Neulich gab es hier eine
kleine Diskussion um die Aufführung von "Kiss me, Kate" an der Staatsoperette in Leuben. Die Konsequenz: ein Besuch des Musicals. Das Resümee findet sich bei
Musik in Dresden.
Dresden mehrLicht - 10. Mai, 12:18
Sir Colin Davis "zum 85. Geburtstag" im 10. Sinfoniekonzert
Donnerblech und Amboss schwiegen am Sonntagvormittag in der Semperoper; große romantische Dramen und die Entfaltung von Welt- und Künstlerphilosophien blieben vor der Tür. Damit schrumpfte auch die Orchesterbesetzung für das 10. Sinfoniekonzert, nur ein Komponist stand auf dem Programm, dessen Kompositionsweise sich durch unglaubliche Vielfalt in der Ökonomie der Mittel auszeichnet: Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Handschrift uns selbst in vermeintlich bekannten Werken immer wieder begeistern und überraschen mag, steht denn ein kundiger Interpret vor der Partitur und weist allen Musikern den rechten Weg.
Für ein Mozart-Programm bei der Staatskapelle Dresden braucht es keiner großen Überlegung, wer denn da einzuladen sei. Und einladen läßt sich Sir Colin Davis gerne, denn hier gilt es eine lang gewachsene Freundschaft zu pflegen, für die der Titel des "Ehrendirigenten" seit 1990 nur den äußeren Rahmen bildet. Viele große Abende, darunter auch Gedenkkonzerte zum 13. Februar, mit dem "Sir" sind in präsenter Erinnerung. Davis vermochte - seit 1981, als er zur Aufnahme der späten Mozart-Sinfonien erstmals mit der Kapelle musizierte - nicht nur eine Musiker-Freundschaft über Mozart herzustellen, sondern stellte dem Dresdner Publikum in den vergangenen Jahren vor allem Werke von Jean Sibelius, Hector Berlioz sowie britische Sinfonik in farbig schillernden Interpretationen vor.
Im 10. Sinfoniekonzert der laufenden Saison genügte ein ausgesucht feines Mozart-Programm, um das Publikum am Ende zu stehenden Ovationen zu begeistern. Eine kleine Entdeckung war die selten zu hörende "Serenata Notturna" D-Dur KV239, die mit souverän geführter Feder des 19jährigen Komponisten im damaligen Geschmack der Fest- und Gelegenheitswerke steht. Unter Davis sparsamer und freundlicher Leitung war die Kapelle mit einem Favoritquartett (Roland Straumer, Reinhard Krauß, Michael Neuhaus und Andreas Wylezol) gut aufgelegt, gelegentlich schimmerte noch etwas Respekt vor diesem leichtfüßig-offenliegendem Werk durch den Kapellklang.
Im Violinkonzert D-Dur KV218 steigerte das Orchester gemeinsam mit Davis und dem - den Kapellkonzertgängern wohlbekannten - Solisten Nikolaj Znaider die Musizierlust. Znaider wirkte nur im 1. Satz ein wenig unruhig, wusste aber dann im Andante mit Kantabilität und schöner Stimmführung zu überzeugen, auch die Kadenzen versah er mit silbrigem Glanz und formte gemeinsam mit dem Orchester eine facettenreiche Interpretation. Hier war schon zu bewundern, wie einig die Musiker mit dem Dirigenten Phrasen gestalteten und sich die Themen und Verläufe selbstverständlich und mit Wissen um Einschwingen und Auspendeln darstellten.
Dieser unangestrengt musikantische Stil kam dann in der Sinfonie g-Moll KV550 zur vollen Entfaltung, bei dem auch das stürmische Finale stets in eleganter Kleidung erschien. Davis nahm begeisternden Applaus entgegen, und machte sich zum im September zu begehenden 85. Geburtstag in diesem Jahr bereits das schönste Geschenk selbst: Statt Torten und Blumen - Mozart mit der Staatskapelle.
Neben meinem Feed-Reader und Twitter scheint es nun noch eine Möglichkeit zu geben, sich mal fix in der Blogger-Runde zu informieren. Die Seite zum "Schnell-mal-Dresden-Blogs-gucken":
yablar Dresden Ticker - gute Sache!
Dresden mehrLicht - 3. Mai, 22:54
Ein bißchen Werbung für eine gute Sache muss sein und so viel Karma, wie die drei Yoginis in das neue Studio stecken, das wird sich hoffentlich in vielen schönen Yoga-Stunden entfalten: ab
2. Mai in der Katharinenstraße 21 (
Karte). Dort startet das
Yoga-Projekt Dresden von Annette, Maike und Marita, die vorher schon auf der Bautzner Straße 13 von Hatha bis Vinyasa Flow die Körper ins Schwitzen und anschließend in die verdiente Entspannung brachten. Noch wird allerdings gewerkelt:
Das Hinterhaus in der Katharinenstraße beherbergt zwei Etagen mit zwei Übungsräumen, Foyer und Umkleide. Für einen Schwatz oder Tee nach der Stunde ist also gemütliche Umgebung gegeben und auch der sonnige Innenhof lädt ein.
Stundenplan ab Mai unter:
https://www.triyoga-dd.de/stundenplan/
weitere Infos:
https://www.yogawaves.de (Maike)
https://www.marita-matzk.de (Marita)
Dresden mehrLicht - 28. Apr, 11:24
Noch ist es hier nicht geschehen, dass ich für den alltäglichen Sexismus in unserer Umwelt hier eine Rubrik aufmachen muss - da war die Muyserin
schneller als ich, aber die Operette ist ja schon mehrfach negativ aufgefallen in der Hinsicht. Der neueste Weggucker, der nicht mal der +65-Zielgruppe einen müden Juchzer abringen wird, ist
dieses nette Plakat. Da begibt sich die Frau schon optisch in die wunderbare Horizontallage der braven eigenen Rollenerfüllung, der Mann tut, was ein Mann tun muss und das Ganze rollt natürlich wieder im 3/4-Takt.
