Moritzburg - der Name steht nicht nur für das berühmte Jagdschloss, sondern auch seit nunmeh 17 Jahren für hochkarätige Kammermusik. Das gleichnamige Festival strahlt in die Welt hinaus: "on tour" begeben sich die Musiker eines jeden Jahrgangs ebenso wie das Festivalorchester, und so kommen auch die Dresdner (wenngleich Moritzburg nur den berühmten "Katzensprung" entfernt liegt) regelmäßig in den Genuss erlesener Kammermusikkonzerte. Jan Vogler, spiritus und musicus rector des Festivals hatte am Donnerstag in seine Reihe "Meisterkonzerte" auf Schloss Albrechtsberg eingeladen und ein illustres Streichquintett fand sich zusammen. Während der Geiger Linus Roth bereits ein international erfolgreiches Solistenleben bestreitet, ist die junge Geigerin Friederike Starkloff noch ein neuer "Stern" am Streicherhimmel: 2008 gewann die 18jährige den Hauptpreis des Internationalen Wettbewerbes "Violine in Dresden", am 3. Juni 2009 wird sie bei den Dresdner Musikfestspielen gastieren. Starkloff und Roth teilten sich den Sitz des Primarius in den beiden Hauptwerken des Abends. Zu Beginn gab es das kurze, allseits bekannte "Adagio" von Samuel Barber zu hören - ein mutiger Auftakt, denn die starke Emotion dieses Werkes will am Beginn eines Konzertes gut gestaltet sein. Das gelang den Musikern mit feinem Sinn für die Dynamik und ohne dem Werk allzu pathetischen Gestus zu verleihen. Felix Mendelssohn-Bartholdys 1. Streichquintett A-Dur kam dann frisch und frech daher - eben gerade so, wie ein junges Komponistengenie ein Streichquintett verfasst: hier grüßt Bach, dort die Verneigung vor Haydn und in vielen kleinen Genieblitzen lugt der "echte" Mendelssohn hervor. Diese jugendliche Meisterschaft wusste das Quintett - zu Starkloff und Roth gesellten sich Benjamin Rivinius und Naoko Shimizu (Viola) sowie Jan Vogler am Cello - mit großer Einfühlsamkeit zu gestalten. Oftmals hatte man den Eindruck einem lange etablierten Ensemble zuzuhören, so stark wehte der kammermusikalische Geist durch das gemeinsame Spiel. Besonders gut gelang das "wie am Schnürchen" aufgereihte Scherzo und der weitverzweigte Kopfsatz. Eine Erinnerung an das letztjährige Festival in Moritzburg gab es auch nach der Pause: "Four for Tango" von Astor Piazzolla trat den Beweis an, dass argentinischer Rhythmus auch unter den Lüstern in Albrechtsberg bestehen kann - das sinnliche Temperament des Werkes erfassten die Musiker souverän. Abschließend gab es als Sahnehäubchen des Konzertes das Streichquintett C-Dur KV 515 von Wolfgang Amadeus Mozart. Inspiriert durch das gerade verklungene Piazzolla-Stück gelang dem Quintett hier eine von Präzision und Spielfreude komplett durchdrungene Interpretation, wobei der intensive Dialog von Roth und Shimizu im Andante besonders hervorgehoben sei. Kammermusik zum Genießen.
