 14-22 Uhr bis 7. Oktober

[Nachtrag: Samstagabend zufällig erneute Fahrt mit der Bahn und die Überraschung: der erste, "normale" Wagen war völlig leer, und im Klangkunst-Wagen drängelten sich die Leute...]

Freitag, 28. September 2007

Dieser Beitrag ist rein zufällig.

Abschied vom Leben Schumann und die Brötchentüte
auf einen geistlichen lateinischen Text aus dem Ensemble heraus und zeigte vor allem eines: eine hohe Spielkultur und einen unweigerlich zur Feststellung der eigenen Wohnung stand." Frage mich gerade, wer da ungefragt intimste Begebenheiten aus meinem Geburtsdatum (nur die 10 selbst bleibt natürlich in Tönen auf einem Buchcover stehen, wenn ein Italiener gefoult wurde, zaghaftes Klatschen meinerseits,
28. Sep, 17:10

bei toxea entdeckt: das Random-Spielzeug für twoday-User, einfach "https://BLOGNAME.twoday.net/randomText" in die URL-Zeile eingeben... [edit: wenn man das mit meinem Blog mehrfach macht, kommt man aus dem Lachen kaum heraus...]

Mittwoch, 26. September 2007

Konzert- und Hörtipp

So, 30.9.07, 20 Uhr, Dom St. Marien zu Freiberg
Abschlusskonzert des 82. Bachfestes Freiberg
live übertragen auf Deutschlandradio Kultur

JOHANN SEBASTIAN BACH: Passacaglia c-Moll (BWV 582)
PAUL HINDEMITH (1895–1963): Apparebit repentina dies
für Chor und Bläser
HANS OTTO (1922–1996): Hommage à Silbermann
ANTON BRUCKNER (1824–1896): Messe Nr. 2 e-Moll
für Doppelchor und Bläser
Benjamin Righetti und Dietrich Wagler Orgel
Dresdner Kammerchor
Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle
Hans-Christoph Rademann

Das Konzert darf ich wärmstens empfehlen, erstmals singt der Dresdner Kammerchor die große achtstimmige Bruckner-Messe und die Chorkantate (1947 auf einen geistlichen lateinischen Text aus dem Mittelalter komponiert) von Paul Hindemith, die ohnehin sehr selten aufgeführt wird.
Karten zu 20/15€ gibt es hier.

Dienstag, 25. September 2007

Achtsames Miteinander

Orgel und Tanz beim Abschluss des Strehlener Orgelsommers

Es ist eine gute Tradition, dass Eleven der Palucca-Schule Dresden immer wieder einmal die Schulmauern am Basteiplatz verlassen, um sich in der Stadt bei verschiedenen Veranstaltungen auszuprobieren und zu präsentieren. Bei der Mitwirkung in Inszenierungen der Dresdner Theater, in Performances mit anderen Hochschulen ist der Tanz in der Stadt präsent und das Publikum kann sich auch ein Bild von der Ausbildung in der Hochschule machen. Ein sehr beliebtes "Format" in dieser Hinsicht ist die Kombination Orgel und Tanz. So war es eine glückliche Fügung, dass zum Abschluss des Strehlener Orgelsommers in der Christuskirche ein solcher Abend ermöglicht wurde, der musikalisch wie tänzerisch komplett auf Improvisation basierte - an der Schule übrigens ein wichtiges Unterrichtsfach, das nicht nur besondere Ausdrucksfähigkeiten des Körpers schult, sondern im Modernen Tanz unerlässlich ist. Matthias Zeller, seines Zeichens Korrepetitor an der Palucca-Schule improvisierte an der Jehmlich-Orgel, dazu füllten fünf Tänzer den Kirchenraum aus, was von erster vorsichtiger Erkundung bis zur Eroberung des Altarraums und der Gänge und Emporen reichte. Erstaunlich war der große Atem der Aufführung: ohne akustische wie visuelle Pause schufen die Protagonisten ein Spannungsband, das niemals überfrachtet aber auch nicht langweilig wirkte. Denn die fünf Tänzer Matthias Markstein, Teresa Lucia Forstreuter, Maria Nitsche, Andreas Starr und Eila Schwedland sorgten für ein achtsames Miteinander und abwechslungsreiche Momente zwischen Soloimprovisation und verschiedenen Situationen im Duett oder Trio. Spannend war auch, was Zeller mit der Orgel anstellte - ein schier unerschöpflicher Vorrat an harmonischen Wendungen, Themenerfindungen und formales Gespür sorgte dafür, dass sich auf natürliche Weise ein dramaturgischer Faden sponn. Verschiedene Bewegungsformeln kamen den Tänzern dabei entgegen, Zeller wechselte auch immer einmal zwischen homophonen, flächigen Abschnitten und kontrapunktisch dichten Phrasen.
Aus dem Moment entstehende, ursprünglich wirkende Eindrücke waren dies, zudem gestalteten die Tänzer zwischen extremer Dramatik und gut angelegten Ruhepunkten immer wieder eine Polarität, die zum abwechslungsreichen Orgelspiel passte. Kurzum: wer sich auf diese ungewöhnliche Darstellungsform einließ, konnte den Abend mit Gewinn genießen und erlebte entweder den Tanz oder auch die Orgel auf eine neue, interessante Weise.