Schenkelklopfer? Nee, traurig.
Dresden mehrLicht - 22. Apr, 22:10
Chorsinfonik von Mozart und Martin an der Musikhochschule
Das chorsinfonische Konzert der Dresdner Musikhochschule hatte in dieser Saison einen besonders hohen Anspruch, nicht nur, weil mit oratorischen Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Frank Martin gleich zwei ambitionierte Stücke auf dem Programm standen. Es war zugleich als Kooperationsprojekt verschiedener Kräfte geplant, so traf der Hochschulchor (Einstudierung Olaf Katzer) auf den Universitätschor Dresden (Einstudierung Karl-Friedrich Winter) und dazu gesellte sich das Landesjugendorchester Sachsen mit Solisten aus den Gesangsklassen der Hochschule.
Die Verbindung einer Mozart-Messe mit Martins 1944 entstandenem Oratorium breve "In Terra Pax" erschien so spannend wie sinnfällig, weil in der Aufführung mehr als deutlich wurde, wie einigend und einleuchtend sich die Sichtweisen zweier Komponisten im Abstand der Epochen und Zeitläufte darstellen. Mit Jörg-Peter Weigle kehrte auch ein Dirigent an die Hochschule zurück, der kurz nach der Wende nicht nur die Geschicke am Institut, sondern auch im Musikleben der Stadt maßgeblich beeinflusste. Das sorgte zum einen für einen restlos ausverkauften Konzertsaal in der Hochschule, zum anderen für besondere Spannung unter den jungen Musikern, denn Weigles große Erfahrung auf dem Chorgebiet ist ebenso bekannt wie seine motivierende Interpretationskunst.
So erlebte man eine frische Lesart der C-Dur-Messe, der sogenannten "Großen Credomesse" von Mozart, bei der im Orchester noch etwas respektvolle Zurückhaltung vorherrschte, die Konzentration aber zu einem sehr angenehmen Ergebnis führte, denn Weigle kümmerte sich um viele Nuancen des schlanken Orchesterklangs und unterstützte einen lebendigen und frei schwingenden Chorsatz. Das Solistenquartett mit Elisabeth Göckeritz, Julia Böhme, Benjamin Glaubitz und Georg Finger passte sich adäquat und zumeist homogen in das Werk ein und glänzte vor allem im Benedictus, während der Chor mit sehr guter Textdeklamation das große Credo zu einem Genuss machte.
Dass Frank Martins Werke heute erst nach und nach wieder eine hervorragende Reputation auf den Konzertbühnen erfahren, ist verwunderlich - verfügte doch dieser Komponist über eine ganz eigene, aber jederzeit direkte und verständliche Musiksprache. So sprühen die elf Sätze des im Angesicht des 2. Weltkrieges entstandenen Werkes vor tiefer Emotion und daraus resultierenden überzeugenden kompositorischen Ideen. Im Orchester gingen die jungen Musiker mutig an den farbigen Satz heran, sowohl der dramatische erste Teil überzeugte als auch der von Henriette Gödde (Alt) gut ausgestaltete Largo-Satz im Zentrum des Werkes. Ah Young Yoon, David Sitka, Philipp Kaven und Felix Schwandtke hatten ebenfalls teils umfangreiche Partien zu bewältigen, die sie sehr achtbar und mit Sinn für den jeweiligen tiefen Ausdruck interpretierten. Dass die absolut hervorragend präparierten Chöre hier mit dem Willen zum Äußersten agierten und Weigle dies auch immer wieder mit Energie forderte, erzeugte eine bewegende Aufführung, an deren Ende Zuversicht im Glauben stand. Schön, dass nach den letzten trostvollen Tönen eine spannungsvolle Stille entstand, bevor man den vielen jungen Protagonisten zu einer Aufführung gratulieren durfte, die sehr ambitioniert und erfolgreich war.
Boris Berezovsky und Kirill Petrenko im Kapellkonzert
Besonders die Freunde russischer Spätromantik kamen beim 9. Sinfoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden auf ihre Kosten, erst recht, wenn sie alle Vorstellungen dieses Konzertes besuchen, denn die Kapelle stellte in drei Programmen verschiedene Werke der russischen Komponisten Sergej Rachmaninow (1873-1943) und Alexander Skrjabin (1872-1915) gegenüber. Der direkte Vergleich ist im Konzertleben selten anzutreffen, dabei komponierten doch beide ihre Hauptwerke zur selben Zeit und es gibt sogar Verbindungen nach Dresden, die im Fall Rachmaninow bekannter sind als bei Skrjabin, der sich aber immerhin mit Umzugsplänen in die Elbmetropole beschäftigte.
Doch die Temperamente und Lebensläufe können verschiedener nicht sein - Skrjabin wird heute als einer der wichtigsten Neuerer der russischen Musik gedeutet, während Rachmaninow an alten Idealen festhielt, die ihn später im Exil in den USA kompositorisch ganz verstummen ließen. Beiden gemeinsam allerdings ist die Meisterschaft, die sie ihrem Instrument widmeten: dem Klavier. Im 9. Sinfoniekonzert gab es daher die sinnfällige Nebeneinanderstellung der zweier Klavierkonzerte von Rachmaninow mit dem einzigen von Skrjabin und dessen 3. Sinfonie und dem "Poème de l'extase" - einzig ein reines sinfonisches Werk von Rachmaninow hätte noch die Krone auf dieses dramaturgisch spannende Programm aufgesetzt. Wahrlich ließ sich dies nicht an einem Abend realisieren - vor dem russischen Pianisten Boris Berezovsky mag man allein schon den Hut vor dem Vorhaben ziehen, die Mammutleistung der Aufführung von drei Klavierkonzerten an drei Tagen zu erbringen - am Dienstag sogar zwei in einem Konzert.