Multipercussionist Martin Grubinger gastiert im 6. Zykluskonzert
Spätromantisch satter Orchesterklang in möglichst spektakulärer Besetzung füllt zumeist die Konzerthäuser problemlos. Das Programm ist meist ähnlich: Die Moderne an den Anfang verbannt, das Solistenkonzert virtuos, die Sinfonie bekannt und beliebt. Mit Einladung des Dirigenten Dennis Russell Davies (dessen Einspielung der 9. Sinfonie von Alfred Schnittke mit der Dresdner Philharmonie übrigens gerade erschienen ist) und des Multipercussionisten Martin Grubinger zum 6. Zyklus-Konzert der Dresdner Philharmonie lösten sich derartige Nicht-Dramaturgien in Luft auf, denn Davies umklammerte mit zwei gar nicht zum "Reißer" bestimmten sinfonischen Werken ein Schlagzeugkonzert, das ebenfalls weit entfernt vom in diesem Genre üblichen phonstarken Ausreizen des Instrumentenarsenals (in Musikerkreisen gerne "Schießbude" genannt) lag. Die sinfonische Außenklammer war schon aufgrund der Nachbarschaft der Werke spannend: auf dem Höhepunkt seines Schaffens befand sich Joseph Haydn zur Zeit der Komposition seiner zwölf "Londoner Sinfonien", wovon die 102. Sinfonie B-Dur ein recht gefälliges, zuweilen heiteres Exemplar darstellt. Anders Ludwig van Beethoven, dessen sinfonisches Schaffen um 1800 die ersten, vorsichtigen Schritte in Richtung Neuland wagte. Die 2. Sinfonie D-Dur atmet noch stark den Hauch der klassischen Väter. Es war aufregend, Gemeinsames und Divergierendes von Temperament und Stil der beiden Komponisten hörend zu erleben. Dafür hatte Davies die Dresdner Philharmonie gut vorbereitet. Frisch und deutlich war der Beethoven-Klang, überraschend unspektakulär formte Davies beispielsweise die langsame Einleitung zum 1. Satz. Immer wieder fiel im Verlaufe der Sinfonie die sorgfältige Behandlung der Vorhalte, instrumentaler Besonderheiten und der Binnendynamik positiv auf. Diese mit Leichtigkeit vorgetragene Intensität überzeugte: Davies schaffte mit knapper Zeichengebung und fließend-flinken, aber nie grenzüberschreitenden Tempi eine tolle Darstellung der Sinfonie, bei der jeglicher legitimer Deutungswille im Einklang mit der Partitur stand. Die überzeugende Wirkung stellte sich am Ende des Konzertes in der Haydn-Sinfonie nicht mehr in gleicher Weise ein. Möglich, dass den Philharmonikern der etwas "schwerere" Beethoven-Klang mehr liegt als Haydns hier fast wie auf Zehenspitzen formulierte Sinfonik. Aber diesem sinfonischen Bonmot am Ende war auch ein sensationelles Erlebnis vorausgegangen, dem schwerlich noch etwas folgen konnte. Der junge österreichische Schlagzeuger Martin Grubinger, derzeit "Artist in Residence" im Gewandhaus Leipzig, gastierte mit einem Schlagzeugkonzert des Norwegers Rolf Wallin. Dessen zum Mozart-Jahr 2006 entstandene, "Das war schön!" betitelte Betrachtung von Vogelstimmen und Mozart-Aspekten machte durchaus Spaß, denn Wallin verband die fünf Sätze zu einem atmosphärischen Gesamtwerk, bei dem das Schlagzeug völlig im Vordergrund steht und auf extreme Klangwirkungen bei völliger Reduktion der Instrumente (Vibraphon, Marimba, Crotales) setzt. Martin Grubinger bewältigte das komplexe Werk mit einer nur irre zu nennenden Sensibilität. Am Ende des 2. Satzes entstiegen seiner Marimba nach einem schier endlosen Decrescendo feine Klangnebel, bis die Schlägel schließlich auf dem Instrument vollends ruhten. Virtuos und immer auf den musikalischen Atem gesetzt waren die Ecksätze; die Philharmonie beteiligte sich konzentriert am zumeist impressionistisch anmutenden Klangspiel. Dennoch führte die Essenz dieser Messiaen-Mozart-Spielerei nicht in wirklich intensiv zu nennende Regionen: Pulsationen und Klangwolken bleiben als anmutig-schönes Klangerlebnis im Raum stehen. Die getrommelte Zugabe Grubingers löste dann wahre Beifallsstürme aus - was der Schlagzeuger da an Virtuosität, Artistik und Spielfreude aufbot (weder Auge noch Ohr konnte diesem irrwitzigen Tempo folgen), machte sprachlos und glücklich zugleich.
Soll mal einer sagen, im Ruhrpott gäbe es nur Industrie und Mobilität:
Wenn man beim VRR eine Verbindung mit der Linie 339 heraussucht, erscheint folgende Meldung:
Krötenwanderung im Lottental
Aufgrund der alljährlich stattfindenden Krötenwanderung im Lottental fährt die Linie 339 ab Montag den 02.März bis voraussichtlich Sonntag den 12.April, täglich in der Zeit von 18:00 Uhr bis 05:45 Uhr, eine Umleitung. Es entfallen die (H) Botanischer Garten, (H) Haupteingang Botanischer Garten, (H) Stiepeler Bach und (H) Grimbergstr., die (H) Im Lottental wird zur gleichnamigen (H) der Linie 356 verlegt.
Die beschriebenen Änderungen sind in der elektronischen Fahrplanauskunft (EFA) nicht berücksichtigt.
