Donnerstag, 7. September 2006

Hellerau



Heute wurde das Festspielhaus Hellerau wiedereröffnet. Der Protokollakt beinhaltete viele Reden und zwischendurch tönte Kagel vom Balkon, (zu) sanfte Trompetenklänge. Ein Haus mit einer bewegten Geschichte ist angekommen im "Jetzt", in der Gegenwart von Sanierungen, Synergien in der Kunst, soll aber trotz frischem Tünch Labor und Vision bleiben. Ein Experiment fürwahr. Kunst ohne Dach und Heizung ist in Hellerau passé. Und damit ändern sich die Darbietungen, die Zuschauer, das Renommée. Leben wird noch einkehren in das neue Haus, vor allem mit der Forsythe-Company. Die zeitgenössische Musik wurde im Eröffnungsakt kaum erwähnt, dabei beginnen in drei Wochen die "Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik" IN Hellerau.

Die Akustik, die Räumlichkeiten bleiben spannend, ich war positiv überrascht, wieviel an Charakter, vom "Herz" des Hauses auch von Architektenseite behalten werden konnte. Auf in die Zukunft also.

Dienstag, 5. September 2006

Solopreciosen und Canzonetten

Hammerflügel-Musik erklingt auf Schloss Batzdorf

Bei den Barockfestspielen auf Schloss Batzdorf gab es in diesem Jahr nicht nur Barockoper und Schauspiel sondern auch wieder Nachmittagskonzerte mit Kleinodien aus alter Zeit. Leider waren diese Veranstaltungen am vergangenen Wochenende nicht gut besucht, vor allem Christoph Hammer spielte sein Soloprogramm für Hammerflügel in sehr familiärer Atmosphäre, was der Spannung aber keinen Abbruch tat, denn das Publikum lauschte konzentriert und wusste die Darbietung zu schätzen. Hammer hatte ein sorgsam ausgewähltes Programm "rund um Mozart" ausgewählt, also innerhalb der Blütezeit des Hammerklaviers. Außerdem hatten sämtliche vorgestellten Komponisten ebenso wie Mozart in diesem Jahr ein rundes Jubiläum, bloß: man kennt sie nicht. Grund genug für Hammer, diese Werke in Wort und Ton vorzustellen. Der kleine Streifzug durch die Geschichte des Hammerflügels begann in Italien bei Giovanni Battista Martini (300. Geburtstag), führte über Michael Haydn (200. Todestag), Joseph Martin Kraus (250. Geburtstag), Carl Cannabich (200. Todestag) hin zu Mozart selbst. Absolut überzeugend, mit wenigen Unreinheiten im Spiel, gelang Hammers Darstellung der z.T. verliebt spätbarocken, z.T. in Manier der Wiener Klassik vereinfachten Klaviersätze. Dass man diese Komponisten vernachlässigt, ist schändlich, weist doch bereits die harmonische Faktur von Carl Cannabich Variationen G-Dur über eine beliebte Opernweise nahezu eine "Mannheimer Wolfsschluchtszene" auf. Kraus' schwedischer Tanz antizipiert dagegen schon das Charakterstück des 19. Jahrhunderts. Bei Mozarts Sonate B-Dur, KV 333 vergaß der Zuhörer fast, dass der Pianist keinen modernen Konzertflügel nutzte, so farbig war die Gestaltung Christoph Hammers, überdies war ein Anton-Walter-Instrument, das als Kopie im Konzert gespielt wurde, im Besitze Mozarts, sodass ein authentischer Eindruck entstand. Am Sonntag erweiterte sich das Programm auf das Liedgenre zwischen Telemann und Beethoven. Sebastian Knebel saß diesmal am Hammerflügel, Britta Schwarz gestaltete die zwischen Empfindsamkeit und Ironie schwankenden Liedtexte mit gut geführter Stimme und deutlichem, manchmal zu ausladendem Ausdruck. Ein Zufall, dass am Sonntag erneut die kleine Mozart-Fantasie d-Moll erklang. Doch was Hammer als emotionsgeladenes Materialdepot zeichnete, vermochte Knebel nicht zu erreichen. Das Buchstabieren der Noten war hier, in den f-Moll-Variationen von Haydn wie auch in vielen Liedern des Konzertes ermüdend und ärgerlich, auch ein trauriger Text wie "The Wanderer" von Haydn muss nicht zum Ertrinken in Langsamkeit führen. Nahezu alle Lieder des Konzertprogramms verblieben an der Unterkante der Tempomöglichkeiten, selbst die bekannte "Abendempfindung" von Mozart erlahmte. So war Zusammenhang schwer herzustellen und die ausführliche Gestaltung von Britta Schwarz war zwar in manchen Liedern adäquat (etwa in der "Einsamkeit" von Telemann), aber auf Dauer eben ohne Höhepunkte oder besondere Schattierungen. Damit wurde man dem klassischen Lied, das in besonderer Weise die Entwicklung zwischen spätem Barock und früher Romantik widergibt, nicht gerecht.

