"Gilgamesch-Epos" erklingt bei der Singakademie Dresden
Runde Geburts- und Todestage bedeutender Komponisten sind immer ein
willkommener Anlass für neue Aufführungen und Deutungen ihrer Werke. 2009 befinden wir uns, das ist allerorten spürbar, im Händel-, Haydn- und Mendelssohnjahr. Doch auch ein anderer Jubilar erfuhr in Dresden am Wochenende eine musikalische Ehrung: Die Singakademie Dresden widmete sich in ihrem jüngstem Projekt einem der wichtigsten tschechischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, dessen 50. Todestag begangen wird: Bohuslav Martinů. In Partnerschaft mit der Hochschule für Musik Dresden fanden neben der Aufführung des bedeutenden "Gilgamesch-Epos" im neuen Konzertsaal der Hochschule ein wissenschaftliches Symposium sowie Kammerkonzerte statt, die sich ebenfalls dem Schaffen des Komponisten widmeten. Doch das Martinů-Projekt hatte noch größeren Umfang: Ein "Concertino" für Klavier und Orchester aus dem Jahr 1938 erlebte eine starke Wiedergabe im Singakademie-Konzert, hinzu kam die Einbeziehung des Dirigenten-Forums des Deutschen Musikrates, drei junge Talente studierten unter Leitung von Ekkehard Klemm das Martinů-Oratorium ein und präsentierten sich im Konzert. Jubilar Mendelssohn-Bartholdy bekam ebenfalls einen Platz im Programm, obgleich der zeitliche Rahmen mit Martinů zur Genüge ausgefüllt war. Mendelssohns jugendlich-frisches Konzert d-Moll für Violine, Klavier und Orchester hätte vor allem aus der sinnlich-verspielten Interpretationssicht eine reizvolle Beziehung zu Martinů aufbauen können, doch die Solisten aus der Professorenriege der Hochschule konnten ein solches Beziehungsgefüge nicht einmal im Ansatz herstellen. Warum Arkadi Zenzipér dynamische Gestaltung aus der exzessiven Bearbeitung des linken Pedals bezog und sich damit oft in matten Begleiterstatus zurückfallen ließ, ist mir ebenso unerklärlich wie Annette Ungers überzogenes Bogenlegato, das deutliche Phrasierung zunichte machte. Dazu kamen bei beiden Solisten arg viele Fehler. Mit nicht so in der Partitur vorgesehenen Temposchwankungen in den Ecksätzen war zudem dem Spiel des rührigen Orchesters der Landesbühnen Sachsen unter Ekkehard Klemm keine sichere Basis bereitet. Auf diese "Jubilar-Ehrung" hätte man getrost verzichten können. Bohuslav Martinůs "Concertino" entpuppte sich zuvor als rassiges Klavierkonzert, in dem sich die junge tschechische Solistin Slavka Petchocova als echte Martinů-Expertin auswies und brillantes, differenziertes und rhythmisch mitreißendes Spiel zeigte - ihren Namen sollte man sich gut merken. Paul-Johannes Kirschner (Dirigier-Student aus der Klasse von Prof. Klemm) hatte das Orchester dabei gut im Griff und motivierte die Musiker zu intensiv-virtuoser Darstellung, lediglich die Bläser wirkten hier stellenweise sehr zurückgenommen. Unter Leitung der Dirigier-Stipendiaten Eva Caspari, Tobias Löbner und Maria Benyumova erklang nach der Pause Martinůs kongeniale Vertonung des babylonischen Gilgamesch-Epos; laut Informationen der Singakademie handelte es sich dabei sogar um eine Dresdner Erstaufführung. Alle drei Dirigenten zeigten eine famos zu nennende Leistung, die sich besonders darin manifestierte, dass das Stück nicht in drei qualitativ unterschiedliche Teile zerfiel, sondern zur zwingenden Einheit wurde. Wesentlichen Anteil am Erfolg hatte die Singakademie Dresden, die in diesem Werk alle Tugenden eines großen oratorienerfahrenen Chores ausspielen konnte. Klare Deklamation war Ehrensache; ebenso zeigte man sich für die ungewöhnliche Harmonik und Rhythmik aufgeschlosssen und war zu enormen Steigerungen fähig. Sicher war der Stand der Aufführung noch nicht perfekt, aber das enorme Engagement aller Beteiligten war stets fühlbar. Große Emotionen etwa bei der Grabes-Beschwörung, aber auch in leisen rezitativischen Teilen waren stark nachwirkende Momente des Konzertes. Die Solisten Jana Reiner (Sopran), Kay Frenzel (Tenor), Ingolf Seidel (Bariton), André Eckert (Bass) und Thomas Stecher (Sprecher) fanden zu charaktervoller und stimmlich überzeugender Darstellung ihrer keineswegs leichten Partien, so dass man insgesamt die Martinů-Ehrung der Singakademie nicht nur als mutig und dringend notwendig, sondern auch als sehr gelungen bezeichnen darf.