Ludovic Morlot debütiert im 2. Aufführungsabend der Semperoper
Innerhalb der jungen, aufstrebenden Dirigentengeneration gibt es auf aller Welt viele spannende Namen, die man sich merken sollte. Sicherlich erregen solche am meisten Aufmerksamkeit, die ein Orchester und ein Saal sogleich zum Beben bringen. Doch nicht immer siegt die große Pose am Dirigentenpult, denn Konzertbesucher sind Experten und hören sehr genau, welche Interpretationen ein tiefgründiges, reifes Format haben oder ob die Beethoven-Sinfonie lediglich aus dem Ärmel geschüttelt wird. In den Aufführungsabenden der Sächsischen Staatskapelle debütieren regelmäßig junge Dirigenten und nicht selten kehren diese zu Opern- und Konzertaufführungen der Semperoper zurück. Das besondere Glück, die Kapelle dirigieren zu dürfen, bringt daher meist aufregende Interpretationen hervor. Im Programm des 35jähringen, aus Frankreich stammenden Gastes Ludovic Morlot gab es allerdings kein einziges "Reißer"-Stück, das quasi von selbst funktionieren würde. Diese grundsätzliche Entscheidung für die kleinen, zuwendungsbedürftigen Stücke im Konzertrepertoire ließ schon aufhorchen. Da waren zu Beginn Antonín Dvoráks "Legenden" geboten; drei kleine Piècen, die keinesfalls den Schmiss der Slawischen Tänze erreichen, aber eben beim Hinhören lyrische (und vor allem deutlich böhmische) Schönheiten offenbaren. Die Kapelle hatte mit Morlot keinerlei Probleme, den lyrischen Fluss plastisch zu erzeugen und damit ein besonderes Kleinod zu schaffen. Der Solofagottist der Kapelle, Erik Reike, sorgte dann für einen besonderen Höhepunkt. Dass der Finne Bernhard Crusell, ein Zeitgenosse von Weber und Schubert, sein ausgewachsenes Fagottkonzert lediglich "Concertino" betitelt, ist angesichts der halsbrecherischen Passagen in allen drei Sätzen arg untertrieben. So erntete Reike mit sattem Ton, sportlich-souveräner Technik und nur "cool" zu nennender gestalterischer Übersicht nicht nur den großen Applaus des Publikums, sondern auch einen Blumengruß der Fagott-Kollegen. Morlot am Pult schaffte es indes, auch die besonderen Feinheiten des Orchesterparts gut herauszuarbeiten. Nach der Pause ging es französisch weiter und Morlot fühlte sich in der Welt der Impressionisten mit immer lockerem, freundlichen Dirigat durchaus "zu Hause" angekommen. Ravels bekannte "Pavane pour une infante défunte" nahm er recht flüssig, aber stets gelassen. Eine fantastische musikalische Reise gelang ihm dann mit Claude Debussys Ballettmusik für Kinder "Die Spielzeugschachtel". Vergeblich suchte man die Tänzer aus dem imaginären Stummfilm, der vor dem geistigen Auge ablief. Bildhaft formte Morlot mit der Kapelle die einzelnen Begegnungen von Holzsoldaten und Hampelmännern. Die in kleiner Besetzung angetretene Staatskapelle musizierte hinreißend mit einer nuancenreichen Piano-Kultur und viel Gespür fürs Gemeinsame. Ludovic Morlot überraschte in diesem Konzert nicht nur mit Entdeckerqualitäten, sondern vor allem mit Sinn für natürlichen Melodiefluss und einer hervorragend herausgearbeiteten Klangkultur.
Da ich Verrückter ja nun wieder laufen gehe und mich zwecks Hinterntritt auch gleich zu zwei Stadt-Läufen angemeldet habe, brauche ich endlich musikalische Untermalung an der Elbe und bin nach einem Besuch beim Elektronikkaufhaus meines Vertrauens (würg) etwas unsicher. Ich liebäugel ja mit dem Sony 436, weil der einen Riesen-Akku hat und mp4 unterstützt. Den 438 find ich ja bißchen teuer, und ehrlich gesagt: braucht man wirklich 8GB? Ich will ja weder Videos beim Joggen angucken, noch die Festplatteninhalte meiner Freunde draufladen.
Jemand noch einen Tipp? Tut's auch ein Noname oder gar mein olles K800i?
Wenn es einen Text gibt, der überhaupt des Schneeball-Systems oder der Spam-Mail würdig ist, damit bitteschön ALLE ihn lesen, dann ist dies das akustische Manifest, welches die Kulturhauptstadt Linz in einigen international bedeutenden Zeitungen veröffentlicht hat. Wider die akustische Verdreckung der Welt! Das unterstütze ich gerne. Hören ist Leben.