Traum VII

davon ist nicht mehr viel übrig. Ich weiß nur noch, dass ich einer großen WG wohne, bestimmt 6 Zimmer, doch das einzige Zimmer, das für mich übrig bleibt, ist ein großer fensterloser Raum in der Mitte, von dem die anderen Räume abgehen. Das einzige Mobiliar dieses Raumes ist ein großes Doppelbett mit einer ockerfarbenen Tagesdecke.

Sonntag, 3. September 2006

Duplizität der Ereignisse

Drinnen variiert der Hammerflügelspieler gelangweilt Haydn,
draußen klatschen, vom Wind gepeitscht,
die Kinder an die Schlossmauer.

Donnerstag, 31. August 2006

Eduards nordschwäbische Heimeligkeit

Da ich derzeit sehr nahe an Mörikes Pfarrstelle residiere, gibts heute ein Bild und Gedicht zur Nacht. Auch dies ein schöner Schein, aber er tut grad gut.



Um Mitternacht
Gelassen stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand,
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Das uralt alte Schlummerlied,
Sie achtet's nicht, sie ist es müd;
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flücht'gen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Schuhe...

das Thema beschäftigt mich weiterhin. Nein, nicht nur, dass ich zur Laune-Hebung Schuhe kaufe und mich damit wieder ein Stück mehr "metro" mache ;) - sie DRÜCKEN auch noch (wie bei 95% aller bei solchen Frustkäufen erworbenen Schuhe). Jemand ein Geheimrezept dagegen? Frau wird wahrscheinlich sagen: Laufen, ertragen und lächeln. Ächz.

Mittwoch, 30. August 2006

Fall Kampusch

nur ein kurzer Kommentar dazu (beim Steppenhund findet sich bereits eine ähnliche Äußerung, dazu eine beachtliche Diskussion): Ich kann nicht bewerten, was von beidem schlimmer ist, aber das zweite Martyrium der Frau hat in dem Moment begonnen, wo sie frei war - dieses Martyrium wird sie wahrscheinlich bis an ihr Lebensende verfolgen. Die Täter sind diesmal bereits bekannt und vielfältig, sie tragen Mikrofone und moderieren Talkshows, Handlanger der Millionen weiterer Täter vor den Bildschirmen. Ich müßte mir mal wieder Nachrichtenguckverbot verordnen...

was Frustshopping angeht...

...kann ich mit jeder Frau mithalten...

(gefunden bei Sin-Decade)

Dienstag, 29. August 2006

...

Eine schwere, bloglose Zeit momentan. Deswegen heute "nur" zwei Bilder, eines von der Elbe bei Wachwitz von letzter Woche:

Pilze schießen derzeit wegen der Witterung wie verrückt aus dem Boden. Den fotografierten Pilz hielt ich aus der Ferne erst für einen Hydranten, weil er so groß ist - das ist leider auf dem Foto kaum zu erkennen, aber er dürfte etwa einen halben Meter hoch sein, die Oberfläche hat etwa die Größe einer LP. Ich kenne mich leider mit den Gestalten nicht aus, aber vielleicht weiß ja jemand, was für einen Riesenstinkmorchel ich da entdeckt habe...