In der Sonntagsmatinée erklang das 3. Klavierkonzert d-Moll von Sergej Rachmaninow, gemeinhin nicht ganz so häufig gespielt wie das vorhergehende. In den großbögigen Sätzen mit immer neuen Anläufen der Themen und Leidenschaften bei gleichzeitigem immens hohem technischen Anspruch liegt auch die Herausforderung. Doch bei Berezovsky löst sich jeglicher Zweifel bereits in den Anfangstakten, in dem wie ein klarer Quell fließenden Hauptthema, das sodann von ihm unprätentiös und doch mit kompromisslos fließender Energie und nur aus den Händen gestalteter großer Kraft in wirbelnden Kaskaden ausgebreitet wird, bis einen die Kadenz des ersten Satzes zum ersten Mal am Luftholen hindert.
Gastdirigent Kirill Petrenko, ab 2013 neuer GMD der Bayerischen Staatsoper, formte am Pult der Staatskapelle gemeinsam mit dem stets für den Gesamtklang und das Tempo aufmerksamem Berezovksy eine Interpretation, die keinerlei Wünsche offen ließ: der dritte Satz war auch in der gemeinsam atmenden Zielgebung und der warmen Klangfarbe ein Edelstein, den der russische Pianist mit unglaublichem Sinn für Phrasengestaltung und jederzeit flexiblem Anschlag gestaltete. Sekbst in der Coda bewies der Russe Contenance und lenkte das Konzert in ein präzises und dennoch emotional mitreißendes Finale. So etwas darf man mit Recht authentisch nennen und der begeisterte Publikumsjubel wurde von Berezovsky mit einem schönen Prélude von Rachmaninow beantwortet.
Nach der Pause fiel es dementsprechend schwer, sich auf die so andere Welt des Klangphilosophen Skrjabin einzulassen, dessen 3. Sinfonie im Block von drei zusammengefassten Sätzen schon eine deutliche Abkehr von traditionellen Formen markiert, wenngleich Richard Wagner in Skrjabins Harmonik auf vielen Partiturseiten noch den Hut lupft. Petrenko entging mit den ersten Themenvorstellungen der Gefahr eines zu langsamen Tempos, das unweigerlich Schwaden von Langatmigkeit nach sich gezogen hätte. In dieser frischen, vorwärtszeigenden Art teilte sich aber die Großform erstaunlich plastisch mit und Petrenko arbeitete viel, um die Nuancen der Dynamik und das strahlende Blech hervorzuarbeiten. Da folgte ihm die Kapelle natürlich gerne und konnte ihrerseits die Qualitäten für dieses oft weit über dem Boden schwebende Werk hervorzaubern, kraftvoll und volltönend klang das Konzert aus.
Nachtrag: Die kleinen "Berezovsky-Festspiele" gingen am Montag und Dienstag weiter. In Vorbereitung einer Residenz im Konzerthaus Dortmund am Wochenende spielte Berezovsky am Montag das 4. Klavierkonzert von Rachmaninow, am Dienstag zusätzlich sogar noch das Klavierkonzert fis-Moll Op. 20 von Alexander Skrjabin. Bei letzterem versicherte sich der Russe dann doch der Noten auf dem Klavier, allerdings deutete die Interpretation darauf hin, dass er auch mit diesem Konzert höchst vertraut war.
Weniger vertraut war das Orchester unter Kirill Petrenko mit diesem Werk, die Interpretation konnte der Partitur nicht die notwendige Farbigkeit und Sinnlichkeit verleihen. Anders in Rachmaninovs 4. Klavierkonzert, hier war ja schon ein Konzert vorausgegangen, und die dem Werk innewohnende Spannung kam in den Ecksätzen gut zum Tragen, wobei Berezovsky hier fast noch mehr Temperament zeigte als im dritten Konzert.
Skrjabins "Poème de l'extase" beendete lautstark die russischen Tage der Kapelle - ein fulminanter Pianist bleibt in guter Erinnerung, weniger, dass die Staatskapelle viele anspruchsvolle und unbekannte Werke in zu kurzer Zeit realisieren musste. Dafür war Petrenko wohl nicht immer der richtige Mann trotz seiner überaus emotionalen Bemühungen am Pult.
Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie zum Osterfest
Die Osterkonzerte der Dresdner Philharmonie versprachen einiges an musikalischer Abwechslung. Den allerorten zu hörenden Passionsmusiken setzte das Orchester ein weltliches sinfonisches Programm entgegen, das aber keineswegs alltäglich war und seine eigenen Reize besaß. Unter dem Motto "O Gott! Welch ein Augenblick!" widmete sich die Philharmonie wieder der Liebes-Thematik in den Zykluskonzerten, wenngleich diese hier nur mit der Leonoren-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven verbunden war und in den Folgewerken höchstens in schwelgerischem Tonsatz als romantische Empfindung auszumachen war.
Interessanterweise wird für eine Konzertfassung gerne die etwas geschlossener und opulenter wirkende dritte Ouvertüre benutzt, Chefdirigent Michael Sanderling wählte allerdings die zweite aus, die auch der Uraufführung der Oper 1805 voranstand. Seine Interpretation war auf kontrastreiches Musizieren angelegt - Sanderling kostete Ruhepunkte ebenso wie dramatische Wellen aus und schien in den langen Pausen zwischen den Tutti-Akkorden einen gedanklichen Nachhall zu formen. Den echten, volltönenden wird die Philharmonie erst im neuen Saal erleben, wohl aber war der befreiende Ton in diesem Freiheits-Stück nach dem gerade erfolgten Stadtratsbeschluss zu Gunsten des Kulturpalast-Umbaus fast greifbar.