Pfand

Vier Jahre nach der Einführung von Pfandregelungen in Supermärkten hat sich die Industrie schön ihr Süppchen gekocht. Die meisten nehmen ja wirklich alle Flaschen zurück, aber zumeist behält man je nach Supermarkt und Flaschenform und -herkunft was über, vor allem die 0,25 oder 0,33-Pfandfläschchen aus Kiosken machen meist den Automaten Probleme. Auch Blogger berichten über die Merkwürdigkeiten beim Flaschenentsorgen. Der schlimmste Laden in der Hinsicht ist jedoch Plus (zur Strafe entfällt eine Verlinkung *fg*). Die weigern sich beharrlich, Mehrwegflaschen zurückzunehmen, obwohl sie von einigen Firmen selbst welche verkaufen. Und ich weiger mich, Merkzettel über der Flaschenecke in der Küchenecke anzubringen. Das nervt.

Stoibers Erbe

Bayern macht Ernst, der Transrapid soll nach München kommen. Die heutigen Meldungen über eine "Realisierungsvereinbarung" findet der Stern allerdings albern, die taz bezweifelt, dass der Bau reibungslos vonstatten geht. Ob Edmund dann auf seinem Altenteil noch "in den Hauptbahnhof einsteigen kann"?

...

Mädchen

Sie halten den Abend der Stuben nicht aus.
Sie schleichen in tiefe Sternstraßen hinaus.
Wie weich ist die Welt im Laternenwind!
Wie seltsam summend das Leben zerrinnt . . .

Sie laufen an Gärten und Häusern vorbei,
Als ob ganz fern ein Leuchten sei,
Und sehen jeden lüsternen Mann
Wie einen süßen Herrn Heiland an.

Alfred Lichtenstein (1889-1915)

Samstag, 22. September 2007

Unbeabsichtigte Dinge sind in der Musik schrecklich

...so die Geigerin Carolin Widmann in einem sehr lesenswerten Interview in der Frankfurter Rundschau, in dem es vor allem um Interpretation und zeitgenössische Musik geht. Absolut ehrenwert ist die dort geäußerte Überzeugung ihrer "Mission" - von solchen tollen, neugierigen und kreativen Musikern gibt es viel zu wenige...
Und ihre erste Telos-CD empfehle ich hier gerne:

Freitag, 21. September 2007

Kleine Reise

Ab und zu lasse ich mein Handy ein bißchen erzählen, was ich so erlebt habe. Diesmal eine kleine Reise ins Pottische Tiefland:

Sieht aus 64m Höhe sogar ganz angenehm aus. Der Aufzug auf die Aussichtsplattform war denn auch etwas moderner als dieser hier, den ich immerhin täglich nutzen musste:
Irgendwie gehört ein 43 Jahre alter Aufzug nicht in ein 5stöckiges Wohnhaus, sondern ins Museum...Aber er fährt, wenn auch konsequent in den 5. Stock, von dem aus man dann die eigentlich erwünschte Etage per pedes erreichen kann... - Auf dem Bahnhof ging es dagegen eher nostalgisch zu:

Statt ICE und RE kam erst der eine Sonderzug mit ganz vielen Holländern an Bord, dann der zweite, "funtrain" stand auf dem Zuglaufschild und dementsprechend Jägermeistergeschädigt winkten auch einige Kegelvereinalkis aus den Fenstern.

Die Stadt verfügt auch über besondere Spezialisten im Gesundheitsbereich:

Und gestern ging es zurück in die sächsische Residenz.

Netzkritik

Bei aller Kritik am Bundesinnenminister überlege ich grad folgendes:
- ist jemals ein Minister aufgrund von Unterschriftenlisten gegen ihn, die an den Petitionsausschuß gesendet wurden, zurückgetreten?
- eine andere, trendige Form der Kritik scheinen diese Logos (auch Schäublone genannt) zu sein, die sich Internetnutzer nun als Bildchen, PDF, Sticker oder T-Shirt zunutze machen können.

