Freitag, 5. Dezember 2008

Kulturtipp

Sollte sich unter den Lesern jemand befinden, der im Dunstkreis von Hamm lebt, einen tollen Chor hören will und zudem mal etwas vom Trubel abschalten will, dem sei morgen ein Konzert in der Pauluskirche Hamm/Westfalen empfohlen.

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Pyro-Musik

Ein Kompositionswettbewerb bringt mich doch gerade arg ins Nachdenken: Mega-Musik-Feuerwerke möchte die "Pyromusikale" Berlin veranstalten und schreibt dazu einen Wettbewerb aus, Zitate:

"Wir wollen beweisen, dass auch heutige Komponisten sinfonische Musik schreiben können, die ein Massenpublikum zu begeistern vermögen." **

"Stilrichtung: Dramatisch (für Feuerwerk!) und auf die eine oder andere Art „massenkompatibel“ – typische „Neutöner“ haben kaum Chancen." ***

"Die besten Chancen haben dramatische Kompositionen, die den musikalischen Horizont des “Normalverbrauchers” nicht gerade sprengen – also eher im Bereich anspruchsvoller Filmmusik als bei der Avantgarde angesiedelt sind." ***

"Er will beweisen, dass Musikfeuerwerke heute, wie schon zu Zeiten des Barock, eine ernstzunehmende Kunstform sind."

Da drängen sich mir Fragen auf:
- warum werden inflationär Raketen in die Luft gejagt (in Dresden nahezu 2x an jedem Wochenende) und Natur-, Tier- und Lärmschutz und zum Teil auch Persönlichkeitsrechte mit Füßen getreten?
- wie kann man angesichts obiger Frage noch ruhigen Gewissens dafür Musik schreiben?
- wenn das eine "ernstzunehmende Kunstform" sein soll, wieso wird dann diese Kunst sogleich reglementiert?
- wer, der seine Kunst ernstnimmt, braucht überhaupt ein Massenpublikum? - außer demjenigen, der die Massen organisiert, steuert und am Ende damit Geld verdient? [Der Gewinner-Komponist ist es jedenfalls nicht, 3000 Euro sind angesichts der Veranstaltungsgröße und des Aufwandes im absolut unteren Bereich anzusiedeln]

** Subtext1: Normalerweise sind Kompnisten dazu unfähig und haben ohnehin einen Sprung in der Schüssel. Wir wollen aber beweisen, dass Komponisten fast ganz ohne Hirn auch Musik für Publikum ohne Hirn schreiben können.
*** Subtext2: Fahrstuhl-Muzak bitte. Am besten die Telekom-Erkennungsmelodie auf 160dB in ca. 400 Feuerwerk-Loops für doppelte Elektra****-Besetzung instrumentiert, natürlich spielen alle mit Verstärkung. Das haut schön rein.

**** zur Erklärung, falls einer der Veranstalter hier mitliest: dies ist eine Oper von Richard Strauss, der Stoff ist aus der griechischen Mythologie. Nicht für Feuerwerke tauglich, geistiger Horizont wird deutlich überschritten.

Wachhund

Auspacken vom Wichtelgeschenk? Ist nicht!

Die Welt ist schön!


[Die Musik mag ich weniger, aber das Video ist ziemlich klasse.]

Montag, 1. Dezember 2008

Dog days

Das ist so gut, das muss aufs Blog. Meine Güte, was für eine Stimme...
Florence & the machine on myspace



gefunden bei The Junction

Sonntag, 30. November 2008

Adventskalender

Morgen ist es wieder soweit: Das erste Türchen wird geöffnet. Wer noch keinen Adventskalender hat, kann hier wie jedes Jahr einige Links zu online-Adventskalendern finden, bei denen man Flüge und Urlaub gewinnen kann und natürlich auch jeden Tag Spaß hat.

Dieses Jahr findet man Kalender bei:
* tuifly
* Germanwings
* Air Berlin
* Center Parcs
* Weissenhaeuserstrand.de

Und wem das nicht genügt, der kann auch noch Bücher beim ZVAB-Kalender gewinnen.