(Klicken vergrößert)

Montag, 21. August 2006

Mozart "auf leisen Sohlen" extrem spannend musiziert

Kammerorchester Basel unter Paul McCreesh gastierte in der Frauenkirche

Während die Dresdner Musikergarde saisonal bedingten Urlaub genießt, erlebt man an den Konzertorten der Stadt viele sommerliche Gastspiele renommierter Künstler. Kaum ein Dresdner verirrte sich daher am Sonnabend zum Konzert in die Frauenkirche, diese war fest in Touristenhand, und diese Hände bekam der Musikgenießer auch lautstark zu spüren. Die Unart, nach jedem Satz einer Sinfonie, in Liederabenden der Semperoper sogar nach jedem noch so kurzen Lied, in ein Getöse von Beifall auszubrechen, verhagelt den Musikgenuss und ist für Musiker wie für das in Ruhe genießende Restpublikum höchst ärgerlich. Das Häppchenkulturradio bestimmt die Zielrichtung: nicht das ganze Werk zählt, nicht die Atmosphäre des "Nachhörens" nach einem Satz oder Kontraste und Zusammenhang zu begreifen - läßt der Dirigent die Arme sinken, rast das Publikum. Nicht weil es toll war, sondern weil man sich nicht anders zu helfen weiß. So ist hier von einem hochrangigen Konzert zu berichten, bei welchem die Musiker nur zu bewundern waren, die nach jeder Klatschattacke wieder zurück zur Musik gefunden zu haben. Das Kammerorchester Basel unter der Leitung von Paul McCreesh näherte sich einem Mozart-Programm auf sehr kundige, absolut faszinierende Weise. Paul McCreesh hat spätestens mit seiner kürzlich erschienen Aufnahme der c-Moll-Messe von Mozart bewiesen, dass seine fundamentale Erfahrung mit barocker Musik Aufführungen der Wiener Klassik um spezielle Sichtweisen durchaus bereichert. McCreeshs Tempi waren sehr schnell, aber nie überzogen. Ein stetiger Wechsel zwischen konsequent ausgeführter schwerer und leichter Betonung schafft Spannung. Das prägnante, nicht romantisierende Spiel hatte zudem den Effekt, dass Mozart locker und luftig blieb, erstmals hatte ich in der Frauenkirche das Gefühl, dass Musiker sich die schwierige Akustik souverän zu Nutze machten. Der 2. Satz der Sinfonie C-Dur KV 338 etwa war als fein gesponnene Romanze auf äußerst "leisen Sohlen" inszeniert, McCreesh wagte nicht einmal ein mezzoforte, man wurde zum Hinhören gezwungen, das Konzept ging auf. Der französische Geiger Renaud Capucon hatte keinen weiten Weg zur Kirche, denn er ist derzeit als gefeierter Kammermusiker im Moritzburg Festival aktiv. Was er aus Mozarts Violinkonzert G-Dur KV 216 herausholte, war schlicht beeindruckend. Sein leichter, fließender Ton, die Zwiesprache mit dem Orchester, die Themenformung, all dies bildete große Natürlichkeit aus. Dieses zarte Werk verdient keine schwere Emphase, die vitale Spiellaune von Orchester und Solist formte eine formidable Interpretation. Mozarts "Opus Summum" der sinfonischen Gattung, die "Jupiter"-Sinfonie C-Dur, KV 551, bildete den Abschluss des Konzertes. Die drei Tuttischläge zu Beginn zeichnete Paul McCreesh als Einheit und gab so die Zielrichtung vor: das sehr schnelle, niemals forcierte Tempo führte zu größeren Bögen und machte die Architektur der Sinfonie plastisch. Harmonische Übergänge nahm der Dirigent nicht selbstverliebt verlangsamend, sondern selbstverständlich, fast Klausel-ähnlich. Die Wirkung ist immens. Niemals aber vergaß McCreesh dabei das Atmen und Schwingen der Musik und erreichte so einen organischen Fluss. Solch eine in allen Orchestergruppen nachvollzogene Deutung sollte eigentlich in der Mozart-Rezeption mittlerweile Standard sein, läßt sich aber wohl nur in darauf spezialisierten, hochrangigen Ensembles wie dem Kammerorchester Basel realisieren.