Mit dem zweiten Werk des Abends verhielt es sich in puncto Popularität ähnlich: das zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow ist das opulent auftrumpfende Gesellenstück vieler Pianisten, während das frühe 1. Klavierkonzert fis-Moll nur selten auf den Podien zu hören ist. Virtuosität, Ornament und melodiöse Schönheit genügen diesem Werk und machen es in diesen Begrenzungen durchaus auch problematisch. Dem russischen Pianisten Kirill Gerstein - längst arriviert auf den Bühnen der Welt unterwegs - oblag es, daraus dennoch eine Perle zu formen, und das gelang ihm vortrefflich. Mit robust-volltönender Unterstützung aus dem Orchester ging er zumeist unaufgeregt und engagiert zu Werke, legte in jedes noch so unscheinbare Figurenwerk Zielsetzung und Gestaltung, verleugnete aber nie den spielerisch-naiven Charakter des Werkes. Das wertete besonders den 3. Satz auf, der zweite hingegen gelang mit gutem Atem für ein nie stockendes oder übertriebenes Klangbild. Mit einer packenden und genauso aus der Ruhe heraus souverän "hingelegten" Gershwin-Zugabe bedankte sich Gerstein für den begeisterten Applaus des Publikums.
Zum Abschluss des Konzertes kamen etwas verfrühte "Proms"-Gefühle auf: In Edward Elgars "Enigma"-Variationen überzeugten die Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten einmal mehr mit spätromantisch sattem Sound. Sanderling konnte mit gut ausgehörtem, transparentem Klang in den Orchestergruppen das kleinteilige Werk zu einer Einheit formen. Besonders die Ausgestaltung der einzelnen Charakterzeichnungen gelang sowohl in zarten kammermusikalischen Passagen wie auch in den kurzen rasanten Variationen überzeugend. Das macht Appetit auf mehr - sicher dann irgendwann auch mit einem kurzen, aber exquisiten Nachhall in den Generalpausen...
Herbert Blomstedt leitete das Palmsonntagskonzert der Staatskapelle
Die nackten Zahlen beeindrucken: 10 Jahre, von 1975 bis 1985 stand Herbert Blomstedt als Chefdirigent am Pult der Staatskapelle Dresden, absolvierte 250 Gastkonzerte und leitete 130 Plattenaufnahmen. Nach Dresden nahm er Chefpositionen in San Francisco und Leipzig an - heute könnte sich Blomstedt in seiner Wahlheimat Schweiz eine ruhige Pensionszeit gönnen. Doch der bald 85jährige Dirigent wirkt dann am glücklichsten, wenn er in aller Welt mit seinen geschätzten Ensembles weiterhin große Musik interpretieren darf - und so kehrt er regelmäßig auch in die Semperoper zurück.
Ein kleines Jubiläum gab es hier (allerdings aus Termingründen diesmal am Sonnabend) zu feiern, das 8. Symphoniekonzert der Kapelle war gleichzeitig Blomstedts 10. Palmsonntagkonzert, das traditionell früher als Benefizkonzert musiziert wurde und immer aber programmatisch profiliert war. Blomstedt stellte zwei Werke gegenüber, die zeitlich nur vier Jahre auseinander liegen, deren gemeinsame Präsentation aber zu Lebzeiten der Komponisten undenkbar gewesen wäre.
Vielleicht war Johannes Brahms' Hölderlin-Vertronung "Schicksalslied" mit Blomstedts Fingerzeig auch als poetische Gabe an Anton Bruckner gemeint, der wohl mehr als einmal über Schicksal und Vergänglichkeit nachgedacht haben dürfte. Die Werke blieben im Höreindruck in ihrem Gegensatz zwischen emotionaler Höhenfahrt und fast sportivem kontrapunktischem Intellekt unaufgelöst - das machte den eigentlichen Reiz des Palmsonntagskonzertes aus. Das "Schicksalslied" legte Blomstedt mit großer Ruhe und samtweichem Klang an, der auch im Tutti niemals Schärfen erlangte. So durfte sich der Staatsopernchor (Einstudierung: Pablo Assante) mit exzellenter Piano-Kultur zeigen und zauberte gemeinsam mit dem Orchester unendlich scheinende Linien, die aus dem Nichts zu kamen schienen und dahin auch wieder verloschen. Hier betörte vor allem Rozália Szabós Flötenpartie, während die Streicher vielleicht auch wegen Blomstedts dynamischer Zurückhaltung nicht den intensivsten Zusammenklang zeigten.
Nach der Pause lud Anton Bruckners 5. Sinfonie B-Dur zu einem höchst anspruchsvollen Hörgenuss ein, konnte aber in Blomstedts Interpretation nicht immer befriedigen. Stark gelangen der erste Satz und das Adagio: Blomstedt legte - das gesamte Werk auswendig dirigierend - die Satzanfänge mit schwebender Schönheit und doch sorgfältiger rhythmischer Diktion an; so entstand eine flüssige, unaufgeregte und natürliche Musizierhaltung. Unverständlich jedoch waren manche Ungereimtheiten in der Tempoaufnahme und Reaktion des Orchesters wie auch in unerwartet stürzenden Übergängen zwischen kontrastierenden Teilen. Sicher muss man bei Bruckner nicht alle Extrema in Tempo und Dynamik ausfahren, doch besonders Scherzo und Finale fehlte eine zwingende, satzübergreifende Intensität des Ausdrucks, wofür auch in der Interpretation mehr Atem und Genauigkeit (etwa in den Choralpassagen des 4. Satzes) zuträglich gewesen wäre.
In manchen führenden Passagen demonstrierten die Streicher ein für die Kapelle ungewohnt enges Klangspektrum - diese Aufführung war nicht von allen zu jeder Zeit zur Bestform bestimmt, wofür eigentlich kein hör- oder sichtbarer Grund auszumachen war. Trotzdem: spannend und kontrastreich war die Wiederbegegnung mit dem "alten Chef" allemal und das begeisterte Publikum zeigte mit stehenden Ovationen, dass Blomstedt die Tradition der Wiederkehr gerne fortsetzen soll.