Und musikalische Rätsel gibts noch bei crescendo

[Falls einige Links noch nicht funktionieren: MORGEN gehts ja auch erst los, und ich checke die Weiterleitungen dann noch einmal]

Freitag, 28. November 2008

Hohe Intensität

Zeitgenössische Musik mit dem Projektensemble "KlangNetz Dresden"

Eigentlich soll über das zweite Konzert des neuen Ensembles "KlangNetz Dresden", gemeinsam veranstaltet von der Hochschule für Musik und der Dresdner Philharmonie, berichtet werden, doch in diesem Fall erscheint es sinnvoll, erneut einige Worte zum gerade eröffneten, erstklassigen Konzertraum der Hochschule für Musik zu äußern. Denn der Besuch einer Veranstaltung in diesem Saal droht zur liebgewonnenen Sucht zu werden, schließlich ist man als eifriger Konzertgänger in Dresden nicht gerade mit akustischer Brillanz verwöhnt. So balanciert die Größe des Saales die gerade noch vorhandene Intimität eines Solisten mit der erschütternden Direktheit des Klangerlebnisses optimal aus. Und wenige Streicher vereinigen sich in diesem Raum zu einer sich tief in die Ohren bohrenden Flut aus Tönen und Obertönen. Aus diesem Grunde erwies sich die Wahl von Jörg Widmanns flächig angelegter "Ikarischer Klage" auch als Glücksgriff. Gleich ob sonnennah die hohen Streicherflageolette blitzten oder drei tiefe Streicher Absturz und Abgrund ausmalten - die fast im Sinne einer sinfonischen Dichtung auskomponierte Programmmusik übertrug sich hautnah; das Musikerlebnis wirkte zum Greifen nahe. In diesem Raum lässt sich zeitgenössische Musik viel höchst intensiv und klar erleben, noch dazu, wenn engagierte Studenten sich für die Werke einsetzen und jede noch so kleine Bogenspannung sich als deutliche Aktion zum Zuhörer überträgt. Viel Applaus erntete daher auch die Uraufführung eines neuen Werkes des Dresdner Komponisten und Hochschulprofessors Christian Münch. "Übliche" Kammermusik bemüht gern eine konsumierbare Länge von gut zwanzig Minuten Spieldauer, Münch benötigt in "Gesänge und Harmonien" eine satte Stunde. Man hat dennoch an keiner Stelle das Gefühl einer Überdehnung oder Grenzüberschreitung. Das lag vor allem an der Inszenierung des Augenblicks, die Münch vortrefflich gelingt. Der Titel (literarisch inspiriert durch ein Drama von Hans Henny Jahnn) hätte treffender nicht sein können für die raumgreifende Musik. Die Instrumentalisten umrahmten das Publikum live und über elektronische Wiedergabe, dazu gesellten sich virtuelle Räume und kleine theatralische Abläufe. Ein ganzes Füllhorn vor allem harmonikal geprägter Ideen goß Münch in dieser einen Stunde über den Zuhörer aus und fand sogar einen versöhnlich-lyrischen Abschluss in einem dem Stück "angekoppelten" Klavierkonzert, das Martin Hecker mit beruhigender Souveränität interpretierte. Am Ende des Konzertes, zu dem Dirigent Ekkehard Klemm passende einführende Worte fand, stand Wolfgang Rihms Komposition "Gejagte Form" für großes Kammerensemble. Dies war ein Stück, dessen inszenierte Geschwindigkeit und Vehemenz Interpreten wie Zuhörer unter Strom, unter eine gefühlte Atemlosigkeit stellte. An diese höchst anspruchsvolle Partitur konnte sich das Ensemble gut heranarbeiten, lediglich wenige Balance- (Schlagzeug am Ende des Werkes) und Homogenitätswünsche blieben hier verschmerzbar. Fernab der beglückenden Konzerterfahrung im neuen Saal ist kritisch zu hinterfragen, was von der bei der Gründung des Ensembles im Mai erwünschten und von allen Beteiligten auch deutlich betonten Netzwerk-Arbeit übriggeblieben ist - Philharmonie-Musiker suchte man in diesem spannenden Konzert auf der Bühne vergeblich.

Donnerstag, 27. November 2008

Newsletter

Meine Güte, wenn man einmal irgendwo was bestellt und nicht die "Newsletter-AUS"-Häkchen beachtet, ist man der Dumme. Hier und da habe ich mich ja auch wissentlich eingetragen, damit ich ab und an (!) aktuelle Angebote oder Aktionen mitbekomme. Mittlerweile muss ich mir sagen: selbst schuld. Denn die Firmen haben die Vorweihnachtsgeschütze aufgefahren und gerade die Großen sind die Nervigsten: Amazon, Web.de und ebay bombardieren mich nicht täglich. Nein, die Firmen haben sich derzeit vegetativ in verschiedene Abteilungen aufgeteilt, Geschütze im Anschlag, und daher bekomme im Schnitt plötzlich von einer Firma 3x täglich Mails, die sonst vielleicht einmal im Monat was durchjagten. Von Fluglinien, nie bestellten Newslettern und Spam, die gottlob dank der zweiten genannten Firma nicht in meinem Briefkasten landet, mal ganz abgesehen. Aber liebes Amazon, meinst Du etwa, ich habe soviel Zeit, dreimal täglich Deine (ohnehin langweiligen) Restseller anzuklicken? Grumpf.