Ich glaube nicht, dass Kleinbloggersdorf damit irgendetwas in der Politik auslöst, das riecht eher wieder nach Partystimmung (wie immer). Die Seiten mit der Schäuble-Lasche nerven auch gewaltig... Ob da die gute alte DEMO was nützt? Sinnvoller scheint mir zu sein, wenn es zukünftig innerhalb der gesamten Parteienlandschaft Politiker gäbe, die beim nicht mehr zu ignorierenden Thema Internet zumindest aktuelle Kompetenz zeigen und nicht irgendeinen Blödsinn in Mikrofone verzapfen, der fernab jeglicher Realität ist. Wer nichtmal mit nem Browser umgehen kann, will wissen, wie man Terroristen im Internet kaltstellt!? Ahja.

Samstag, 15. September 2007

HRRGS

Ich muss dringend das Nachrichtenlesen einstellen. Heute finde ich eine aktuelle (!) Meldung, die ich erst für Satire hielt:

"Schäuble warnt vor Terroranschlag mit Nuklearmaterial

Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat vor einem möglichen Terroranschlag mit Nuklearmaterial gewarnt. Das sei die größte Sorge aller Sicherheitskräfte, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Viele Fachleute seien inzwischen überzeugt, dass es so einen Anschlag geben werde. Dennoch rief Schäuble zur Gelassenheit auf. Es habe keinen Zweck, sich «die verbleibende Zeit auch noch zu verderben» und sich vorher schon «in eine Weltuntergangsstimmung zu versetzen.»" (Quelle)

Das klingt ja fast wie aus dem Wachtturm abgeschrieben. What comes next, Mr. Schäuble? "Niemand wird überleben, aber 144000 mit CDU-Ausweis werden in den Himmel kommen?". Ok.
Wir sehen uns in der Hölle. Aber vorher setz ich mir nochn Kaffee auf.

Einsam?

Keiner da, der Ihnen eine Geschichte vorliest oder einen Schwank aus seinem Leben erzählt? Dann hätte ich Abhilfe (gefunden hier)

Freitag, 14. September 2007

Dutilleux

Hmm, mit 91 würde ich auch gerne einen Vokalzyklus für Renée Fleming schreiben. Aber dann ist die Dame 103...hm, sollte wohl schonmal anfangen. Aber da ist noch ein Cellostück im Weg...

Ups...

nun hat sich unser Bundesangstminister wohl einen Bundestrojaner eingefangen!? Seine Website ist jedenfalls derzeit nicht erreichbar, wie auch hier berichtet wird. Fein. Wenigstens trägt er vor seinem Rücktritt noch zur Unterhaltung bei ;)