Sonntag, 20. August 2006

...

Der gestrige Samstag endete gestern in einem ziemlichen Fiasko. Von der Arbeit kommend, musste ich mich mit dem Rad durch eng aufgestellte Autos einer Autohauspräsentation hangeln, am Arnhold-Bad fuhren irgendwelche Knattermopeds ein "800Minuten-Rennen", vor der Manufaktur polierten einige ältere Herrschaften ihre Oldtimer - "Fest der Mobilität" nannte sich das und ist ebenso sinnlos wie ärgerlich. Später am Abend verhagelten mir hunderte Touristen mit ihrem ständigen Konventionsbeifall nach jedem Satz ein hervorragendes Konzert. Eine anschließende Party ließ ich ausfallen, stattdessen cruiste ich in Richtung Neustadt. Ich hatte verdrängt, dass an dem Abend Roland Kaiser am Elbufer ein Konzert gab, die ganze Brücke war voller Schnodderliederenthusiasten. Mit dem Rad kam ich nur mit Dauerklingeln durch und erntete noch fliegende Handtaschenschläge und gesummte Wortfetzen, die jeweils das Wort "Du", "Sehnsucht" oder "verloren" enthielten. Irgendwann fand ich mich dann an dem Brunnen wieder
und ruhte mich dort aus, während die Sachsen auf der Brücke und am Elbufer ihrem liebsten Samstagabendhobby frönten: Feuerwerk gucken. Nirgendwo sonst auf der Welt habe ich ein Volk erlebt, dass so feuerwerkgeil ist wie die Dresdner, im Sommer nahezu böllert es nahezu jedes Wochenende von der Stadt her. Am Brunnen hatte ich nicht lange Ruhe, irgendwelche Freaks hatten sich in der Grünfläche ihr Schlafsacknachtlager gebaut und turnten dort sowohl alkoholisiert als auch nackt herum. Naja, im Gegensatz zu den RolandKaiserFreaks die sympathischere Variante. Auf dem Rückweg stolperte ich dann noch über dieses Ding:
. Tja, was macht man mit ausrangierten Fifa-WM-Bussen ausgeschiedener Achtelfinalteilnehmer? Erstmal in Dresden abstellen. Und die Aufschrift passte perfekt zu diesem vermaledeiten Samstagabend.
Heute verbrachte ich den Tag damit, darüber nachzudenken, ob mir die einfachen Freuden des Lebens (Mopedrennen, Roland Kaiser, buntes Feuerwerk, nackt und stoned am Albertplatz übernachten, Mozartsinfonien zerklatschen) für immer entwichen sind und ich ein vergrämter alter Mann werde. Ja, ich will.

Dienstag, 15. August 2006

Handwerker

...da wuseln sie auf dem Dachboden an meinem Kabelanschluss herum und versprechen auf dem Blatt im Hausflur nebulös "Verbesserungen" - ob tatsächlich ein Traum wahr wird und die für Dresden Internet über Kabel hinbasteln? Zur Erklärung: in meinem Stadtviertel (wohlgemerkt nicht in der ganzen Stadt) wurde direkt nach der Wende von der Telekom Glasfaser verlegt, weil "tolle Zukunftstechnologie" usw. - Damit sind wir einer der wenigen weißen Flecken in Deutschland, wo DSL unmöglich ist. Seitdem versuchen natürlich Anbieter über Steckdose, Satellit und WLAN um die Gunst der Analog-Opfer zu buhlen, teilweise mit ziemlichen Abzockereien. Immer noch der feinste Hinweis stammt aber aus einem Laden der Magentatruppe, der Verkäufer meinte lakonisch "ziehen sie doch um". Pfff.

Montag, 14. August 2006

Na, Dresden...