Mittwoch, 26. November 2008

Nützliche Dinge

Gerade einen Link bei Elsa gefunden:

Fingerpüppchen und Magnete von Philosophen und anderen Persönlichkeiten:


Freud als Plüschteddy:


...und wem bei Händels großem Oratorium die Stimme wegbleibt:

Wichtelzeit



Eigentlich brauche ich ja über das Chitime-Wichteln gar nichts mehr schreiben. Schließlich weiß mein(e) zu-bewichtelnde(r) nichts von meinem Tun (längst beendet übrigens), und der, der mich gezogen hat, wird wahrscheinlich wild auf meinem Blog herumsuchen, wer oder was ich bin und gerne mag - viel Spaß dabei ;)
Aber da die Aktion im letzten Jahr schon so toll war, will ich wenigstens Laut geben und der Chikatze auch für ihre Mühe danken. Und ich bin gespannt auf die Post :)
Mehr nach dem 6.12. - ich bin allerdings "out of office", so dass mein Bericht dann wohl etwas verzögert erfolgt.

Montag, 17. November 2008

Verdiales

Achtung, jetzt wird es laut. Nach langem Suchen habe ich endlich die elektrisierende Musik wiedergefunden, die wir Anfang September bei unserem Andalusienurlaub auf einem Dorf gehört haben. Verdiales ist eine "primitive" (das würd ich allerdings verneinen), ländliche Spielart des Fandango, erklingt aber auch in Málaga, aber vor allem in der Axarquía und den Montes de Málaga. Dabei ist das weitaus mehr als eine Musikdarbietung, es ist ein Spektakel. Die "Band" besteht aus etlichen Kastagnetten- und Crotali-Spielern, dazu Gitarren, einem großen Tamburin, einem Geiger und einem Cantaor, Tänzer gehören zumeist ebenfalls dazu. Alle Musiker stehen beieinander, dazu gibt es noch einen, der einen geschmückten langen Stab in die Luft wedelt (im 2. Video ist er gleich am Anfang vorn links zu erkennen) und auf den jeweiligen Cantaor zeigt, der dann die nächsten Strophen beginnt. Verdiales aus Comares gilt übrigens als die musikalisch reichhaltigste Art von Verdiales.
Witzigerweise sind die beiden youtube-Videos genau an dem Tag, wo wir dort waren, bei der Feria aufgenommen worden - ich hatte schon Angst, mich im Publikum zu entdecken, aber wir standen etwas weiter unterhalb im Dorf ;)



Sonntag, 16. November 2008

8 Aufnahmen...

aus den Klassik-Neuerscheinungen, die auf KEINEN Gabentisch gehören:
1) Encore von David Garrett
2) Anna Netrebko: Souvenirs
3) und wenn das Baby nicht still ist, schmeißen wir eben ne CD rein
4) Lang Lang: Chopin / Klavierkonzerte (Rezension folgt. Oder, um mit Marco Rima zu sprechen: Wattebäuschen, Wattebäuschen, Wattebäuschen!)
5) Gunther Emmerlich, Lasst uns einfach fröhlich sein (...und diese CD bitte ignorieren)
6) Marshall & Alexander: Götterfunken
7) James Galway verirrt sich
8) Paul Puccini kräht Potts Dorma von Nessun Telekom

(es sollten eigentlich 10 werden, aber Brightman und "Il Divo" hier noch einzufügen, verbietet eigentlich das Niveau des Weblogs...)

und 10, die ich sofort empfehlen würde:
1) Hélène Grimaud: Bach (meine eigene Rezension bestärkt mich in dieser Empfehlung trotz erster Meckerei...)
2) Mutter spielt Bach / Gubaidulina - auch dies eine CD mit Ecken und Kanten, die aber schon allein wegen der unglaublichen Komposition von Gubaidulina hörenswert ist.
3) Diana Damrau: Mozart-Arien - WOW!
4) Sharon Kam: Souvenirs - was für ein schönes Klarinetten-Album!
5) Daniel Hope: Vivaldi - das ist klug musiziert und macht auch noch Spaß beim Hören.
6) RIAS-Kammerchor: Mendelssohn weltlich
7) Patricia Petibon: Amoureuses
8) Rafal Blechacz: Sonaten
9) Maurizio Pollini - Chopin
10) Brahms, 1. Sinfonie / Gardiner

Kommentare natürlich in den Kommentaren

Frischer Wind

YES, WE CAN

Das wurde auch Zeit. Özdemir, Trittin, Roth dazu. Und dann ran an die Wähler. 15% sollten machbar sein.