Mutiges Streiten für die zeitgenössische Musik

10 Jahre "ensemble courage"

Seit nunmehr 10 Jahren besteht in Dresden das Spezialensemble für zeitgenössische Musik "ensemble courage", und es hat allen Grund zu feiern, das zeigt die bewegte Geschichte des ersten Jahrzehnts: 1997 fanden sich einige junge Musiker in Dresden zusammen, um zunächst eine Lücke in der Stadt zu schließen - abgesehen von einigen adhoc in Erscheinung tretenden Ensembles gab es kein festes Kammerensemble für zeitgenössische Musik. An der Dresdner Musikhochschule erkannte der Komponist Benjamin Schweitzer den Handlungsbedarf, nachdem sich für die Uraufführungen der Komponistenklasse immer wieder studierende Instrumentalisten zusammenfanden, die großes Engagement weit über die einzelnen Projekte hinaus zeigten. Schweitzer übernahm die Gründung und die künstlerische Leitung des Ensembles. In den folgenden Jahren mauserte sich das Ensemble nicht nur zum regional profiliertesten Neue-Musik-Ensemble, spezielle Programmdramaturgien und die kontinuierliche Zusammenarbeit mit ansässigen Veranstaltern und Festivals für neue Musik garantierten den Musikern Auftritte und somit die Möglichkeit, sich von Konzert zu Konzert weiterzuentwickeln. Immer wieder war das Ensemble bei der Konzertreihe "Global Ear", Veranstaltungen der Sächsischen Gesellschaft für Neue Musik, dem Sächsische Musikbund und vor allem beim Europäischen Zentrum der Künste Hellerau, vormals Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik, zu Gast. Im Jahr 2000 wurde der Schweizer Titus Engel zum ständigen Dirigenten des Ensembles berufen. Bereits in den ersten Jahren zeigte sich eine deutliche Profilierung des "ensemble courage": je nach Programm kann vom Solowerk bis zur großen Kammerbesetzung variiert werden, somit sind viele thematische Fäden möglich. Der Begriff einer "durchdachten Vielfalt" trifft wohl die Dramaturgie der bisherigen Konzertprogramme am besten: war es bei Gründung des Ensembles das Hauptanliegen, die internationale, vor allem junge Moderne der zeitgenössischen Musik in den Osten der Republik zu bringen, wo selbst viele arrivierte Komponisten der älteren Generation kaum rezipiert werden, so hat sich vor allem die Pionierarbeit bei jungen unbekannten Komponisten aus aller Welt in den zehn Jahren des Bestehens des Ensembles als Konstante erwiesen. Rund 200 Werke hat das Ensemble seither dem Publikum vorgestellt, ein Gutteil davon als Uraufführung oder deutsche Erstaufführung - manche Komponisten aus Asien oder Russland dürften mit dem ensemble courage ihre überhaupt erste Aufführung in der westlichen Welt genossen haben - ein wahrhaft "globales" Engagement also. Wesentlich war auch der Einsatz für die zeitgenössische Musik sächsischer Komponisten, in vielen Konzerten z.B. mit Werken von Christian Münch, Matthias Drude oder Wilfried Jentzsch führte das Ensemble den Beweis, wie vielfältig sich die aktuelle, moderne Musiklandschaft Sachsens darstellt. Die workshopartige Erarbeitung neuer Werke und Aufführungskonzepte ist für die Musiker fester Bestandteil eines jeden Projektes. Anregungen für neue Programme entstehen oft direkt aus dem Ensemble heraus und können thematisch-ästhetische Prägungen aufweisen oder auch ungewöhnliche Besetzungen oder Klang-Wanderungen formen. Konzerte mit neugeschaffenen Kurzopern, Raum-Musik ("Changes" von Gerhard Stäbler in der Galerie Neue Meister, 1999) oder Experimente mit DJs ("Subwoofer" in der Scheune, 2005) und elektronischer Musik verdeutlichen die Flexibilität eines Ensembles, das die Spannungen, die beim intensiven Ausloten und Übertreten von Genregrenzen entstehen, zu schätzen weiß. Dafür steht auch das konzertante Aufeinandertreffen von ensemble courage mit dem britischen Ensemble Apartment House im Dresdner Goethe-Institut (2005), das nicht nur das doppelte Erklingen neuer Werke ermöglichte, sondern gleichzeitig zu einem Interpretationsvergleich einlud. In den letzten Jahren führten Gastspiele das Ensemble verstärkt zu vielen wichtigen Konzertreihen in Deutschland, es reiste unter anderem zu den Weimarer Frühjahrstagen, zu den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt, zu den ARS NOVA Konzerten des Südwestfunks und zur Villa Massimo nach Rom. Mit Unterstützung des Goethe-Institutes gab das Ensemble Konzerte in Taschkent/Usbekistan und Ljubljana/ Slowenien. Viele Konzerte des Ensembles wurden von überregionalen Rundfunksendern mitgeschnitten und ausgestrahlt; 2002 erschien die erste CD bei dem Label en avant. Für das kontinuierliche und beharrliche Engagement auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik erhielt das Ensemble 2004 den Förderpreis der Landeshauptstadt Dresden. 2006 haben Oliver Schneller und Carsten Gerth die künstlerische Leitung des institutionell ungebundenen Ensembles übernommen. Der Dirigent Titus Engel betonte im Gespräch in aller Bescheidenheit, dass man "nach 10 Jahren erst am Anfang stehe", der Phase des Ausprobierens, der Heimatfindung in Dresden selbst und der internationalen Etablierung des Ensembles werden nun neue Ziele und Projekte folgen. Dazu gehört in nächster Zeit u.a. eine USA-Tournee und die Installierung eigenveranstalteteter Konzerte in Dresden, das Konzert am Sonnabend bildet den Beginn dieses neuen Engagements. In der Thematik "Neue Musik über drei Weltreligionen" wird es ein nahezu typisches Programm des Ensembles sein: zeitgenössisch, unbequem und zum Nachdenken anregend. Zur Gratulation wird dann am 4.10. im Rahmen der Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik geladen: das Jubiläumskonzert in Hellerau in großer Besetzung wird u.a. Werke von Gerhard Stäbler, Benjamin Schweitzer (Uraufführung eines Auftragswerkes) und Iannis Xenakis präsentieren. Dresden hat als vielgestaltige Kulturstadt auch eine lebenswichtige Tradition in der Pflege der modernen Kunst, das ensemble courage bildet seit 10 Jahren eine feste Säule im Kulturleben und wird auch hoffentlich in Zukunft mit der dem Ensemble innewohnenden Offenheit zur Entwicklung der Moderne in Dresden und weit darüber hinaus beitragen.
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15.9.07, Dreikönigskirche, 20 Uhr, Sacro Monte - "Neue Musik über drei Weltreligionen", Werke von Haddad, Corbett, Harvey, Liang, Haas, Odeh-Tamini, Hirs
4.10.07, Festspielhaus Hellerau, 20 Uhr, Jubiläumskonzert 10 Jahre Ensemble Courage, Werke von Sciarrino, Schwencke, Stäbler, Haas, Combier, Schweitzer und Xenakis