Mit großer Freude darf ich vermerken, dass das Pettersson-Jubiläum 2011 (100. Geburtstag) seine ersten Schatten vorauswirft. Die Internationale Allan-Pettersson-Gesellschaft e.V. hat einen neuen Webauftritt:
Pettersson100.de - Pettersson100 sollte denn auch das Motto sein, die weitgehend unbekannte Musik dieses großen Komponisten in die Welt zu tragen. Eine große Aufgabe.
Studio Neue Musik der Hochschule mit Münch-Uraufführung
Wer kreative Inspiration benötigt, dem Mainstream der Klassik entsagen will oder sich schlicht offen für andersartige Klangwelten zeigt, der ist beim "Studio Neue Musik" der Hochschule für Musik immer bestens aufgehoben. Mehrere Male im Jahr stellen Musikstudenten neue und neueste Werke im Konzert vor. Eine qualitativ hochwertige Darbietung kann der langjährige Leiter Prof. Christian Münch garantieren, denn die Bühnenreife der Werke wird sorgfältig im Unterricht erarbeitet. Nunmehr kann sich das Studio auch des Raumes und der vielfältigen technischen und akustischen Möglichkeiten des neuen Konzertsaales der Hochschule versichern. Für das Studio Neue Musik darf gerne zukünftig noch die Werbetrommel gerührt werden, denn solch anspruchsvolle Konzerte wie am vergangenen Montag dürfen gerne vor großem Publikum stattfinden. Die kleine, aber dankbare Schar der Zuhörer durfte in Franz Martin Olbrischs "3 Sätzen für Klaviertrio" (Katharina Haffner, Damankos Nagy und Cheng-Tai Chang) erstaunt feststellen, dass der Saal selbst leiseste Streicherklänge scharf wie in einem Brennglas reflektiert. Insofern wirkten die den japanischen "Haiku" nahestehenden Miniaturen äußerst transparent und nachvollziehbar, wenngleich es skurril erschien, dass es länger dauerte, den Programmhefttext zu studieren als das Stück zu hören. Vermutlich absichtsvoll war das kürzeste Werk des Abends direkt neben das längste platziert. Christian Münch durfte sich über eine Uraufführung einer eigenen neuen Komposition aus studentischer Kraft freuen. Hierbei ist die Leistung der beiden Musiker Hye-Young Kim (Alt) und Markus Ehmann (Klavier) besonders herauszustellen. Münchs Partituren begnügen sich selten mit der in der Neuen Musik fast zur Konvention gewordenen Viertelstundendauer. Eine volle Stunde benötigt "glühen", so der Titel des Münch-Werkes, um die zumeist akkordisch geprägte Klangwelt zu entfalten, sie nach einer Märchenerzählung zu verarbeiten, mit Licht und Szene sanft anzureichern, zu verzerren und schließlich einen Ausklang zu formen. Lediglich im ruhig einschwingenden Beginn erinnert die Musik an Klavierlieder des frühen Schönberg, zwanzig Minuten später (immer noch im Einschwingvorgang befindlich) hat man aber begriffen, dass diese Musik keine Vergleiche erlaubt. Die beiden Protagonisten zeigten über die volle Zeit Konzentration und Spannung, die technische Beherrschung der keineswegs leichten Partitur war selbstverständlich: eine meisterhafte Leistung! Problematisch dürfte die Herstellung von Ausdruck über die lange Zeitspanne empfunden werden, insbesondere wenn Münchs musikalische Bausteine an vielen Stellen ausstellungshaft und entwicklungslos nebeneinander positioniert scheinen. Es ist keinesfalls leicht, sich auf diese Musik einzulassen, aber an vielen Stellen wird man durch musikalische Entdeckungen belohnt, die vor allem "ihre Zeit" braucht. Nach der verdienten Pause folgte gleich ein weiterer Höhepunkt. Wirkungsvolle Konzertliteratur für die