"The Knights" gastierten bei den Meisterkonzerten auf Albrechtsberg
Mehrfach gastierte das Ensemble "The Knights" aus New York bereits in Dresden - auf Einladung von Jan Vogler war es schon bei den Musikfestspielen zu erleben und versprühte Esprit mit temperamentvollen Interpretationen klassischer Werke, aber auch mit Grenzgängen und Neuentdeckungen zwischen Jazz, Pop und Crossover. Derzeit befinden sich die jungen Musiker auf einer Europa-Tournee, und natürlich machen sie in Dresden Station.
In einer Kammerbesetzung gastierten sie am Donnerstag bei den "Meisterkonzerten auf Schloss Albrechtsberg" und stellten hier auch gleich klar, dass auch in der kleinen Besetzung frisches, unverkrampftes Musizieren im Vordergrund steht. Da mit dem gut eine Stunde dauernden Oktett von Franz Schubert als "Hauptgang" ein großes klassisches Werk im zweiten Teil auf dem Programm stand, begnügten sich "The Knights" mit einer leichteren "Vorspeise" im ersten Teil. Hier stand schlicht die Musizierlust im Vordergrund, die beiden Werke postulierten keinen tiefgehenden Anspruch. Brasilien und Ungarn und damit die Komponisten Alberto Ginastera und György Ligeti zu kombinieren, machte auch nur Sinn mit einer Werkauswahl, die die Wurzeln der beiden Komponisten in ihrer Heimat veranschaulicht.
Ginasteras "Impresiones de la Pena" bezieht sich auf Indio-Musik und Landschaften in den Anden, das wussten "The Knights" mit dem dominierenden Flöten-Solo-Part (Alex Sopp) plastisch und mit rhythmischer Feinarbeit gut nachzuzeichnen. György Ligeti gilt auf der anderen Seite zwar als herausragender Komponist und Neuerer der zeitgenössischen Musik, wenig bekannt ist aber, dass er ähnlich wie seine Vorgänger Bartók und Kodály Ungarns Musikschätze sammelte und neu arrangierte - die hier vorgestellten "Alten Gesellschaftstänze" erscheinen somit als pure Folklore und wirken dennoch in subtiler Instrumentation ansprechend. Immer wieder war zu bemerken, dass der kammermusikalische Geist bei den "Knights" aus dem Moment heraus wirkte, alle Musiker spielten stets mit offenen Ohren für den Nachbarn.
Nun weht aber in Franz Schuberts Oktett ein anderer Wind - sechs zum Teil opulent auskomponierte Sätze mit unterschiedlichsten romantischen Charakteren sind da auszuformen. Nicht immer gelang den "Knights" eine treffende dynamische Balance. Insbesondere in den Ecksätzen war eine in den Streichern eher dünne Klangfarbe auffällig, im Tutti dagegen lauerten einige Schärfen. Auf dieser Basis wirkte die gesamte Interpretation etwas ungewohnt, auch ungeordnet. Ein sattes Legato wurde nicht voll ausgefahren, was kein Manko darstellte, doch manche Phrasierungen wirken zu unausgereift. Hingegen bewahrte das Ensemble stets volle Konzentration im Miteinander der Stimmen und vermochte ausgerechnet die eher leichtfüßigen Mittelsätze zu kleinen Perlen zu veredeln - Klarinette, Horn und Fagott waren da stets ebenbürtige Partner der Streicher, besonders im nicht zu langsam genommenen Adagio. Insgesamt war es ein spannendes Gastspiel der jungen New Yorker, das beim Publikum große Begeisterung auslöste.
Heute noch nichts vor? Da hätte ich was:
Ensemble Courage
23.3.2012, 19.30, Das Ensemble als Solisten
Dresden, Blaue Fabrik, Prießnitzstr. 44/48
Pierre Boulez Domaines
Luciano Berio Sequenza IXa
Alexander Keuk FLASH
Tobias Eduard Schick Ausstieg
Georg Wettin: Klarinette
Eintritt frei, im Anschluss besteht die Möglichkeit zum Gespräch bei Brot, Käse und Wein.
Fortsetzung am 1. April, 19.30, dann mit Matthias Lorenz (Cello) als Solist, Programm siehe
*hier*.
Weblog mehrLicht - 23. Mär, 10:00
Vergangenen Samstag stand
Pennrich auf dem Programm, bei herrlichstem Frühlingswetter. Daher haben wir uns auch zu einer größeren Runde entschlossen, allerdings kenne ich die Ecke nur vom Fahrrad her, daher waren die Wege doch etwas weiter als geplant. Nach der Streckenverlängerung endet die Linie 7 fast auf dem Land am Ende von Pennrich, der Blick schweift hier weit bis nach Kesselsdorf, eigentlich könnte die 7 auch nach Freiberg weiterfahren.
Landpartie für die "Gelbe": Endpunkt Pennrich
Dass die Endhaltestellenwanderungen Sinn machen, zeigen auch die grünen Wanderwegweiser, die direkt an der Haltestelle in den Zschoner Grund oder nach Altfranken weisen. Wir laufen ortseinwärts zur Altnossener Straße und biegen links ab. Unten im Tal erreicht man den Weiler Zöllmen vor der A17, die wir unterqueren. So kommen wir nach
Steinbach, das auch noch zu Dresden gehört.
Links oder rechts??
Hier bleiben wir aber nicht auf der Straße, sondern wandern geradeaus den "Alten Postweg" hinauf, der in der Verlängerung bis nach Wilsdruff reicht, hier aber nur ein Schotterweg ist. Oben biegen wir rechts auf die Landstraße nach Unkersdorf ein und erreichen einen Aussichtspunkt: den Steinhübel, übrigens auch ein
historischer Vermessungspunkt.