Da bisher nicht veröffentlicht, erscheint mein Leserbrief an die DNN eben hier. Der Originalartikel aus der DNN vom 17.2.2009, "Veranstalter laufen Sturm gegen Umbau des Kulturpalastes" ist leider im Netz nicht verfügbar, da der Online-Auftritt der DNN ohne Kultur auskommt. (Das wäre eigentlich gleich den nächsten Leserbrief wert...). Im Ursprungsartikel plädiert Popmusikkonzert-Veranstalter Bernd Aust jedenfalls für gar keinen Umbau, denn man könne ja den Saal mittels elektronischer Soundsysteme für die unterschiedlichen Anforderungen ausstatten. Brahms mit Verstärker also.
Strikte Trennung
Völlig einleuchtend sind die verschiedenen Positionen und Ansprüche der Veranstalter in diesem Thema. Schwierig wird es allerdings, wenn sich der eine in des anderen Metier einmischt: Ich höre Orchestermusiker und Zuhörer in aller Welt schallend lachen, wenn ich diesen Herrn Austs Vorschlag von "Soundsystemen" vorstellen würde. Für möglicherweise noch verfremdete Konserve (danke, CDs höre ich zu Hause) zahlt niemand ein Konzertticket, und kein Orchester der Welt würde eine Brahms-Probe in einem Konzertsaal mit einem enervierenden Soundcheck beginnen. In der Welt der Klassik gelten eben andere Ansprüche der Zuhörer. Das "Entertainment" fängt hier eben erst an, wenn ich ein Orchester pur und in der direkten, technikfreien Übertragung der Leidenschaft der Musiker empfangen kann.
Die Aussage von Aust weist aber dankenswerterweise auf genau eine Lösungsmöglichkeit hin: Dresden braucht die strikte Trennung von Unterhaltungsmusik (Stadthalle/Kulturpalast) und klassischen Konzerten (neues Konzerthaus). Wenn der Kulturpalast nun zum Philharmonie-Liebling umgebaut wird, ist dies auch keine Lösung, weil diese sowohl die Stadthallen-Ansprüche ignoriert als auch nach außen hin als ein Kompromiss aus zweiter Reihe wirkt, der in keinster Weise einer Kulturstadt gerecht wird. Ich darf an GMD Fabio Luisis in der DNN vor Jahresfrist veröffentlichten Standpunkt erinnern und schließe mich an: "Qualität wird durch die erfolgreiche Suche nach dem Besten definiert." Dresden darf sich in diesem Thema eben keinen kleinsten gemeinsamen Nenner, keinen Kompromiss leisten. Wenn sich die Stadt nicht nach der Brückenblamage erneut der Lächerlichkeit preisgeben will, kann es nur einen Weg geben: ein neues Konzerthaus für klassische Konzerte muss gebaut werden, und zwar das Beste und Schönste. Dann können Aust&Co. nach Herzenslust im stadthallenartig erhaltenen und genau für diese Belange (hier läge auch finanzielles Sparpotenzial) verbesserten Kulturpalast die Massen begeistern. Wir Klassikliebhaber werden im neuen Konzerthaus Gastspiele weltberühmter Orchester sowie Konzerte der beiden Dresdner Klangkörper genießen, und zwar ohne Verstärkung, ganz hautnah und in einem Raum, der für klassische Musik aus Tradition und Gegenwart heutzutage nicht nur geeignet ist, sondern eben "Qualität", "das Beste" ausstrahlt. Das ist kein Luxus, sondern muss bei einer Stadt, die sich selbst als "Beste" darstellen will, oberste Priorität haben. Rätselhaft ist mir, warum sich die Philharmonie sich nicht vom Kulturpalast verabschiedet zugunsten einer Haltung, die ALLE Ansprüche, Musiker und Genres in Dresden berücksichtigt - etliche Ensembles der Stadt gastieren in zu kalten Kirchen oder muffigen Konferenzräumen. Und mal ganz abgesehen von der ach so schönen Innenakustik: Ein modernes Konzerthaus sollte auch von außen architektonisch das widerspiegeln, was innen stattfindet, dies wird im Kulturpalast niemals gelingen.
Das beste Konzerthaus und die beste Stadthalle, das wäre die konsequente Lösung, die diese Stadt braucht. So würde sich Dresden qualitativ endlich in die Reihe bedeutender Kulturstädte Europas einreihen und seine kulturelle Zukunft sichern. Dafür warte ich auch gerne noch zehn Jahre, bis die Finanzierung steht. Aber bitte keine Kompromisse mehr, weder für die eine Seite noch für die andere.
Editorische Großtat des Jahres 2009? Ich glaube schon. Und wer Langgaard noch nicht kennt, sollte sich ganz schnell mit dieser verwirrend-mitreißenden Musik vertraut machen.