Tuba ist rar gesät. Anspruchsvolle neue Musik gibt es zwar schon eher, aber kaum ein Werk dürfte einen so faszinierenden Eindruck hinterlassen wie das "Post-Prae-Ludium per Donau" von Luigi Nono. Andrea Müller (Tuba) und Dirk Homann (Klangregie) formten eine kraftvoll-überlegte Darstellung des Werkes. Eigentlich entstand ein Trio daraus, bei der der Saal als "dritter Spieler" mitwirkte und die unglaublichen Klänge von Tuba und Elektronik über die Zuhörer ergoss. Am Ende gab es mit Misato Mochizukis "Écoute" leider noch einen schwachen Beitrag. Mir erschloss sich die lediglich "à la mode" wirkende Verstümmelung von Birago Diops Poesie nicht. Daran hatte aber die engagierte Interpretation der Sänger Eléna Lefur, Ni Sun, Gabriele Lesch, Peter Motzkus und Tobias Horschke keinerlei Schuld, ebensowenig Oliver Fenks Lichtregie. Die Vielfalt, Risiken und Möglichkeiten neuer Musik - nirgends ist dies besser aufgehoben als im experimentellen Studio für Neue Musik der Hochschule, hohes Niveau inklusive.
Neue Konzertreihe "Spiegelungen" von Sinfonietta Dresden
Mit großer Vorfreude erwarteten viele Musikfreunde den Start der neuen Konzertreihe "Spiegelungen" der Sinfonietta Dresden, denn das über mehrere Jahre währende Projekt des Orchesters mit der Aufführung aller Mozartschen Klavierkonzerte darf sich im Nachklang als Erfolgsstory rühmen und hat dem Orchester und manchem Solisten viele Fans beschert. Sinfonietta Dresden zeigt in ihren eigenen Konzertreihen eine intelligente, moderne und zuweilen frech-kreative Programmdramaturgie. Keinesfalls ist das jedem in der freien Musikszene agierenden Ensemble zu eigen, denn der hehre Anspruch wird meist von natürlichen technischen oder finanziellen Hindernissen begrenzt. Sinfonietta Dresden wagt nun jedoch erneut den Sprung ins Neuland und kann sich vor allem der Partnerschaft von "Klangnetz Dresden" sicher sein, einem Projekt, das ja derzeit in Dresden musikalische Innovationen großzügig fördert. Und so steht nun für mehrere Konzerte der 2009-Jubilar Joseph Haydn auf dem Programm. Moment, Innovation? Und dann Haydn? Richtig gehört. Denn Sinfonietta Dresden setzt Haydn in Beziehung zur Gegenwart, gleich zwei Uraufführungen erklangen im ersten Konzertabend. Noch dazu dürfte man die "Neue-Musik-Förderung" in dem Fall augenzwinkernd gleich auf Haydn ausdehnen, denn was allein in der vorgestellten Sinfonie Nr. 101, D-Dur "Die Uhr" an Bonmots, kompositorischen Kniffen und philosophisch-zeitgenössischem Hintergrund steckt, ist aller Moderne wert. Dass man nach dem Konzert am Sonnabend in der Dreikönigskirche derart plastische Eindrücke im Ohr und im Sinn behält, ist der vitalen Spielfrische zu verdanken, mit dem das Orchester zu Werke ging. Dirigent Ekkehard Klemm gab deutliche Hinweise, um der Partitur Haydns Kontur und Kontrast zu verleihen, auf diese Weise gerieten die Ecksätze fast "beethovenesk" und dem reifen Haydn stand eine Dramatik zu Gesichte, die in den Mittelsätzen durch fast weise klingende Gelassenheit wieder aufgelöst wurde. Die Zeit war das Hauptthema dieser Sinfonie, die sinnigerweise im Konzert in Einzelsätzen erklang: Betrachtung eines Uhrwerkes, dazu gab es Reflektionen literarischer Art. Thomas Stecher las vorzüglich aus Alan Lightmans skurrilen Zeit-Geschichten "Einsteins Dreams". Gleich ob dort Uhren stehenblieben, Zeit und Leben rückwärts verliefen oder ein schweizerischer Weltuntergang zelebriert