Der "Alte Postweg
Der Hügel-Hübel ist zwar nur 315m ü.M. aber hoch genug, um einen herrlichen Blick über die Elbhänge, Sächsische Schweiz bis zum Geising zu erhalten.
Wir laufen weiter nach Unkersdorf, lassen aber den verlockenden Gasthof links liegen und biegen rechts ab nach Roitzsch und
Podemus. Das hat zur Folge, dass wir bald wieder die A17 queren und eine ganze Weile an der Straße langlaufen, wo an diesem Samstag schon einige Vollgasfetischisten die Kurven streichen. Nach einem längeren Marsch kommen wir in Podemus an und nun treibt uns der Hunger.
Am Vorwerk-Podemus Biohof
Zwar hat der Gasthof, der sich auf dem Schild mit Napoleon als einstigem Gast rühmt, noch geschlossen, aber natürlich haben wir die Wanderung so geplant, dass wir dennoch satt werden, schließlich gibt es in Podemus einen großen
Bio-Bauernhof und der hat sogar einen Bio-Markt, der auch noch Samstags bis 16 Uhr geöffnet hat. Perfekt für ein Picknick im Hof mit frischem Brot und Käse, umgeben von Rindern, Schweinen und Schafen.
Eigentlich wollten wir von hier oben den Bus nehmen - die DVB fährt mit der 93 hier hoch, aber leider fährt dieser Bus nicht ganz so oft, wir sind halt auf dem Land.
Hinunter in den Zschoner Grund
Also die Schuhe geschnürt und weiter geht es, nun bekommen wir noch unseren Abstecher in den Zschoner Grund - es geht einmal tief hinunter, dann an der beliebten
Zschoner Mühle vorbei auf der anderen Seite wieder hoch. Von dort erreichen wir die Warthaer Straße (auch die 92 war gerade weg...) und freuen uns, dass uns die 1 am Endpunkt Leutewitz wieder mit in die Stadt nimmt.
Dresden mehrLicht - 20. Mär, 14:49
Vergangenen Samstag stand
Pennrich auf dem Programm, bei herrlichstem Frühlingswetter. Daher haben wir uns auch zu einer größeren Runde entschlossen, allerdings kenne ich die Ecke nur vom Fahrrad her, daher waren die Wege doch etwas weiter als geplant. Nach der Streckenverlängerung endet die Linie 7 fast auf dem Land am Ende von Pennrich, der Blick schweift hier weit bis nach Kesselsdorf, eigentlich könnte die 7 auch nach Freiberg weiterfahren.
Landpartie für die "Gelbe": Endpunkt Pennrich
Dass die Endhaltestellenwanderungen Sinn machen, zeigen auch die grünen Wanderwegweiser, die direkt an der Haltestelle in den Zschoner Grund oder nach Altfranken weisen. Wir laufen ortseinwärts zur Altnossener Straße und biegen links ab. Unten im Tal erreicht man den Weiler Zöllmen vor der A17, die wir unterqueren. So kommen wir nach
Steinbach, das auch noch zu Dresden gehört.
Links oder rechts??
Hier bleiben wir aber nicht auf der Straße, sondern wandern geradeaus den "Alten Postweg" hinauf, der in der Verlängerung bis nach Wilsdruff reicht, hier aber nur ein Schotterweg zwischen Feldern und Obstbäumen ist. Die sind allerdings noch vollkommen blattlos, das wird sich bald ändern, erste Knospen entdecken wir bereits. Oben biegen wir rechts auf die Landstraße nach Unkersdorf ein und erreichen einen Aussichtspunkt: den Steinhübel, übrigens auch ein
historischer Vermessungspunkt.
Der "Alte Postweg
Der Hügel-Hübel ist zwar nur 315m ü.M. aber hoch genug, um einen herrlichen Blick über die Elbhänge, Sächsische Schweiz bis zum Geising zu erhalten.
Wir laufen weiter nach Unkersdorf, lassen aber den verlockenden Gasthof links liegen und biegen rechts ab nach Roitzsch und
Podemus. Das hat zur Folge, dass wir bald wieder die A17 queren und eine ganze Weile an der Straße langlaufen, wo an diesem Samstag schon einige Vollgasfetischisten die Kurven streichen. Nach einem längeren Marsch kommen wir in Podemus an und nun treibt uns der Hunger.
Am Vorwerk-Podemus Biohof
Zwar hat der Gasthof, der sich auf dem Schild mit Napoleon als einstigem Gast rühmt, noch geschlossen, aber natürlich haben wir die Wanderung so geplant, dass wir dennoch satt werden, schließlich gibt es in Podemus einen großen
Bio-Bauernhof und der hat sogar einen Bio-Markt, der auch noch Samstags bis 16 Uhr geöffnet hat. Perfekt für ein Picknick im Hof mit frischem Brot und Käse, umgeben von Rindern, Schweinen und Schafen.
Eigentlich wollten wir von hier oben den Bus nehmen - die DVB fährt mit der 93 hier hoch, aber leider fährt dieser Bus nicht ganz so oft, wir sind halt auf dem Land.
Hinunter in den Zschoner Grund
Also die Schuhe geschnürt und weiter geht es, nun bekommen wir noch unseren Abstecher in den Zschoner Grund - es geht einmal tief hinunter, dann an der beliebten
Zschoner Mühle vorbei auf der anderen Seite wieder hoch. Von dort erreichen wir die Warthaer Straße (auch die 92 war gerade weg...) und freuen uns, dass uns die 1 am Endpunkt Leutewitz wieder mit in die Stadt nimmt.