EDIT: Nun bin ich durch einen Teil der SInfonien durch, einige kannte ich ja bereits, allerdings von den älteren Järvi-Aufnahmen her. Der Klang des Danish National Symphony Orchestra ist klar und fast immer homogen, einige Male könnten aber mit Dausgaard noch etwas mehr die Pferde durchgehen. Das ist gar nicht so sehr auf das Tempo gemünzt wie auf die Intensität der Interpretation. Mancher sinfonische Satz von Langgaard ist nämlich zunächst ein orchestrales Wollknäuel, unanensehnlich und bis zur Unkenntlichkeit verknotet. Da gilt es zu entwirren und den innewohnenden Glanz herauszuarbeiten. Besonders gut gelingt dies Dausgaard in den eher "kurzatmigen" Sinfonien, die wie kleine Novellen daherkommen. Spannend sind auch die Entdeckungen der zum Teil als Weltpremiere veröffentlichten Orchesterstücke, die sozusagen als Bonus zu den Sinfonien enthalten sind. Ein Manko der tollen Box bleibt: Wenn das Booklet nicht viel mehr zu erzählen weiß, als dass einige Sinfonien kurz, andere lang sind, manche modern und manche eben traditionell, dann ist das bitter zu lesen. Über den Entstehungshintergrund der einzelnen Werke erfährt man ebensowenig wie über Struktur, Besonderheiten oder programmatischen Inhalt. Allein zum letztgenannten Aspekt würde Langgaards oft von Visionen geschüttelte Persönlichkeit einen fünfmal so umfangreichen Booklet-Text erforderlich machen, den ich hier schmerzlich vermisse. Ansonsten eine tolle Gesamteinspielung, die der Musik dieses Komponisten sicherlich zu neuer, dringend notwendiger Aufmerksamkeit verhelfen wird.
(Nachtrag)
Ich habe eine Prüfung zu schreiben. Ich erhalte zwei Blätter mit Fragen und zwei "Für Sie"-Zeitschriften, die ich zur Erarbeitung der Lösungen brauche. Die Fragen sind zum Teil Wissensfragen, zum Teil persönliche Fragen, bei denen ich etwas erzählen soll. Zur Prüfung bin ich nicht in der Schule, sondern (switch) in einem Vorgarten eines kleinen hübschen Hauses, dort sitze ich auf einer Bank unter einem Vordach, betrachte die Idylle und die Blumen und bemerke, dass ich mich in Frankreich befinde, alle Passanten sprechen französisch. Ich mache mich an die Arbeit und löse die Aufgaben, stelle aber fest, dass ich viel zu knapp dran bin. Da ich um sechs abgeben soll, beschließe ich die Blätter zu faxen und reise diesen (switch) selbst hinterher, zurück in die Schule. Frau R. nimmt die Blätter entgegen, es scheint alles richtig zu sein, beruhigtes Ende.
5. Philharmonisches Konzert mit Bernstein und Schostakowitsch zum 13. Februar
Es ist Tradition in Dresden, dass zum Gedenktag am 13. Februar die Erinnerung und das Totengedenken nicht nur verbal, sondern auch musikalisch bekundet wird. Der 13. Februar hat über seine historische Bedeutung hinaus in der Stadt bereits eine Rezeptionsgeschichte des Erinnerns, die sich vom intimen, persönlichen Gedenken bereits zu einem humanistischen Akt erweitert hat, der nicht nur Vergangenes einbezieht, sondern bewusstes Gestalten der Gegenwart manifestiert: Dieser Wahnsinn darf niemals wiederkehren. Insofern war das 5. Philharmonische Konzert der Dresdner Philharmonie am Gedenktag der Stadt ein wachrüttelndes Ermahnen, Reflektieren, gar Schreien und Stampfen für einen humanistischen Gedanken, für einen gelebten Glauben, der weder ethnische noch musikalische Grenzen kennt. Die Dramaturgie des Konzertes war überzeugend, zwischen zwei Werken von Leonard Bernstein war die Kammersinfonie nach dem 8. Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch platziert. Das Stück zählt zu den eindrucksvollsten Trauermusiken des 20. Jahrhunderts und hat überdies einen direkten Dresden-Bezug: Schostakowitsch schrieb das Quartett unter dem Eindruck seines Besuchs in Dresden im Jahr 1960. Der Komponist widmete es "den Opfern des Faschismus und des Krieges" und verarbeitete in dem Werk sowohl die Eindrücke des zerstörten Dresdens als auch rückblickend die eigene, schmerzliche Vita - viele Selbstzitate weisen auf diese Reflektion hin.