wurde - die "Spiegelungen" traten sofort bei den ersten Tönen der dann folgenden Musikstücke auf und man konnte sich vielfach hinhörend auf das große Thema einlassen. Auch die beiden Uraufführungen bereicherten, wenngleich "Insomnio" des britisch-albanischen Komponisten Thomas Simaku die Zeit-Thematik nicht vorrangig behandelte. Hier spiegelte sich eher eine dichte literarische Prosa, stellten sich fein entwickelte Klangflächen und Entwicklungen ein. Karsten Gundermann schließlich brachte eine "Quantenzeit" als Uraufführung mit, ein faszinierend flirrendes Werk aus unterschiedlichen Bewegungsschichten. Das Stück hätte sich gerne länger entfalten können, um konsequentes Zeit-Hören zu ermöglichen und Zeit-Fragen zu stellen. Schön, wie die Haydn-Sinfonie dann am Ende dem ganzen Konzert einen positiv gestimmten Grundbogen verlieh - so darf es gerne weitergehen.
Nächstes "Spiegelungen"-Konzert: 8.11.2009, Dreikönigskirche Dresden
Weblog mehrLicht - 28. Apr, 00:23
ihr habt leider
den Falschen rausgeworfen.
Ach, was red ich... ;)
Weblog mehrLicht - 27. Apr, 15:37
Ragna Schirmer in der Villa Teresa
Es war ein besonderer Feiertag, den die Besucher des Klavierrecitals in der Villa Teresa in Coswig begingen. Der Karfreitag fiel nämlich zusammen mit dem 145. Geburtstag von Eugen d'Albert, der bekanntermaßen 1891-95 Hausherr der Villa Teresa war. Das Geburtstagsständchen war hochkarätig, wenngleich es ohne die Musik des Jubilars auskam.
Die renommierte Pianistin Ragna Schirmer war zu Gast in der Villa und hatte ein sehr interessantes Programm mitgebracht. Eine spannungsreiche Dramaturgie ist für Schirmers Klavierabende immer selbstverständlich und so konnten sich die Zuhörer nicht nur an ihrem brillanten Spiel erfreuen, sondern auch über eine gekonnte Einführung. Dies ist hier unbedingt zu würdigen, da sicherlich nicht jeder Interpret die Lockerheit besitzt, zwischen den unter interpretatorischer Hochspannung gespielten Stücken dem Publikum zusätzlich biografische und kompositorische Anmerkungen frei vorzutragen. Dass kein d'Albert-Werk erklang, war zu verschmerzen, denn Ragna Schirmers Programm konzentrierte sich auf das Musiker-Ehepaar Clara und Robert Schumann. Man konnte Parallelen, aber auch einige Unterschiede im biografischen Vergleich zu der nur kurz währenden Liaison von Eugen d'Albert und Teresa Carreño erkennen, die Einblicke in die künstlerischen Biografien der Schumanns gelangen intensiv. Ragna Schirmer stellte im Verlauf des Programms gut heraus, wie sich Robert und Clara künstlerisch gegenseitig befruchtet haben. Immer wieder zitieren sich beide in ihren Werken, widmen sich ganze Stücke, variieren die Themen des anderen. Ein wenig männlicher Stolz mag da schon aufscheinen, wenn zu Beginn der großen Liebe Robert Schumann in den Improptus Opus 5 ein ganzes Füllhorn an kompositorischen Ideen über ein unscheinbares Thema von Clara ausgießt. Nach schwungvollem Beginn mit dem 2. Scherzo von Clara Schumann spielte Ragna Schirma dieses Stück mit achtsamer Ausgestaltung und vermied nicht, die kraftvollen Phasen auch ebenso glutvoll nachzuempfinden. Anders dagegen die Variationen fis-Moll von Clara über ein Thema von Robert: dem Ehemann 1853 zum Geburtstag als "schwacher Wieder-Versuch" gewidmet hört man in diesem Werk deutlich düsterere Töne heraus, von jugendlicher Unbekümmertheit ist in diesem Werk keine Spur mehr zu finden. Schirmer fand hier besonders