Dresden mehrLicht - 20. Mär, 14:49
Vor rund einer Woche war Wölfnitz dran in unserer kleinen Serie der Endhaltestellenwanderungen - vielleicht haben wir es ein bißchen hinausgezögert, denn wir dachten, was machen wir eigentlich dort? Der nördliche Rand von Gorbitz scheint wenig einladend, hat aber immerhin auch einen Eintrag bei der Webseite über die
Dresdner Stadtteile und das kleine Gebiet war immerhin schon 1357 als Bauernweiler bekannt. Zudem wandeln wir schon an der Endhaltestelle der Linie 6 selbst auf der Gemarkung eines alten Gasthofes. Wölfnitz selbst verläuft weiter westlich der Kesselsdorfer Straße.
Graffiti an der Endhaltestelle in Wölfnitz
Diesmal wandern wir allerdings südwärts und besuchen daher noch einmal Gorbitz, das uns aber außer einigen auf dem Amalie-Dietrich-Platz lungernden Alkoholikern, dem Schild "AWG - Alle werden glücklich" und einigen Hochhauskästen nicht wirkliche Wanderhöhepunkte beschert. Weiter den Hang hoch ist ein kleiner Park eingelagert, der zum
Elbamare führt, dem kleinen Stadtteilbad, das schon 1995 eröffnet wurde.
große Kästen in Gorbitz - wohnt man da gut?
Wir wagen wie neulich bei der Gorbitz-Route erneut den Sprung über die Kesselsdorfer Straße, denn auch heute treibt uns der Hunger, zusätzlich zu dem einladenden Schild "Hexenhaus" sieht der westliche Teil von Gorbitz natürlich schmucker aus mit seinen alten Gehöften. Im
Hexenhaus speisen wir dann auch vortrefflich und ziehen es vor, danach die Runde noch nach Süden zu erweitern.
Das "Hexenhaus in Altgorbitz
Wir laufen die ländlich geprägte
Uthmannstraße hinauf, wohl wissend, dass uns ganz oben die Linie 7 erwartet, die ja nach der Linienverlängerung bis nach Pennrich reicht. Die Uthmannstraße selbst bildet (ähnlich wie in Briesnitz) die alte Dorfstraße und das halbe Viertel dort steht unter Denkmalschutz, alte Bäume säumen die Höfe. Kurz vor Sonnenuntergang kommen wir zur Straßenbahn, und die Linie 7 wird uns dann auch bei den nächsten beiden Wanderungen beschäftigen....
Abendlicht an der Uthmannstraße
Dresden mehrLicht - 15. Mär, 19:13
Christian Thielemanns erste Chefsaison an der Semperoper
Gleich zu Beginn der Pressekonferenz der Semperoper Dresden zur neuen Spielzeit 2012/2013 gab es Ernüchterung: Christian Thielemann, der am 1. September sein Amt als Chefdirigent antreten wird, grüßte lediglich per Videobotschaft in die Runde, zeigte sich aber erfreut über seine Vorhaben. Am 18. November wird er sein Operndebut am Haus mit dem "Rosenkavalier" geben, im März 2013 dann auch seine erste Premiere im Graben dirigieren, interessanterweise eben kein Werk der Jubilare, sondern "Manon Lescaut" von Giacomo Puccini; das Verismo-Werk wird in Lesart von Hauptregisseur Stefan Herheim zu erleben sein.
Die kommende Spielzeit wird vor allem von zwei Schwerpunkten bestimmt - zum einen widmet sich die Semperoper natürlich Richard Wagner, dessen 200. Geburtstag gebührend gefeiert wird - nicht mit einer "Ring"-Neuauflage, wie Intendantin Dr. Ulrike Hessler betonte, sondern mit der Würdigung insbesondere der Zeit, die Wagner in Dresden verbrachte - Christian Thielemann wird das Wagner-Jahr mit einer Neuauflage des "Lohengrin" am 13. Januar 2013 einleiten. Dazu gehört auch die Hinwendung zur französischen Oper dieser Zeit, die heutzutage kaum mehr auf den Spielplänen zu finden ist, von Wagner aber sehr geschätzt wurde.
Der zweite Schwerpunkt der Spielzeit gilt dem Komponisten Hans Werner Henze, dessen Werkpflege in Dresden schon eine 40jährige Tradition aufweist. Henze wird gleichermaßen auf der Bühne und im Konzert mit einer großen "Hommage" geehrt; ihm gehört auch die erste Opernpremiere der Saison mit einem Werk, das mit über 100 Rollen, drei Bühnen und großem Instrumentarium (Dirigent Erik Nielsen) alle Kräfte des Hauses fordern wird: das Bürgerkriegsdrama "We come to the River"/"Wir erreichen den Fluss", von Henze 1976 komponiert. Von Richard Wagner wird es im Juni 2013 einen neuen "Fliegenden Holländer" (Inszenierung Florentine Klepper / Leitung Constantin Trinks) geben, in dem übrigens Wookyung Kim als Erik sein Wagner-Debüt geben wird; die französische Oper ist mit "La Juive" von Jacques Fromental Halévy und "La Vestale" von Gaspare Spontini vertreten.
Auch die Reihe der Mozart-Opern werden mit einer Neuinszenierung fortgesetzt, Michael Schulz zeigt eine Deutung des "Idomeneo", von Julia Jones als Premiere am 29. November dirigiert. Auch das barocke Repertoire bleibt fester Bestandteil der Premieren, diesmal mit "Orlando" von Georg Friedrich Händel (mit Christa Mayer in der Hauptrolle) in einer Inszenierung von Andreas Kriegenburg. In Semper 2, dem kleinen, feinen Nebenschauplatz für die Junge Szene und Experimentelles inszeniert Manfred Weiß die Märchenoper "Das geheime Königreich" von Ernst Krenek; die Junge Szene stellt sich mit "Mario und der Zauberer" von Stephen Oliver (nach Thomas Mann) und einem neuen Werk von Johannes Wulff-Woesten vor - hier werden auch die bewährten Kooperationen mit den Hochschulen der Stadt fortgesetzt.