Dienstag, 11. September 2007

Stromerzeuger und Postkartenidylle

1. Sinfoniekonzert der Staatskapelle mit GMD Fabio Luisi

Ein frischer, neuer Wind weht durch den Semperbau, und nach dem 1. Sinfoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle darf man mit Fug und Recht behaupten: dieser Wind weht von vorne. Denn der neue Generalmusikdirektor bot für sein erstes reguläres Konzert der neuen Saison für zwei Werke eine Riesenbesetzung auf, die trotz der großen Eigenstärke der Kapelle nur mit Aushilfen geleistet werden konnte. Allzuoft werden allerdings Werke mit 16 Schlagzeugern nicht aufgeführt und in diesem Fall war es sogar eine Dresdner Erstaufführung. Eine überfällige allzumal, denn "Arcana" von Edgar Varèse wurde bereits 1927 uraufgeführt. Für manchen im Publikum dürfte das Erlebnis dieses Werkes einer Schocktherapie gleichgekommen sein: wer Wohlklang und Entspannung erwartet hatte, wurde herb enttäuscht, aber zugleich auch in einen rhythmischen Sog gezogen, der eine ganz eigene Faszination entwickelte. Erstaunlich war die Leistung des Orchesters - die Musiker hatten ja gleich zwei verschiedene Konzertprogramme vorzubereiten und dieses Werk erfordert nicht nur höchste Konzentration, sondern auch absolut rhythmische Präzision und ein ständiges Anschwellen in extreme Klangballungen. Dennoch schaffte es Luisi mit übersichtlichem Dirigat, die einzelnen Schichten freizulegen, "Arcana" wirkte wie ein großer Stromerzeuger, dessen wenige leisen Abschnitte die nächsten Eruptionen bereits in der Spannung vorausnahmen. Wäre dieses Werk alleine mit Strauss' "Alpensinfonie" gekoppelt gewesen, hätte man Luisi gar philosophische Absichten unterstellen mögen: hier die zerklüftete, unbeschreibbare und quasi unmenschliche Mondlandschaft, dort das bayrische Postkartenidyll, dreizehn Jahre früher mitten in den 1. Weltkrieg hineinkomponiert. Doch in das Programm war gleichsam eine lyrische Insel eingewoben: Beethovens 4. Klavierkonzert mit der nach mehreren musikalischen Begegnungen nahezu in Dresden heimisch gewordenen Ausnahme-Pianistin Hélène Grimaud als Solistin. Gleich vorneweg: was sie an musikalischer Ausdruckskraft, Intellektualität und Sinnlichkeit in das Werk einfließen ließ, ist grandios. Im 1. Satz war ich zunächst irritiert, da Grimaud die disparate Anlage des Kopfsatzes durchaus auch eigensinnig interprierte, nämlich mit ungewohnt weicher und romantischer Emphase, die selbst das Hauptthema erfasste. Erst im Zusammenhang mit den anderen beiden Sätzen wurde völlig klar, dass Grimaud ein Gesamtkonzept zelebrierte, das den 1. Satz nunmehr als ein ausgeklügeltes Gedankenspiel, als Diskurs begriff, den 2. Satz als hundertprozentig emotionale Gegenwelt und den 3. Satz als vital-drängende Deutung von Lebensbejahung. Wenn eine Pianistin dem Zuhörer mittels variablem Anschlag, kluger Formgestaltung und vollauf atmender Phrasierung zu einem solchen tragenden und überzeugenden Gesamtergebnis fähig ist, nennt man das schlichtweg genial und ist dankbar dafür. Fabio Luisi folgte dieser Interpretation mit der Kapelle gut, mit enorm drängendem Ausdruck im 3. Satz und leichten Unsicherheiten in der Einleitung des Kopfsatzes, da war aber wohl noch die Varèse-Klangwolke zu präsent. Nach der Pause ging es in die Berge, und hier zeigte sich vor allem eine interessante Interpretation dieses vor allem in Dresden hinlänglich rezipierten Werkes: Luisi dürfte wohl eine der schnellsten Alpenübergänge geschafft haben, das deutete sich bereits beim flinken Sonnenaufgang an, setzte sich im gar nicht pathetischen Gipfelpanorama fort und auch der Schluss war kaum zu breit ausmusiziert. Eine Wertung dieser Darstellung scheint müßig, denn denkt man an gediegenere Aufführungen zurück, so erscheint einem das Werk so auch nicht gerade sinnfälliger, allerhöchstens zünftiger. So bleibt der Eindruck eines opulenten, virtuos instrumentierten Farbengemäldes, mit kaum ins Gewicht fallenden, dem Temperament geschuldeten Abstrichen in der Interpretation. Gerade Steigerungen und Tempoverschärfungen waren Luisis Stärke in den Aufführung, motivierend und mit auf den Punkt sitzenden Gesten formte er Attacken und breit strömenden Klang. Die Kapelle befand sich thematisch in diesem zweieinhalbstündigen Konzert wirklich auf einem "Klanggipfel" - man darf gespannt sein, wohin die Reise nun geht.