am Schluss des Werkes einen bezaubernden Ton und kontrastierte so die frühere donnernde Oktav-Variation: weibliche Leidenschaften pur, von der Komponistin zur Interpretin weitergetragen. Virtuos gesteigert wurde dieser Beitrag durch die Novelette D-Dur von Robert Schumann, die den ersten Teil beschloss. Mit den "Papillons" Opus 2 folgte ein frühes zyklisches Meisterwerk des jungen Klavierkomponisten Robert Schumann. Das üppige Bilderbuch gelang Ragna Schirmer plastisch, ab und an geriet ihr forte-Spiel etwas zu kantig, aber die immer folgende Entspannung im Lyrismus beruhigte die Wogen dann wieder. Konsequent und erkenntnisreich war auch ihre Programmänderung am Ende des Recitals: Johannes Brahms durfte in diesem romantischen Netzwerk nicht fehlen, zumal er in den letzten Lebensjahren Robert Schumanns mit Clara bekannt wurde und fortan eine enge Verbindung pflegte. Die beiden Rhapsodien Opus 79 gerieten samt den Chopin-Zugaben zum Höhepunkt des Abends, Schirmer hatte sich hier vollends den Stücken hingegeben und zeigte eine temperamentvolle Steigerung zum Schluss hin. Mit großem Applaus dankte die große Zuhörerschar der sympathischen Pianistin, die ein intelligentes Programm mit höchst niveauvollen Interpretationen zu verbinden wusste.
Stau am Gotthard und gleich eine Aufführung?? Da gibt es
Hilfe - fast "live" haben wir dies letzte Woche in Zürich miterlebt.
Unsere Konzerte dagegen liefen reibungslos. Aus Zürich habe ich leider noch keine Rezension, dafür aber zwei aus Hamburg:
*
Hamburger Abendblatt
*
Die Welt
Ungeachtet dieser positiven Beiträge darf ich persönlich hinzufügen, dass es ein großes Erlebnis war, unter Adam Fischer die "Schöpfung" singen zu dürfen. Es waren zwei grundverschiedene Aufführungshaltungen und ich bevorzuge denn doch stark die "Zürcher Variante"...
...von einer sehr spannenden Reise. Und ein Städterätsel (retour @
steppenhund) gibt es obendrauf:
Wo war ich denn da?
Weblog mehrLicht - 20. Apr, 17:06
Weblog mehrLicht - 15. Apr, 12:22
...am Karfreitag. Und die Feststellung gemacht, dass der frühe Vogel den Wurm fängt bzw. freie Fahrt auf dem Elberadweg genießt, was beim Rückweg mit den Kaffeekränzchen-S-Bahn-Touristen nicht mehr der Fall war. Zweite Feststellung: auch in meinem fortgeschrittenen Alter bin ich noch zu 85km Quälerei auf dem Drahtesel fähig und begeistere mich sogar. Klar, wenn ein Prager Rindsbraten für 3 Euro hinter der Grenze winkt. Und bei dem Wetter sowieso :)
Weblog mehrLicht - 10. Apr, 18:04
gehen schon
in die Geschichte ein
;)
(c) by sakurai
Weblog mehrLicht - 9. Apr, 22:20
Joseph Haydn - Die Schöpfung
14.04.2009, 20:00 Uhr
Hamburg, Laeiszhalle-Musikhalle
Details (LINK)
Ute Selbig (Sopran)
Lothar Odinius (Tenor)
Thomas Quasthoff (Bass-Bariton)
Dresdner Kammerchor
Dirigent: Peter Schreier
19.04.2009, 11:15 Uhr
Zürich, Tonhalle
Details (LINK)
Martina Janková (Sopran)
Christoph Strehl (Tenor)
Laszlo Polgar (Bass)
Dresdner Kammerchor
Orchester der Oper Zürich
Dirigent: Adam Fischer
Weblog mehrLicht - 8. Apr, 15:09
"Das Buch mit sieben Siegeln" von Franz Schmidt erklang im Frauenkirchen-Konzert der Staatskapelle