...immer noch nicht genug blamiert? War die rote Liste der UNESCO noch nicht Warnzeichen genug für den seit Jahren tobenden Streit um die Waldschlößchenbrücke? Heute erklärte das Regierungspräsidium die letzten Stadtratsentscheide, die vorsichtig Hoffnung gaben, für rechtswidrig, eine Verhöhnung der Unesco und allen, die derzeit eine vernünftige Lösung suchen. Nun ist das Stadt-/Behörden-/Bürgerentscheid-/Lobbyhickhack also so ausgeartet, dass es in JEDEM Fall nur noch peinlich werden kann, bzw. schon ist. Man sollte die Touristen den Frauenkirchenbesuch kürzen und stattdessen zu Freilufttheaterspielen nach Johannstadt schicken: HIER ist der Ort der Lächerlichkeit. Selbst wikipedia hat Probleme, aus der Geschichte einen anständigen Artikel zu machen, google wirft ständig neue Pro- und Contra-Homepages aus, die DNN druckt zweimal wöchentlich meist eine Vollseite mit Leserbriefen, die zwischen hanebüchen und vollbürokratisch alle Nuancen beinhalten.
So macht das Leben hier keinen Spaß. Schlimm genug, dass wir sowieso Tal der Ahnungslosen sind, mehrfach überflutet, mit der Geschichte hadern und einen OB vor Gericht haben. Lasst die Elbwiesen in Ruhe und hört auf, Brücken zu planen, die niemand braucht, am wenigsten die, die meinen, sie am dringendsten zu benötigen.
Und wenn schon nicht der letzte Bürgerentscheid (der PRO ausfiel) für rechtswidrig erklärt wird, dann bitteschön mindestens für gesundheitsschädlich und irrsinnig. Danke.

Traum VI

Diesmal ein Episoden-"Film". Zunächst bin ich bei einer Lyrik-Veranstaltung. In Klassenzimmern werden Gedichte verlesen, allerdings in allen Zimmern gleichzeitig, von verschiedenen Autoren. Ich bin zu spät, ich weiß nicht, ob ich noch lesen soll. Nein, es wird schon gelesen. Seit zwanzig Minuten trägt ein Mann in einem der Zimmer einer kleinen Gruppe Interessierter meine Lyrik vor. Ich betrete das Zimmer, sofort klatschen die Leute, ich verbeuge mich und erkläre ich müßte meinen Flieger bekommen, daher sei mir die Lesung meiner Werke unmöglich. Schnitt. Ich stehe auf einem belebten Markt, ein furchtbares Gewitter zieht auf, es regnet nicht, aber wenn es blitzt, sind die Blitze bis zu 10sec. starr an einer Stelle und man wird geblendet. Ab und zu tauchen Flugzeuge aus den schwarzen Wolken aus und verschwinden wieder. Schnitt. Ich sitze bei einem Arzt, der gibt mir viele kleine Spritzen, dann massiert er mir die Hände. Ich bekomme zwei Ringe für die Finger und eine Art Zahnspange, die aber den ganzen Mundraum ausfüllt. Schnitt. Ich sitze in einem Bus, fahre vor mich hin und merke plötzlich, dass mich Frauen in den vorüberfahrenden Autos und in den Bus einsteigende Frauen ausnahmslos anlächeln und mustern.

Sonntag, 13. August 2006

Politische Landschaft

Wenn ich vor fünf, sechs Jahren den Satz geäußert hätte, dass die CSU einen Einsatz deutscher Soldaten in Nahost ablehnt, die SPD aber "sicher kein Nein für einen Einsatz geben würde", hätte man mich in eine Satiresendung verbannt.