Tenorissimo

Eigentlich sollte die CD erst in zwei Wochen erscheinen, nun hat Universal sie vorgezogen und es ist wirklich eine wunderschöne Zusammenstellung der schönsten Arien und Lieder auf einer Doppel-CD. Irgendwie ist man ja mit dieser Stimme aufgewachsen und das Timbre ist einfach unverwechselbar.

Leidenschaftlich

Antrittskonzert von GMD Fabio Luisi bei der Sächsischen Staatskapelle

Der Beginn einer neuen Ära ist unverkennbar: allein die Präsenz des neuen Generalmusikdirektors Fabio Luisi im Semperbau an seinen ersten Amtstagen macht das deutlich. Im Orchestergraben dirigierte er gleich zwei Salome-Aufführungen, es folgte ein Antrittskonzert und das 1. Sinfoniekonzert, und schon Mitte September geht das Orchester mit Luisi auf eine Europa-Tournee. Die ersten Konzertprogramme mit der Sächsischen Staatskapelle haben es auch programmatisch in sich und die Handschrift Luisis läßt gehörig aufhorchen. Nicht mit gängigem Repertoire begrüßte Fabio Luisi das vor allem prominente Publikum im Antrittskonzert am Sonntag, sondern gleich zu Beginn des Konzertes war eine Uraufführung platziert. Vom "Capell-Compositeur" Isabel Mundry werden in dieser Saison gleich mehrere neue Werke zu hören sein, ihr für die Sächsische Staatskapelle entstandenes Orchesterwerk "Balancen" war aber keinesfalls eine Eröffnungsmusik "mit Pauken und Trompeten". Das Gegenteil war der Fall, und es bedurfte bei Zuhörern wie Interpreten einiger Konzentration, um diese fein ausgehörte Musik zu erschließen. Die von Mundry in dem Stück eingearbeiteten Zeitschwankungen kamen durch die Aufteilung des Orchesters in drei Gruppen gut zum Tragen. Mundrys musikalische Sprache ist modern, aber durchaus facettenreich. Dass man aufgrund der räumlich wechselnden aber oft ähnlichen, repetitiven Klangereignisse sich nach einigen Minuten fadensuchend im Dickicht des Orchestersatzes verlor, gehört zur Absicht der Komposition und hat seinen Bezug in der literarischen Vorlage zum Werk. Poetischen Glanz verströmte der kurze Schlussabschnitt, der melodisches Vortasten ausprobierte - insgesamt ein sehr vorsichtig suchendes Werk, dessen Bezüge durch Fabio Luisis klar organisiertes Dirigat sehr deutlich wurden, das aber die Stärken und Möglichkeiten des Orchesters kaum ausreizte. Der zweite Programmpunkt im Konzert wäre ebenfalls poetisch zu nennen, dies aber auf einer ganz anderen klanglichen Ebene: der Musiksprache von Alban Berg. Dessen "Sieben frühe Lieder" schwanken zwischen Spätromantik und in vielen Details bereits antizipierter Moderne, ausgeklügelt ist die Instrumentation und der melodische Verlauf zwischen Singstimme und Orchester. Die Sopranistin Anja Harteros fand eine atemberaubend schöne Darstellung der Lieder zwischen träumerischem, fast distanziertem Duktus und herausbrechender Leidenschaft ("Die Nachtigall"). Ihr samtenes Timbre und die voluminöse und doch warm strahlende Höhe machten diese Interpretation zu einem Erlebnis, zumal Luisi mit der Kapelle die notwendige Flexibilität des Tempos kongenial mit der Solistin umsetzte - so erreichten die Musiker eine brüchige, märchenhafte Atmosphäre. Natürlich sind die Erwartungen an den neuen GMD hoch und viele Aufgaben und Ideen benötigen Zeit der Entwicklung. Doch die Aufführung der Tondichtung "Ein Heldenleben" von Richard Strauss zeigte bereits einen wunderbaren Stand der Zusammenarbeit zwischen Dirigent und Orchester, ist doch dieses Werk bereits im Mai auf CD eingespielt worden. Ein Markenzeichen des Dirigenten scheint der maßvolle Ausgleich zwischen impulsivem, leidenschaftlichen Musizieren und dem kontrollierten Ausformen des spezifischen Orchesterklanges zu sein. Kaum ein Werk scheint für diese Art des Zuganges besser geeignet als das von Richard Strauss. Opulent strahlend und klar gezeichnet stellte Luisi die Themenkomplexe vor, bevor er in der Durchführung den Kampf des Helden nahezu körperlich mitvollzog und sich das Orchester mit konsequenter, vorwärtstreibender Dynamik- und Tempoführung des Generalmusikdirektors von Höhepunkt zu Höhepunkt arbeitete. Innig und mit besonders deutlicher Charakterzeichnung trug das Violinsolo von Matthias Wollong zum schlüssigen Gesamtbild des Werkes bei. Die Entscheidung für den sanften Originalschluss, der ungedruckt in der Handschrift von Strauss vorliegt, aber kaum je musiziert wird, mag ebenfalls ein Zeichen sein, dass mit der Ära Luisi neue Klanghorizonte eröffnet werden, die Werke in neuem Licht erscheinen lassen und die Auseinandersetzung mit Altem wie Neuem fördern werden.