Deutlich mehr Zuhörer hätten es schon sein dürfen anlässlich der gewaltigen, seltenen Aufführung des Oratoriums "Das Buch mit sieben Siegeln" von Franz Schmidt durch die Staatskapelle Dresden, die das Werk am Vorabend des traditionellen Palmsonntagskonzertes in der Frauenkirche erstmalig vorstellte. GMD Fabio Luisi hat sich in Konzerten der Wiener Symphoniker und beim MDR als Experte und Förderer der Musik des österreichischen Spätromantikers Schmidt längst einen Namen gemacht. Obwohl Luisi selbst das "Buch mit sieben Siegeln" als das "wahrscheinlich wichtigste Oratorium des 20. Jahrhunderts" bezeichnet, sind Aufführungen des 1938 uraufgeführten Werkes rar. Das liegt vermutlich an dem außerordentlich hohen Anspruch, der in Schmidts "opus summum" durch alle Partien und Teile weht: man muss nahezu bis zu Bach zurückgehen, um eine vergleichbare meisterschaftliche Verquickung von Dramaturgie, Harmonik, Themenvielfalt und -deutung im oratorischen Genre zu finden. Und so wurden die Zuhörer über zwei Stunden in den Bann der biblischen Apokalypse gezogen und erfreuten sich an musikalischer Hochspannung und einer hervorragenden Interpretation des Werkes. Vorneweg ist aber dem Staatsopernchor (Einstudierung: Ulrich Paetzholdt) ein außerordentliches Lob zu zollen: den Sängern gelangen die gefürchteten Fugen des Werkes in nahezu erschreckend optimaler Klangbalance. Die ganze Aufführung war getragen von intensiver sprachlicher Arbeit des Chores, die dann dazu dienlich war, die verschlungenen kontrapunktischen Linien etwa der "Wasser-Fuge" glasklar zu gestalten. Zudem versiegte nie die Kraft des Ensembles, so dass am Ende des zweiten Teils der riesenhafte, homophone Halleluja-Chor wie ein herausgeschleuderter Akt der Befreiung durch die ganze Kirche rauschte. Immer wieder arbeitete Luisi zahlreiche kleine Gesten und kompositorische Finessen heraus: die an Strauss' "Salome" erinnernde Mystik in der Begleitung der "Stimme des Herrn" (Jan-Hendrik Rootering mit faszinierend strömendem Bass von der Orgelempore) trug ebenso zum dramaturgisch überzeugenden Verlauf bei wie die Reiter-Musiken mit scharfen rhythmischen Akzenten oder die in deutlich modernere musikalische Welten weisenden Posaunen-Kommentare im Jüngsten Gericht. Luisi kostete einige Ruhepunkte des Werkes, etwa das lyrische Mutter-Tochter-Duett oder die Johannes-Erzählung am Beginn des 2. Teils behutsam aus, auch um Weissagung, brutale Realität und hoffenden Neubeginn als tragende Säulen des Werkes voneinander abzugrenzen. Diese interpretatorischen Kontraste gelangen vortrefflich; Luisis Tempi waren immer von der Plastizität der Musik bestimmt und überschritten selbst in apokalyptisch brutalen Darstellungen nicht die Grenzen der Machbarkeit. Herbert Lippert war eine interessante Besetzung für die umfangreiche Johannes-Partie. Sein warm fließender, berührender Tenor hatte genau die richtige Darstellungskraft, um Anteilnahme und berichtende Distanz zu formen. Nach all den Erdbeben und Sintfluten kehrte man am Ende des Werke sich nahezu geborgen fühlend zu ihm zurück: "Hört auf meine Worte! Sie sind wahr und zuverlässig". Verschiedene kleinere Rollen füllte das hochrangig besetzte Solistenquartett mit Annette Dasch (Sopran), Antigone Papoulkas (Mezzo), dem kurzfristig eingesprungenen Tenor Timothy Oliver und Michael Eder (Bass) sehr souverän aus. Jobst Schneiderat an der Orgel der Frauenkirche gestaltete die wichtigen Intermezzi mit feiner und nicht überbordender Registrierung. Das große Vermächtnis des hierzulande noch viel zu unbekannten Komponisten erklang in einer exemplarischen, qualitativ absolut hochrangigen und durch Fabio Luisis charismatisches Dirigat auch emotional mitreißenden Darstellung.