Hotel

Heute habe ich endlich Hotel sehen können, dank eines feinen Programmkinos, welches den Film sogar schon in der 3. Woche zeigte. Ich bin nachhaltig beeindruckt, von Franziska Weisz sowieso, aber auch von dem Film, der so gar nicht in irgendwelche Schemata passen will. Da war die Herrenrunde drei Reihen hinter mir verständlicherweise gelangweilt, weil sie sich nicht auf die Bilder (nein, es sind Tableaus!) und atmosphärischen Spannungen, die die Kameraführung da entfaltete, einließ. Lediglich was Handlung und Drehbuch angeht, stehe ich auch vor einem Scherbenhaufen, aber immerhin einem wohlinszenierten. Zwischen Waldfrau, Oberlippenbärtchenfreund, Hotelzicken und dem stillen Minenspiel von Franziska Weisz entsteht keine Angst, es ist ein Gefühl, das noch eine Stufe darunter liegt, eine weiche Angst, das schale Gefühl, bei dem man die Ursache nicht erklären kann. Sie schaut in die Gänge, in Spiegel, in Bäume, in das leere Foyer, in den knarzenden Lautsprecher im Lift und man weiß, sie ist verloren. Nur einen Grund gibt es nicht, weder das Verschwinden der Vorgängerin noch die merkwürdigen (eben nicht "irren") Verhaltensweisen der Hotelangestellten geben klare Hinweise, die zu wirklichem Horror in letzter Konsequenz führen könnten. Diese Zwischenebene erreicht zu haben, ist die Leistung dieses Films. Da darf auch mal der Schluss völlig in die Hose gehen.

neue CDs

Jetzt gibt es endlich mal wieder ein paar CD-Empfehlungen, lange Zeit war bei den Neuerscheinungen nicht wirklich Tolles dabei, aber nun habe ich einige Dinge zusammen (Details siehe in der Linkliste) Absolut empfehlenswert sind die Klaviertrios von Brahms mit dem Trio Wanderer, die den Spagat zwischen risikoreichem Temperament und intensiver Klanggestaltung bravourös bewältigen. Die neueste Veröffentlichung vom Rias-Kammerchor widmet sich den Chorwerken von Igor Strawinsky. Während "Les Noces" mir fast zu brav daher kommt, ist die Messe in eindrucksvoller meditativer Haltung sehr gelungen. Eine Entdeckung ist die Veröffentlichung der Sinfonien Nr. 6 und 10 des russischen Sinfonikers Nikolaj Miaskovskij. Während ich andere Sinfonien des Komponisten nicht so gehaltvoll finde, sind diese mitreißend komponiert, vor allem die einsätzige sechste hat großes dramatische Potenzial. In der Linkliste erhalten bleibt die 12. Sinfonie von Allan Pettersson, die meiner Ansicht nach beste Aufnahme von Petterssons Musik in den letzten Jahren überhaupt. Wer sich das 50minütige Werk für Chor und Orchester antut, sollte offen sein für eine angreifende Bekenntnismusik, für eine Ohrenwäsche der intensiven Art. Was Eric-Ericson-Chor und das Schwedische Rundfunksinfonieorchester in brillanter Aufnahmequalität (LIVE-Mitschnitt auch noch!) leisten, ist einzigartig.
Zum Schluss noch ein außergewöhnlicher Tipp: Im letzten Jahr spielte Hansjörg Albrecht in einem Konzert in Dresden einen Ausschnitt aus der Götterdämmerung in einer neuen Orgelbearbeitung. Bei Oehms ist nun diese Ring-Bearbeitung auf SACD erschienen. Hörenswert.

Samstag, 12. August 2006

Igelrettung

...nach dem Schwimmen gestern musste ich zu Fuß zur Haltestelle, da mein Rad einen Platten hatte, da sah ich ein schwarzes Bündel über die Straße kullern. Klarer Fall: Igel. Und da nahten auch schon zwei Autos, konnte erst nicht sehen, ob er was abbekommen hat, aber dann lief er nicht weiter und ich bin hin und hab den erstmal von der Straße geholt, da noch mehr Autos in Sicht waren. Er hatte was abbekommen, die Nase war ganz blutig, aber er war ansonsten nicht sichtbar verletzt, krampfte aber ziemlich. Hab dann die "Tierrettung" angerufen, die gibt es bei uns bei der Feuerwehr, die kamen dann auch, konnten aber leider für den Kleinen nichts tun, da Igel = Wildtier: "das repariert kein Tierarzt". Sie haben ihn trotzdem mitgenommen und mir versprochen, ihn wenigstens im Wald abzulegen, damit er dort seinen Frieden bekommt. Traurig, dass ich nicht mehr für ihn tun konnte.