Die Dresdner Philharmonie und der japanische Gastdirigent Yutaka Sado gestalteten das Stück höchst eindringlich. Sado lag hier auf einer Wellenlänge mit dem Orchester und schaffte es, dass die Intensität durch einen nahezu "sprechenden" Tempofluss stets hochgehalten war und die wenigen forte-Attacken wie Nadelstiche wirkten. Zuvor machte die Philharmonie die Zuhörer mit den drei Meditationen aus "Mass" von Leonard Bernstein bekannt. Mit einem wunderbar ruhig angelegten Legato-Ton konnte Solist Ulf Prelle hier eine große Klangrede formen, die das Orchester etwas uneinheitlich beantwortete - zu neu und ungewohnt war wohl diese Partitur, die aber auch losgelöst von der "Messe" nur teilweise in den Bann zu ziehen vermag. Mit der 3. Sinfonie "Kaddish" von Bernstein gelang dann nach der Pause das Kunststück eines universell gemeinten und gleichzeitig persönlich formulierten Glaubensbekenntnisses. Die eigenen Unzufriedenheit Bernsteins mit dem Werk - man möchte es eine "kreative Unruhe" nennen - zeigt ja gerade die dauerhafte, lebendige Auseinandersetzung eines Menschen mit Überzeugungen, Glauben und Gott. Das vermutlich aufgrund seiner extremen Anforderungen viel zu selten aufgeführte Stück beeindruckt als einzige große Anrufung, als Glaubensvision und Verarbeitung von Schrecken und Lebenskampf. Der Bernstein-Schüler Yutaka Sado dürfte einer der besten Kenner des Stückes sein und formte (übrigens bereits zum zweiten Mal in Dresden) eine oft laut herausbrechende, emotionsreiche Interpretation, die aber souverän und kontrolliert wirkte. Dass es für die zahlreichen sensiblen Schichten des Werkes akustisch besserer Bedingungen bedarf, ist müßig zu erwähnen. Steffen Schubert (Ernst-Senff-Chor Berlin) und Jürgen Becker (Philharmonischer Kinderchor Dresden) hatten ganze Arbeit an der schwierigen Partitur geleistet. Annette Jahns traf in der Gestaltung der umfangreichen Sprecherrolle in überzeugender Weise genau den sensiblen Bereich, der zwischen persönlichem Bekenntnis und literarischem Ich steht und konnte so die Botschaften des Stückes transportieren. Die Sopranistin Kelly Nassief war für die erkrankte Jutta Koch eingesprungen, trotz ihrer Vertrautheit mit dem Werk konnte ihre die stimmliche Darstellung nicht überzeugen. Angesichts des äußerst hohen Anspruches des Philharmonie-Konzertprogramms zum 13. Februar verwandelte sich das Gedenken unversehens zum Nachdenken über niemals veraltende zentrale Fragen des Lebens. Kann ein Konzert mehr leisten?
Draußen vor dem Ladenfenster herrscht Ausnahmezustand. Ich frage schon nicht mehr nach dem Sinn dieses "Gedenkens", zu viele Organisationen, Parteien, Institutionen missbrauchen dieses Wort in der Stadt. Gedenken hat mit Stille zu tun. Und in Essen oder Dortmund gedenkt auch niemand, jedenfalls nicht so wie hier, weder mit "traditionellem Verdi-Requiem" noch mit permanenter Hubschrauberbelästigung aus der Luft. In der Stadt ist sowieso heute keiner, der nicht irgendwas mit den Demos zu tun hat. Ruhiges Arbeiten also. Während draußen Polizeihorden aus Schwerin, Bamberg, Leipzig, Hannover, Hamburg, sonstwoher Räuber und Gendarm spielen und mehr Benzin durch hin- und herfahren verbrauchen, als alle Dresdner an einem Adventseinkaufssamstag zusammen, fällt mir auf, dass zwischen den Truppen immer mal wieder ein kleiner LKW der Stadtreinigung herumgurkt, mit gelbem Signallicht, als wolle er sagen "guck mal, ich kann auch toll blinken und sinnlos rumfahren" - vielleicht ist er doch nicht ganz sinnlos, mit dem Aufsammeln von braunem Müll hätte er ja gut was zu tun...
XXVI: ich gebe einen Klavierabend, von H. kommentiert, lauter unbequem-unbekannte Stücke aus den 20er-Jahren.