DER war aber mal richtig anstrengend.
Und mit jedem zusätzlichen Tag der Erinnerung wird im Gedächtnis ein Meisterwerk daraus. Und dann sagt der Regisseur Werner Schröter auch noch solche Worte:
"Wer nur seine eigene kleine Welt auf der Leinwand sucht, möchte, dass sie aussieht wie der Arsch von Tante Anna. Das ist furchtbar, das ist einfach eine solche Verbildung! Das ist so traurig, dass man heulen könnte. Dabei ist ja Poesie einfach das Gegenteil von Logik. Dieser Film hat eine lineare Struktur, bloß es passieren so viele geheimnisvolle Dinge, die nur angetippt werden, dass es wie auf einem Erdbebenteppich stattfindet." (quelle:
FR)
alle achtung.
Weblog mehrLicht - 6. Apr, 00:14
elole-Klaviertrio präsentiert neue Werke
Wie sieht eigentlich eine Komposition "von innen" aus? Was alles strömt auf einen Komponisten ein, wenn er ein neues Werk beginnt? Wovon lässt er sich leiten, was verwirft er, wie gestaltet sich Zusammenhang? All diese Fragen könnte man nicht nur für zeitgenössische Musik stellen, sondern mit voller Berechtigung auch für eine Sinfonie von Beethoven oder Brahms. Das Dresdner Klaviertrio "elole" hat sich der Musik unserer Zeit verschrieben; seit acht Jahren sind Uta-Maria Lempert (Violine), Matthias Lorenz (Cello) und Stefan Eder (Klavier) als festes Ensemble Garanten für spannende Konzertprogramme im Bereich der Avantgarde-Kammermusik. Selbst dieser Genre-Begriff könnte kräftig hinterfragt werden, und genau die offene Haltung des Infragestellens, um am Ende möglicherweise (musikalisch-interpretatorische) Antworten zu finden, zeichnet das Ensemble aus. Selbstverständlich ist die enge Zusammenarbeit mit den aufgeführten Komponisten, viele Uraufführungen wurden dem Trio "auf den Leib" geschrieben. Nachdem das letzte Projekt mit einem Porträtkonzert von Chris Newman einen Ausflug in die bildende Kunst bot, verspricht das erste Konzert des neuen Jahres unter dem Titel "Struktur und Oberfläche" möglicherweise erneut bildnerische Aspekte, aber vor allem eine reizvolle Kontrastierung dreier Musiksprachen. Wenn der Zuhörer sich dem Thema Oberfläche oder Struktur nähert, wird durch die konzentrierte Besetzung des Klaviertrios klar, wie facettenreich ein solches Motto die Stücke durchwehen kann, wie sich aber auch gleichzeitig Kompositionsanlässe und -absichten voneinander abgrenzen können. Die Werke des in Berlin lebenden Stefan Streich ("Vier Bagatellen") des Schweizers Jürg Frey ("Paysage pour Gustave Roud" und "Ombre si fragile") erklingen als Auftragswerk von elole; das gut vierzigminütige Trio aus dem Jahr 1987 von Nikolaus Brass könnte als Zentrum oder Impulsgeber des Konzertes angesehen werden: "Ich empfinde mein Komponieren mehr als ein Aufspüren und Aufdecken als ein Machen und Setzen." - Da auch "elole" langjährige Erfahrung im Aufspüren und Aufdecken aufzuweisen hat, scheint (nicht nur) dieses Stück beim Ensemble bestens aufgehoben.