Mittwoch, 9. August 2006

Volver

Ach, ich kann gar nichts Vernünftiges schreiben über diesen Film (die Rezension in der Zeit, siehe Link, fasst meinen Eindruck jedenfalls ganz gut zusammen...). Es ist Almodóvar, ein guter, ein ehrlicher Film, der ernste Themen, leise Komik, die aber nie "lustig" ist und durch Regie und Kameraführung überzeugt. Und dann sind es immer wieder diese Details, die mich beeindrucken, z.B. der Oleander im Hof von Tante Paulas Haus, der zu Beginn zartlila strahlt, später, wenn sich die Frauen dort wieder treffen, verblüht ist. Ok, ewige Kritiker mögen entgegnen: die übliche Masche, der Regisseur arbeitet seine eigenen Probs auf usw. - erstens machen das aber fast alle durch Kunst, zweitens gelingen manchen Künstlern so intensive Bilder und Aussagen, dass man sich einfach nur still bedanken möchte. Wer von diesem Film nicht an irgendeinem Zipfel seiner Emotionen gepackt wird, der ähm...ja, soll eben mit Fluch der Karibik 2 glücklich werden. (Dieser Hinweis gilt insbesondere den Mädels aus der 8. Reihe gestern, die Almodóvar mit ner pubertären Giggelkomödie verwechselten). "Volver", der insbesondere zur Beschäftigung mit der eigenen Geschichte, mit den jedem innewohnenden Fragen nach Herkunft, Werden und Sein einlädt, ist feines, großes Kino. Und fast schon unauffällig kommt die schauspielerische Leistung von Penélope Cruz, Carmen Maura und Lola Duenas daher, das macht den Film endgültig zum Genuss. Und bitte OF oder OmU gucken :)


(Quelle)

Konzert ohne Grenzen

Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien gastiert in der Kreuzkirche

Sechs Jahre gibt es sie schon, die Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien, welche Musiker aus Deutschland und Polen vereint und jedes Jahr im Sommer ein Konzertprojekt mit Konzerten diesseits und jenseits der Grenze veranstaltet. Regelmäßig führt dabei der Weg auch nach Dresden, diesmal war es das Abschlusskonzert der einwöchigen Tournee. In der konzertarmen Sommerzeit ist das Konzertpublikum erfreut über solch ein Gastspiel, so war die Kreuzkirche recht gut gefüllt. Die schwierige Akustik der Kirche war ein wenig problematisch für die Musiker, die dynamische Balance war nicht immer gegeben. Das Programm war in diesem Jahr von nicht so hohem Anspruch, wie man es bisher von diesem jungen, temperamentvollen Orchester kennt. Zeitgenössisches war diesmal gar nicht vertreten, ich weigere mich, die belanglose Suite "Colas Breugnon" von Tadeusz Baird als solche anzuerkennen. Die höchstens als Bühnenmusik tauglichen barockartigen Stilversatzstücke machten auf dem Konzertpodium keine gute Figur, obwohl Katarzyna Jablonska (Flöte) ihre wenigen solistischen Parts gut spielte. Der herausragende Erfolg von Wojciech Kilars Werk im letzten Jahr bewies jedoch, dass gerade jugendliche Musiker zu zeitgenössischer Musik einen unverkrampften, lebendigen Zugang haben, insofern hätte man sicher ein anspruchsvolleres Werk wählen können. Auch die anderen Werke des Abends stellten für die Musiker keine wirklichen Herausforderungen dar, denn mann muss konstatieren, dass im Orchester ein hervorragendes Niveau vorherrscht, die Streicher klingen sehr ausgewogen und die Werke waren gut einstudiert. Jan Jakub Bokun am Pult führte zunächst durch die ausgelassene "Festliche Ouvertüre", Opus 96 von Dmitri Schostakowitsch. In Mozarts Sinfonia Concertante Es-Dur KV 297b waren einige Male Temposchwankungen zu hören, Bokun hätte außerdem in diesem Raum prägnanteres Spiel fordern können. Die Solisten Karolina Kownacka (Oboe), Mateusz Maszynski (Klarinette), Urszula Moc (Fagott) und Maciej Baranowski (Horn) begingen mit diesem Werk sozusagen ihren Abschied von dem Orchester und stellten ihre musikalischen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis; da war die Solokadenz des 1. Satzes ebenso eine Freude wie der vital musizierte 3. Satz. Eine Zusammenstellung aus der "L'Arlesienne-Suite" von Georges Bizet bildete den Abschluss des Konzertes, hier überzeugte vor allem das warm timbrierte "Adagietto". Herauszuheben gilt, dass sich hier länderübergreifend in jedem Sommer junge Musiker für mehrere große Konzerte zusammenfinden, diese glückliche Verbindung jenseits aller Grenzen gilt es unbedingt aufrechtzuerhalten.