XXVII: ein Chorkonzert steht an, ich bin zu spät aufgestanden, das Anziehen, Herrichten, Notensuchen dauert viel zu lange, die Zeit drängt, da klingelt es, ein älterer Herr wünscht sich in meiner Bibliothek umzusehen und Bücher zu erwerben, ich komplimentiere ihn hinaus. Endlich draußen auf dem Rad hetzend (mein Glück wird ein Orgelstück sein, das vor dem Chorauftritt platziert ist), gerate ich mitten in zwei Demonstrationszüge und muss mich durch die Massen kämpfen.
XXVIII: M gestorben. Grauenhaft.
Aus unbestätigten Quellen wird vermeldet, dass auch Papst Benedikt XVI bei Rücktrittsminister Ministerpräsident Seehofer seinen Rücktritt eingereicht hat. Die Gründe sind offenbar dieselben wie bei Michael Glos: er sei zu alt für den Job. Während Kanzlerin Merkel das Rücktrittsgesuch bereits begrüßte, wird Seehofer vermutlich ablehnen. Ob bei Seehofer auch schon ein Schreiben vom wundersamen Heilbischof Wagner eingegangen sei, ist derzeit unbekannt.
Ach, lasst ihn doch ziehen, den Michael. Oder hat jemand etwa bemerkt, dass er da war? ;)
bereits vor fünf Tagen gewesen, nachgetragen. Doppeltraum.
Teil 1) Ich höre mir Reden eines bekannten, erfolglosen Politikers an. Ich scheine der einzige Zuhörer zu sein und sitze direkt vor dem Rednerpult.
Teil 2) Ich sitze in einem riesigen Raum inmitten von ca. 200 Stapeln mit "Kros", "Zeug", bekomme aber anstelle der Perspektive, mittendrin zu sitzen, die Draufsicht und sehe, dass die oberste Lage jeweils eine andere Farbe hat, sodass die Draufsicht zu einem blendenden, chaotischen Farbenrausch wird.
Sie waren sicherlich verwundert, die Musiker des Ensembles "Reflexion K", dem laut eigenen Angaben "nördlichsten Musikensemble Deutschlands". Verwundert, dass in einer Kulturstadt wie Dresden sich nicht einmal ein Dutzend Zuhörer zu einem Konzert mit zeitgenössischer Musik zusammenfindet. Bereits im letzten Konzert der "Sächsischen Gesellschaft für Neue Musik" wurden ähnliche Gegebenheiten festgestellt, es ist unverständlich, wenn es einem Veranstalter, der sich Vermittlung und Verbreitung zeitgenössischer Musik auf die Fahnen schreibt, nicht gelingt, Publikum für die Konzerte zu interessieren. So wird das professionelle Ensemble aus Schleswig-Holstein mit der irrigen Annahme heimwärts ziehen, sie hätten in der Wüste gespielt. Schön, dass sich die vier Musiker dennoch am Sonntag im Kulturrathaus tapfer ein Herz fassten und reichlich Intensität und Spannung in ihren Interpretationen verbreiteten. Das Quartett war sozusagen als Kammerbesetzung des 2001 gegründeten Kammerensembles angetreten und bot mit den Instrumenten Flöte(n), Akkordeon, Cello und Harfe eine reichhaltige Klangpalette an. Die im Konzert vorgestellten Komponisten hatten die vielfältigen Möglichkeiten dieser Besetzung gut ausgenutzt und so entstanden abwechslungsreiche Musikerlebnisse: Jin-Ah Ahns "por amor" tastete sich noch im Duo-Bereich eher vorsichtig und spielerisch vorwärts, während der einzige Dresdner Beitrag, "Islands" von Jorge Garcia del Valle Méndez, recht deutlich komponierte Form- und Klanggestalten ausstellte. Hier war das Konzept der Komposition, nämlich die flächige Momentaufnahmen isolierter Ereignisse in einen übergeordneten Zusammenhang zu stellen, als gelungen zu bezeichnen. Gerald Eckerts "Nachtbogen" formte dann viele Töne am Rande des Verschwindens; dieses Stück glich einer akustische Dia-Show von sich stetig wandelnden isolierten Ereignissen. Toshio Hosokawas "Birds Fragments III" reiht sich leider nahtlos ein in eine Unmenge ähnlicher Stücke des Komponisten und konnte daher in der Kombination virtuos-heftiger Flötenarabesken vor flächigem Hintergrund des Akkordeons kaum überzeugen. Im Momentaufnahmen-Reigen gesellte sich noch James Saunders' "#010209" hinzu, dessen Modul-Kompositionen jeweils nur am Tag der jeweiligen Aufführung Bestand haben. Spätestens hier begann man sich aber zu fragen, welcher Sinn hinter der Folge einzelner Klangereignisse stand. Die Ausbreitung der klangverliebten Einzelaktionen wirkte insbesondere in Sanders Stück wie das Öffnen einer Schublade mit lauter kleinen, wundersamen, aber letztlich unnützen Gegenständen. Schön, dass daher das Final-Stück einmal sämtliche Farbeimer emotionsgeladen auskippte. Der Däne Klaus Ib Jørgensen schuf in "Rhapsodie der Farben" mit einer Nolde-Vorlage einen klanglichen Bildersturm der sinnlichen Art. Hier konnte man beim Zuhören Takt für Takt auf Entdeckungsreise gehen und die "Eigenwilligkeit", die man übrigens vielen dänischen Komponisten zusprechen kann, brach sich hier auch in einem fremdartig melancholischen Schluss Bahn. Toll war, wie konzentriert und souverän sich Beatrix Wagner (Flöte), Gerald Eckert (Violoncello), Eva Ignatjeva (Harfe) und Eva Zöllner (Akkordeon) über die gar nicht leichten Partituren hermachten und jede noch so kleine Klangaktion liebevoll gestalteten. Und beim nächsten Mal ist der Saal dann auch voll, versprochen.