"Struktur & Oberfläche"
elole - Klaviertrio
2. April, 20.00 Dresden Kulturrathaus
3. April, 20.00 Grimma-Kaditzsch Denkmalschmiede Höfgen
5. April, 18.00 Chemnitz Neue Sächsische Galerie
* Jürg Frey: Paysage pour Gustave Roud
* Jürg Frey: Ombre si fragile
* Stefan Streich: Sechs Bagatellen
* Nikolaus Brass: Trio
https://www.elole.de
Schostakowitschs "Leningrader Sinfonie" im 8. Kapellkonzert
Angesichts der Aufführung der in jeglicher Hinsicht alle Extreme herausfordernden 7. Sinfonie C-Dur Opus 60, der "Leningrader Sinfonie" von Dmitri Schostakowitsch, die im Zentrum des 8. Sinfoniekonzertes der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand, war das "Klavierkonzert für die linke Hand" D-Dur von Maurice Ravel am Beginn des Konzertes eine schwere Aufgabe für den international renommierten Pianisten Nikolai Lugansky. Der Auftakt in den Sonntag gelang spielerisch und unterhaltsam, wenngleich die metrische Härte, die Lugansky und der Gastdirigent Vladimir Jurowski mit einer auf Präzision abgestellten Interpretation vorstellten, nicht unbedingt zu Ravels in oft träumerische Schwerelosigkeit abdriftende Partitur passen wollte. Da fehlte mir die Freude, der Überschwang und auch ein bißchen die Raffinesse - das Orchester machte in vielen Passagen vor, wie man sich in Ravel "hineinlegen" kann, doch Lugansky blieb überwiegend steif und korrekt.
Wenn ein Werk über 65 Jahre nach seiner Uraufführung immer noch als Mythos gilt und nicht nur eine spannende Aufführungsgeschichte, sondern auch heute immer noch höchst unterschiedliche Deutungsweisen und Diskussionen aufweist, so sollte sich eine Rezension mehr als bei anderen Werken am klingenden Ergebnis orientieren. Denn die Wirkung einer Aufführung der 7. Sinfonie C-Dur Opus 60, der "Leningrader Sinfonie" ist heute ungebrochen und öffnet den Blick in eine Welt, die gerade der jüngeren Generation fremd und schreckenhaft, aber auf der emotionalen Ebene dennoch sehr vertraut vorkommen muss. Nichts anderem als tiefem Humanismus begegnen wir in den Tönen dieses sinfonischen Kolosses, der wütet, weint, klagt, meditiert und an wenigen Stellen auch hofft. Die zutiefst empfundenen Passagen des 3. Satzes bilden eigentlich den emotionalen Kern eines Kunstwerkes, das zu Beginn mit ohrenbetäubender Härte über den Zuhörer kommt und ein Entrinnen unmöglich macht. Vladimir Jurowski, Chef des London Philharmonic Orchestra und in letzter Zeit mehrfach bei der Sächsischen Staatskapelle zu Gast, gestaltete die Aufführung der Sinfonie mit knapper Zeichengebung und zuweilen ungewöhnlichen und interessanten interpretatorischen Ansichten. So fegte der Beginn des 1. Satzes in wilder Entschlossenheit vorüber. Die oft nach vorn ausbrechende Tempoebene Jurowskis war nicht an jeder Stelle der Sinfonie dazu geeignet, Transparenz und Übersicht in die Klangmassen zu bringen. Da die Aufstellung mit getrennten Violinen sowie den tiefen Streichern auf der linken Seite offenbar gewöhnungsbedürftig war, gab es in manchen unisono-Passagen Probleme, die Jurowski nicht immer auffangen konnte. Dagegen setzte er den martialischen Marsch des 1. Satzes deutlich, mit immensem Steigerungswillen und ohne Hetze vom übrigen Geschehen ab. Ruhige Gelassenheit bestimmte den 2. Satz, ein optimal gesetzter, scharfer Bläserklang eröffnete den dritten - damit grenzte Jurowski die Ausdruckswelten deutlich voneinander ab. Der dritte Satz war von guter Balance und intensivem melodischen Spiel etwa im ausladenden Abgesang der Bratschen gekennzeichnet. Der 4. Satz hatte wiederum die Entschlossenheit und oft auch die Brutalität des Beginns. Ein jubelndes Finale sieht anders aus und angesichts der vielen Dur-Moll-Schwankungen erscheint logisch, dass Schostakowitsch seine eigenen programmatischen Notizen vom Sieges-Finale wieder streichen musste. Insgesamt wäre in der Sinfonie statt des zumeist statisch durchgezogenen Tempos von Jurowski mehr Luftigkeit gerade an Übergängen wünschenswert gewesen, um noch einige verborgene Ebenen und Schönheiten des Werkes hörbar zu machen. Großen Applaus gab es am Ende, als Jurowski der Kapelle für eine außergewöhnliche Leistung dankte und anschließend Schostakowitschs Partitur in die Höhe hielt - eine schöne, seltene Geste.