[Das Konzert wird heute bei MDR Figaro (Stream möglich) um 20 Uhr gesendet]

Sonntag, 9. September 2007

Balancen

Die Sächsische Staatskapelle installiert den "Capell-Compositeur"

Hoppla, möchte man ausrufen, die Staatskapelle traut sich was. Dabei war der Schritt, neue Musik selbstverständlich in die Konzertprogramme einzubeziehen in den letzten Jahrzehnten nicht immer mit Überzeugung vollzogen. Doch mit dem neuen Chefdirigenten Fabio Luisi hält nun der "Capell-Compositeur" Einzug in den Semperbau und damit die überfällige, intensive Auseinandersetzung mit der Musik der Gegenwart. Was steckt
hinter diesem ehrenwerten Titel, den übrigens schon Johann Sebastian Bach bei der einstigen Hofkapelle innehatte? Ein namhafter Komponist der jüngeren Generation konzipiert für die laufende Saison ein oder mehrere Stücke exklusiv für das Orchester. Anders als bei in regulären Konzerten manchmal schamhaft versteckten Piècen steht aber in diesem Projekt der
Komponist im Mittelpunkt des Interesses. So werden bei der Staatskapelle auch gleich Nägel mit Köpfen gemacht - die für die erste Saison ausgewählte "Capell-Componistin" Isabel Mundry ist in gleich mehreren Konzerten vertreten, und ihr neuestes Werk "Balancen" für Orchester wird überdies im Antrittskonzert von Fabio Luisi uraufgeführt - als erstes Stück im Programm, als Auftakt zur neuen Saison. Neben Mundry geben sich in den ersten beiden Konzerten auch noch Alban Berg und Edgar Varèse im Kontrast zu Strauss und Beethoven die Klinke in die Hand: Tradition meets Gegenwart. Man mag dies gerne als Zeichen des Aufbruchs begreifen, spannend werden die Begegnungen mit der 1963 geborenen Isabel Mundry allemal. Die Komponistin studierte in Frankfurt und Berlin, lebte eine Zeitlang freischaffend und lehrt nunmehr als Professorin an der Musikhochschule in Zürich. Zahlreiche Preise, Einladungen (Lucerne Festival) und Aufführungen mit renommierten Klangkörpern wie den Berliner Philharmonikern oder dem Chicago Symphony Orchestra dokumentieren ihre künstlerische Biografie; ihre 2005 uraufgeführte Oper "Ein Atemzug - die Odyssee" (Deutsche Oper Berlin) wurde gar von der Fachzeitschrift "Opernwelt" zur "Uraufführung des Jahres" gewählt. Essentiell erscheint in ihrem OEuvre das präzise Erforschen von Formen, Situationen und der Interaktion musikalischer Ebenen vor allem in der Beschäftigung mit dem Thema "Zeit", dem Parameter, ohne den jegliche Musik undenkbar wäre, aber dessen Gestaltung zum spannendsten Thema des Komponierens geraten kann. Isabel Mundrys am Sonntag im Sonderkonzert erstmals erklingendes Werk "Balancen" war für sie aufgrund der besonderen Stellung zu Beginn der Saison eine besondere Herausforderung, es ist ein "Eröffnungsstück", und obwohl dieser Gedanke nicht im Vordergrund der Komposition stand, bestimmte es doch die Arbeit. "Balancen" beschreibt einen musikalischen Prozess, der von einer literarischen Vorlage, einem Text des Schweizer Autors Peter Weber, ausgelöst wurde - ein Mensch beobachtet an einem Ort eine Szenerie. Es sind verschiedene Arten von Bewegungen: Wellen, Vogelflüge, vorüberfahrende Autos. Aus diesen "Bildern" entstand bei Mundry ein Nachdenken über die Zeit und verschiedene rhythmische Strukturen und deren Wiederkehr. Die "Balancen" finden zwischen unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Abläufen und Wiederholungsmustern statt; in drei Gruppen aufgefächert, gestaltet das Orchester eine Art "schwankende