Offene Ateliers

Dieses Jahr habe ich es endlich geschafft, den Tag der offenen Ateliers in Dresden wahrzunehmen. Da gab es viel Farbe, Form und jede Menge Futter für die eigene Inspiration. Ich konnte leider nur einen Bruchteil der Ateliers schaffen. Weil Kunst Betrachter braucht, gibt es hier keinen Werkklau, aber ein paar hilfreiche Links zum Surfen, und für mich als virtuellen Notizzettel. Auf jeden Fall war es einmal spannend zu beobachten, was alles in Dresden entsteht, eine Bewertung steht mir eh nicht an, aber alle der hier aufgeführten Künstler lohnen ein Hingucken!

[] Atelierhaus koloni
[] Ateliergemeinschaft Hoyerswerdaer Str. 32, mit Sandra Collée, Yosi Losaij, Helga Holmén u.a.
[] Atelier FleischerEi
[] Marielle Morawitz
[] Katrin Feist
[] Marlit Mosler

Mittwoch, 12. November 2008

Happy Birthday...

...LORIOT !!!
Würdigung in der SZ

Donnerstag, 6. November 2008

THX, M.I.A.

Montag, 3. November 2008

Spätestens jetzt...

sollte Frau Y. ihre Vorhaben, eine mikroskopisch dünne und zudem politisch überaus gefährliche Minderheitenregierung zu bilden endlich aufgeben. Nicht nur dürfte Roland Koch mittlerweile etliche Lachfalten mehr bekommen haben. Dass mit Fraktionszwang kein Staat zu machen ist, wissen wir nicht erst seit Dagmar Metzger. Die Warnungen, die Heide Simonis gegen die Hessen-SPD richtete, hätte sie lieber Frau Y. als guten Rat aus eigener Erfahrung, mitgeben können: "Andrea, lass es einfach, es hat keinen Sinn."
Zu spät. Einmal mehr muss Münte wohl die Kehrschaufel bereithalten.


p.s. nette Spamversuche hier übrigens. Aber probierts lieber bei 20six.de *g*

Im Rausch der Farben

Skrjabins "Promethée" im 2. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie

Die Wurzeln der heutigen Musik sind niemals an einem einzigen Punkt der Musikgeschichte zu erklären. Schönbergs Zwölftontechnik darf man ebensowenig alleine heranziehen wie die neue Tonsprache Strawinskys. Dass ein Konzert in kluger Programmdramaturgie dennoch einen spannenden Lichtschein (hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes) auf die Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu werfen imstande ist, zeigte das 2. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie. Lange hatte die Philharmonie geplant, den "Promethée" von Alexander Skrjabin mit einer Realisatin des von Skrjabin notierten Farbenklaviers aufzuführen, die kurzfristige Schließung des Kulturpalastes im letzten Jahr stand der Aufführung im Weg. Nun war es soweit: der Lichtdesigner Andreas Fuchs widmete sich der Partitur des russischen Synästheten und schuf eine absolut überzeugende visuelle Lösung, die hohes künstlerisches Niveau bewies und sich gottlob fern allen Spektakels ansiedelte, das leider allzu oft angesagt ist, wenn man einem Sinfonieorchester ein paar bunte Scheinwerfer zuordnet. Zudem war die Konzentration auf die Rückleinwand einer leicht distanzierten, Verständnis und Durchsicht fördernden Wirkung des Werkes zuträglich. Welche komplexen, durchaus irritierenden Visionen eines Gesamtkunstwerkes Skrjabin 1915 entwarf, wurde in Fuchs Darstellung mitsamt der starken Interpretation der Dresdner Philharmonie unter der engagierten Leitung des jungen Gastdirigenten Cornelius Meister deutlich: hier bewegte sich ein Komponist auf den Grenzen zwischen Philosophie, Musik, Religion und Natur. Farbstimmungen und Musik erschufen ein eigenes, neues Kunst-Werk, das in dieser Form unbedingt geschlossen und organisch wirkte - die harten, schnellen Wechsel in Musik und Farbe sind ja teilweise von Skrjabin selbst intendiert. Und damit war auch der Rest des Konzertprogrammes logisch, denn wie etwa hätte Skrjabin seine Ideen ohne Richard Wagners Vorarbeit entwickeln können? Das betraf nicht nur die Ebene der Theorie des Kunstwerkes, sondern ging bis in die Details von Harmonik, Form und Orchestration. Somit startete die Philharmonie auch mit der Orchestermusik aus "Tannhäuser" in ansprechender, behutsamer Interpretation, wenngleich Meister die Themen etwas zu geradlinig musizieren ließ. Fast schon genial als "Scharnierwerk" war genau in die Mitte des Konzertes "Verklärte Nacht" von Arnold Schönberg platziert, auf Pausen und Applaus hätte man angesichts der eigentlich frappanten Verbindungen zwischen den Stücken sogar verzichten mögen. Der Klavier-Solopart des "Promethée" ist stark in das Orchester integriert, der Pianist Alexander Toradze hatte jedoch aufgrund eines zumeist recht perkussiv orientierten Spiels keinerlei dynamische Probleme und konnte in den wenigen leisen Solopassagen mit schwereloser Eleganz brillieren. Doch hing über diesem "lichten" Konzert dennoch ein dunkler Schatten und der betraf die akustische Ebene: die offenbar notwendige Verhängung der Bühnenseiten schluckte jegliches forte, so dass man nur die leisesten Stellen aller drei Stücke (so etwa den zauberhaft musizierten Beginn der Tannhäuser-Ouvertüre) wirklich genießen konnte und die Balance der Instrumente ansonsten schwer gestört war. Im Schönberg fehlte die absolut notwendige voluminöse Tiefe des Streicherklangs komplett. Die typisch Skrjabinsche Extase der immer wieder anrollenden Tutti-Strecken im "Promethée" blieb im schweren Vorhangstoff kleben und anstelle sich wie eine Klangwalze über die Zuhörer zu legen, konnte man den engagierten Musikern nur beim fortissimo zusehen. Auch der Chor musste akustisch blass bleiben, da hätten auch zweihundert Stimmen mehr nichts genutzt. Meister brach leider den Schlussakkord äußerst früh ab - hier hätte man zumindest die Chance einer annähernd vollständigen Übertragung in den Zuschauerraum gehabt. Da "Promethée" aufgrund seiner Komplexität zu mehrfachem Hören einläd und die tolle Lichtumsetzung von Andreas Fuchs unbedingt einer Wiederholung bedarf, freuen wir uns einfach auf eine Wiederaufführung in einem neuen Konzertsaal, der dem Anspruch des Werkes und dem Spiel des Orchesters adäquat ist.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Haaaalt, Stooop, Frau Grimaud, AAAAnhalten!!!

Beim ersten Anhören der neuen Bach-CD von Hélène Grimaud hatte ich nur flüchtig positiv notiert, dass sie auch mal "reinhauen" kann in den Flügel - Bach-Busoni erfordert Tiefe, Kraft und Brillanz, das hat sie. Weniger davon habe ich bei ihrem Auftritt in Luzern bemerkt, der bei arte gesendet wurde, ihr Rachmaninov hatte eine dermaßene Vorsicht, dass ich das Damokles-Schwert außerhalb der Kameraperspektive fast fühlen konnte. Nun hat sie wohl den Führerschein bestanden, aber die Probezeit übersteht sie wohl nicht. Bei ihrer Bach-CD möchte ich (2. Hinhören) am liebsten ständig Verkehrszeichen aufstellen, "geschlossene Ortschaft - 50" oder "Schule - 30". Aber nein, nachdem sie auf die Chaconne-Autobahn aufgefahren ist, gibt sie plötzlich Gas, man knallt als Hörbeifahrer an die imaginäre Kopfstütze und die Frisur ist zerstört. Keine dreißig Sekunden später ruckartige Vollbremsung vor dem nächsten Schuhgeschäft (BACH & SÖHNE), ich presse die Hände an die Ohren und höre den Hintermann fast draufknallen. Dass sie ein frangssösisches Auto fährt, entschuldigt vielleicht das nervöse Spiel mit der Kupplung. Aber SO spielt man doch bitte nicht Bach!? Und auf der linken Spur, mit plötzlicher Wende, Turboboster und offenen Busoni-Gullideckeln beende ich diesen Beitrag. Anhören bitte.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Zeitfarben, Vögel und Botschaften