Ein wenig Augenzwinkern und geistreicher Humor kann das oft bedächtige Konzertleben einmal auflockern. Dies dachte sich der GMD der Landesbühnen Sachsen, Michele Carulli, wohl bei der Erstellung des Programms des 3. Sinfoniekonzert. Und so führte das Motto des Konzertes "Exzentrisch?" (die dazugehörige Plakatkampagne darf man übrigens als gelungen bezeichnen) auch leicht in die Irre, denn nur aus einer sehr zweifelhaften Perspektive würde man den Werken des Programmes eine solche Etikette anheften. Indes mochte Carulli möglicherweise das Temperament seiner Musiker (oder gar sein eigenes?) ins Felde führen, doch der Blick auf die Bühne bewies bereits im ersten Werk des Abends: Hier geht es besonnen zu. So war Joseph Haydns 45. Sinfonie noch im ersten Satz zwar durchaus von einigen äußerst unterstützenden sforzati des Dirigenten unterlegt, Adagio und Menuett gefielen sich jedoch im ausladendem Gestus. Nun ist diese Sinfonie, die "Abschiedssinfonie" bekannt für ihr Finale, das aber ebenfalls nicht exzentrisch, sondern in geordnetem Abgang verlief: Konzertante, gespielte Verweigerung forderte Schmunzeln heraus, denn angesichts der realen Orchesterstreiks der letzten Monate wirkt die Haydnsche Maßnahme doch recht anständig. "Was wäre die Welt ohne Musik?" fragte Carulli anschließend noch andächtig ins Publikum und war sich offenbar nicht bewusst, dass angesichts des folgenden Werkes die Antwort auch hätte lauten können: "nicht besser und nicht schlechter". Während unsere Kanzlerin wahrscheinlich nie ein Orgelstück von Gustav Merkel aufführen wird, hat es Carulli schon aus beruflichen Gründen leichter mit der musikalischen Ehrerbietung an einen Namensvetter, und so stand ein Werk des italienischen Gitarrenvirtuosen Ferdinando Carulli auf dem Programm. Doch am Ende wurde recht klar, warum dieses Werk gut 150 Jahre in Bibliotheksbeständen schlummerte. Der nihilistische Orchesterpart ächzte sich von Begleitfigur zu Begleitfigur und das Konzert strotzte nur so vor Konvention und Geschmack der Zeit, allerdings auch vor mangelnden Ideen. Bleiben zwei Solisten, die sich redlich für das Stück einsetzten: Dora Filippone (Gitarre) war jederzeit dem Stück überlegen und konnte aus der Ruhe heraus gestalten, Max Lötzsch an der Flöte beteiligte sich mit hörenswerten Kantilenen. Nach der Pause ging es in die großen sinfonischen Gefilde, die Tondichtung "Don Quixote" von Richard Strauss forderte die volle Orchestermannschaft. Etwas zaghaft ging diese etwa bis zum Einsatz des Solo-Cellos mit dem Werk um, doch das höchst kundige und intensive Spiel des Solisten Peter Bruns riss dann das Orchester mit. Gabriele Kröhnert (Viola) steuerte im Dialog mit Bruns die geschwätzige Ebene des Sancho Pansa bei. Bruns wusste vor allem leidenschaftliche Steigerungen geschickt anzusetzen, so dass die einzelnen Teile des Werkes transparent wurden. Sicher blieben im Orchester viele Wünsche im dynamischen und intonatorischen Bereich offen, doch die Interpretation gelang vor allem zum Ende hin versöhnlich und ansprechend.