Zeit". Im Gespräch zeigt sich Isabel Mundry als anspruchsvolle
Künstlerin - Anspruch an sich selbst in dem Sinne, Gedanken präzise zu erfassen, auszukomponieren und sogar die Wirkung zu kontrollieren: "Möglicherweise verändere ich nach der Uraufführung noch etwas an einer bestimmten Stelle, ich muss es erst einmal hören". Diese Art der Selbstkontrolle, der Nachfrage an die eigene Musik ist nicht häufig in der zeitgenössischen Musik. Für den Hörer wünscht sie sich, dass dessen Wahrnehmung durch ihre Musik geschärft werde - "Es ist nicht mein Job, das Publikum zu bedienen", aber ihre Musik versteht sie auch nicht als Zumutung sondern als Bereicherung. Im günstigsten Fall erweitere gelungene Musik den Wahrnehmungshorizont. Die Bedürfnisse der Zuhörer,
auch die Kenntnisse und Befindlichkeiten sind sicher unterschiedlich, aber allein die Beantwortung der Frage, was die zeitgenössische Musik, Isabel Mundrys Musik erzählen kann, dürfte am Sonntag manchen Zuhörer auf eine unerwartet spannende Hörreise schicken. Isabel Mundry freut sich besonders, dass der "Capell-Compositeur" bei der Sächsischen Staatskapelle über einen längeren Zeitraum angelegt ist, somit sei die Möglichkeit für Zuhörer und Musiker gegeben, sich intensiv auch im Gespräch den Werken und ihrer Schöpferin auseinanderzusetzen. Der Arbeit
mit der Kapelle sieht sie entspannt entgegen: "In den Orchestern sind heutzutage viele Musiker der jüngeren Generation, die zeitgenössische Musik bereits im Studium genossen haben". "Im positiven Sinne konfliktfreudig" und mit einem guten Dirigenten als Vermittler, so schätzt sie die optimalen Voraussetzungen für die Zusammenarbeit ein. GMD Fabio Luisi wird gleich drei Stücke von Mundry dirigieren: neben den "Balancen", die übrigens im 8. Sinfoniekonzert wiederholt werden, auch das Orchesterwerk "Nocturno" (12. Sinfoniekonzert) und das Klavierkonzert "Panorama ciego" (4. Aufführungsabend). Außergewöhnlich und mutig ist die Entscheidung der Kapelle, die "Balancen" im April nächsten Jahres auf einer Europatournee zu präsentieren. Zudem wird es im 5. Kammerabend ein Porträtkonzert von Isabel Mundry geben. Außerhalb der Semperoper ist die Komponistin in Dresden an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber präsent, dort ist im Januar 2008 eine Projektwoche geplant. Vor dem Konzert stellt sich Isabel Mundry am Sonntagnachmittag im Rundfoyer der Semperoper im Gespräch mit dem Dramaturgen Tobias Niederschlag vor.

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Sonntag, 9. September, 16 Uhr
Rundfoyer Semperoper
Der "Capell-Compositeur" 2007/2008 stellt sich vor: Die Komponistin Isabel Mundry / Karten zu 5 Euro an der Tageskasse und im Vorverkauf Schinkelwache.

Sonntag 9. September, 19 Uhr
Sonderkonzert zur Amtseinführung von Fabio Luisi
Isabel Mundry: "Balancen" für Orchester (2007) (UA)
außerdem Werke von Alban Berg und Richard Strauss
Sächsische Staatskapelle Dresden, Dirigent Fabio Luisi, Anja Harteros,
Sopran

Donnerstag, 6. September 2007

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Gott hab ihn selig.

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