"Kunstbogen Dresden" gründet sich mit einer Messiaen-Konzertreihe

Seit dem vergangenen Wochenende besitzt Dresden einen "Kunstbogen". Hinter diesem Namen verbirgt sich eine kleine, aber feine Konzertreihe, die der Kapellmusiker Henrik Woll ins Leben gerufen hat und die sich projektweise und in loser Folge in Dresden zu Wort (und auch "zu Ton") melden wird. Der Bogen steht für das Dach der vielfältigen Inspirationen, die von der Kunst ausgehen und somit schließt Woll in der Reihe Musik, Literatur und bildende Kunst mit ein. Schon durch die Titelwahl wird klar, dass es Woll nicht um bloße Konzerttätigkeit geht, sondern um die Förderung des Diskurses und der Erforschung unterschiedlicher Dramaturgien und ihrer Wirkungen. Es ist sicher kein Zufall, dass im ersten Projekt ausgerechnet ein Komponist im Mittelpunkt stand, der auf ideale Weise den Begriff "Kunstbogen" auszufüllen vermag: Olivier Messiaen vereinigt in seinen Werken Kunst und Natur, Religion und Philosophie zu immer neuen, schillernden Zusammenklängen. Grund genug für Henrik Woll, zum 100. Geburtstag des Komponisten unter dem Titel "Messiaen 100 Jahre - Farbe der Zeit" vier Konzerte im Cosel-Palais zu veranstalten, fast ein kleines Festival also. Gleich zwei Mal stand dabei das "Quatuor pour le Fin du Temps" (Quartett auf das Ende der Zeit) auf dem Programm. Vor einer Woche erst stand das Werk auf dem Programm eines Kapell-Kammerkonzertes und angesichts der tiefen musikalischen Botschaft des Stückes bin ich geneigt zu sagen: es kann gar nicht oft genug gespielt werden. Doch muss man schon die Besonderheit feststellen, dass es überhaupt binnen Wochenfrist in Dresden gleich mehrfach erklungen ist - in herausragenden Interpretationen verschiedener Ensembles. Hier musizierten neben Woll der Cellist Simon Kalbhenn, der Klarinettist Fabian Dirr und Pianist Christoph Berner - allesamt schufen sie eine starke, konzentriert musizierte Deutung des "Quatuor", die nur an wenigen Stellen schwereloser und emotionaler vorstellbar wäre. Schön war der Kontrast zwischen den wirbelnden Ensemblesätzen und den ruhig empfundenen Solosätzen gelungen, schwieriger empfand ich die permante Lesung aus der biblischen Offenbarung, obleich der Schauspieler Dirk Glodde seine Sache sehr gut machte. Jedoch zieht sich so ein Faden durch die Musik, der zwar auch von Messiaen ergriffen wurde, doch in ganz eigener Weise schon in der Musik gespiegelt ist, so dass die Lesung eine atmosphärische Folie auf die Musik legt, die eher einengt denn öffnet. Eine ähnliche Schieflage erhielt auch das Konzert am Sonntagnachmittag. Zwar mag man sich unter dem "Kunstbogen" sicherlich viele unterschiedliche Kreationen vorstellen, aber Gedichte von Georg Trakl zu Messiaens Musik zu lesen, das war eine denkbar unglückliche Verbindung, die sich selbst als Gegensatzpaar ausschloss. Doch gab es hier spannende frühe Werke des Komponisten zu entdecken: "Thème et variations" und "Fantasie" (1932/33) für Violine und Klavier wurden temperamentvoll von Holger Grohs und Masumi Sakagami dargeboten. Die Flötistin Rozália Szabó widmete sich "Le Merle Noir" (Die Amsel) aus dem Jahr 1951 und Diana Al-Hassani schuf eine kräftig-selbstbewusste Interpretation des komplexen, umfangreichen Klavierwerkes "La Rousserolle effarvatte" - "Der Teichrohrsänger" aus "Catalogue d'oiseaux" (1958) - zwei eindrucksvolle Beispiele der Einbeziehung von Vogelgesängen in die Kompositionen Messiaens. Bereits am Vortag erklangen schon ein Liederzyklus sowie Klavierstücke des Komponisten. Gemeinsam mit den Konzerten von Philharmonie und Staatskapelle dürfte der "Kunstbogen" wesentlichen Anteil daran haben, dass einer der wichtigsten Komponisten des letzten Jahrhunderts in Dresden nicht länger ein Unbekannter ist.

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