Unter dem Brennglas

Haydn, Mendelssohn und Mozart mit dem Minguet-Quartett

Vier Instrumente, vier Stimmen. Eigentlich eine überschaubare Sache. Doch es ist höchste Kompositionskunst, ein Streichquartett zu schreiben und was da nur scheinbar so leicht über die Bühnenrampe kommt, ist auch für Interpreten stets eine immense Herausforderung. In der Reihe "Musik an den Höfen des Meißnischen Landadels" gastierte im vollbesetzten Saal von Schloss Proschwitz bei Meißen das Minguet-Quartett (Köln/Düsseldorf). Der Applaus am Ende schien mir fast zu höflich, wusste man denn im Meißner Lande überhaupt, wen man vor sich hatte? Das Minguet-Quartett (Ulrich Isfort und Annette Reisinger, Violine; Irene Schwalb, Viola; Matthias Diener, Cello) hat sich in den letzten Jahren zu einem der führenden Streichquartette in Deutschland gemausert, stil- und programmsicher hat dieses Quartett vor allem eines: eine hohe Spielkultur und einen starken, wiedererkennbaren Charakter. Souverän erarbeitet und dennoch mit dem Mut zum Konzertrisiko waren die Interpretationen: der "Vater" des Streichquartetts, Joseph Haydn, wurde hier nicht wie oft als Einspielstück missbraucht sondern gleich wie unter einem Brennglas durchleuchtet, in feingesponnene Fäden zerlegt und wieder zu großem Zusammenhang gefügt. Schade, dass zeitgenössische Musik bei diesem Konzert nicht gefragt war, denn diese ist eines der Hauptbetätigungsfelder des seit 1997 in dieser Besetzung spielenden Quartetts - derzeit etwa spielen die Musiker alle zwölf Streichquartette von Wolfgang Rihm ein. Und doch war der "zeitgenössische Zugang" selbst in Mendelssohn-Bartholdys 2. Streichquartett a-Moll deutlich zu hören: die Akustik optimal ausnutzend wurde die Dramaturgie stimmig angelegt, die phänomenalen Satzschlüsse etwa und das kommunikative Zuwerfen der musikalischen Bälle waren stets spannungsgeladen. Ganz selten einmal gerieten vorwärtsstürmende Passagen in gefährliches Terrain, doch die nächste bei allen vier Spielern optimal unter Kontrolle gehaltene Passage machte das mehr als wett. So formt sich aus Sätzen und Werken ein großes Klangbild, das dem Hörer weitaus mehr erklärt als eine verbale Partituranalyse dies leisten könnte. Das erste der so genannten "Haydn-Quartette" von Mozart, G-Dur KV 387, stand am Schluss des Programms, die Interpretation jedoch schlug besonders im kernigen Andante cantabile fast einen Bogen zu Beethoven. Wer Mozart als "verspielt" verkennt, sollte dessen Streichquartette hören, und dies am besten mit dem Minguet-Quartett. Mit der "Canzone" von Erwin Schulhoff als Zugabe in den Abend entlassen, war man um mindestens eine Weisheit reicher: auf dem Lande spielt die Musik, und dies hochklassig.

Montag, 7. August 2006

ich mach mich mal unbeliebt...

aber ich kann mit YouTube vollgemüllte Blogs nicht mehr ertragen. Und ich glaube, daran würde sich nix ändern, wenn ich einen schnelleren Inetzugang hätte ;)

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