Ballettdirektor Aaron S. Watkin kündigte einen neuen dreiteiligen Ballettabend unter dem Titel "Bella Figura" an, darin gibt es Stücke der Choreografen Helen Pickett, Jiri Kylián und Ohad Naharin. Prokofiefs berühmtes Ballett "Romeo und Julia" wird in der Sichtweise von Steijn Celis am 22. März 2013 seine Premiere erleben, dann aber müssen die Zuhörer mit der NDR Kammerphilharmonie vorliebnehmen, da die Kapelle dann ihr Engagement bei den Osterfestspielen in Salzburg wahrnimmt - der dort zur Neuinszenierung kommende "Parsifal" wird dann auch später in Dresden zu erleben sein. Eine Ballett-Gala und ein Abend mit "Jungen Choreographen" in der VW-Manufaktur rundet die Ballett-Saison ab.
Natürlich gibt es auch ein umfangreiches Repertoire von 31 Opernproduktionen, 11 Ballettproduktionen und drei Arbeiten der Jungen Szene, auch der Jubilar Giuseppe Verdi ist 2013 mit gleich vier Opern gebührend vertreten. Geschäftsführer Wolfgang Rothe wies auf gleichbleibende Kartenpreise hin, die in etlichen Kategorien gestaffelt sind, Zuhörer können zwischen vielen verschiedenen Paketen und Anrechten wählen, auch Ermäßigungsberechtigte erhalten im Voraus wie an der Abendkasse gute Angebote. Die Auslastung im letzten Jahr ergab einen Wert von 92,6%, dieses Ziel soll in der neuen Saison mit der hochklassigen Mischung aus Bewährtem und Neuem an 355 Spielabenden mindestens wieder erreicht werden - die Karten gibt es ab sofort.
Alle Premieren der neuen Spielzeit:
Übersicht
Almut Rößler spielte Olivier Messiaen in der Kreuzkirche Dresden
Sie ist die Grande Dame der Orgelmusik in Deutschland und ihre Verdienste insbesondere für die Musik des 20. Jahrhunderts sind immens: als Organistin, Kantorin, Professorin ist die in Düsseldorf lebende Organistin Almut Rößler eine Instanz. Anlässlich eines Konzertes innerhalb der Reihe "Dresdner Orgelzyklus" stattete sie nun der Kreuzkirche in Dresden einen Besuch ab und die Zuhörer konnten im Konzert wie auch im Einführungsvortrag wertvolle Einblicke in die Erfahrung dieser Musikerin gewinnen, die auch mit 79 noch für die Orgelmusik der Gegenwart brennt und diese höchst lebendig, aber auch stets mit dem hohen Anspruch einer dem Komponisten würdigen Interpretation zu vermitteln weiß.
Dem französischen Komponisten Olivier Messiaen, dem sie in Freundschaft verbunden war, dessen Werke sie ur- und erstaufführte, war dieses Porträtkonzert gewidmet. Messiaen hat die Orgelmusik seines Jahrhunderts um einen ganzen Kosmos an Klängen bereichert und Rößler stellte der großen Schar Zuhörer vor ihrem Konzert dieses "Geschenk" vor, dessen Reichtum man sich auf vielfältige Weise nähern kann. Ist man erst einmal offenen Ohrs und Herzens für den geistlichen Mittelpunkt seines Schaffens, so ergänzen sich andere Elemente der Musik von Messiaen auf natürliche Weise: der Umgang mit Farben (Messiaen war Synästhet, "hörte" Farben und beschrieb seine Musik oft mit Farbtönen), die Natur und der Vogelgesang, schließlich der Aspekt der Zeit, des Zeitbewusstseins.
Messiaen selbst lag wohl falsch mit seiner Behauptung "meine Musik ist vor allem für Eingeweihte geschrieben" - Almut Rößler öffnete durch eine kluge Programmdramaturgie und sorgfältigem Umgang mit der Jehmlich-Orgel Tor und Tür für einen außergewöhnlichen Konzertabend. Fast schon ein Klassiker ist die frühe "Apparition de l'Eglise Eternelle" (Erscheinung der Ewigen Kirche) - hier legte Messiaen das ganze Kraftzentrum seiner Musik in einem einzigen kurzen Werk bloß. Rößler behielt hier die Ruhe, den großen Crescendo-Decrescendo-Bogen für den Raum passend einzurichten.
Das "Verset pour la fete de la Dédicace" (1960) hingegen war ästhetisch vom Eingangswerk denkbar weit entfernt. Doch schimmerten die gregorianischen Melodien in Rößlers deutlich strukturierender Registrierung wie von ferne durch die moderne Anlage des Werkes. Waren dies noch Einzelwerke, die zum Einstieg in Messiaens Welt gut geeignet waren, so ist Messiaens zyklische Musik höchst anspruchsvoll für Hörer wie Interpreten.
Die 1950 entstandene "Pfingstmesse" zeigt Messiaen als avancierten Denker auf der Höhe der Zeit: Hindu-Rhythmen, Modi und Vogelstimmen durchdringen sich wie in einem bunten Kirchenfenster - die Farben ergeben in der Summe ein Bild tiefer Gläubigkeit. In dieser schillernden Welt zeigte Rößler transparentes Spiel und souveränen Umgang mit den Farben der Jehmlich-Orgel, die insbesondere im Mixturen- und Zungenvorrat den Messiaen-Stücken ganz eigene Prägung verlieh. Bei aller Modernität etwa des zerklüfteten Offertoriums waren die Quellen, das Recit des 3. Satzes und die unverrückbaren Pedalsäulen des 2. Satzes von Rößler so plastisch gestaltet, dass man sich schnell und gerne in dieser Welt verlor - am Ende stand mit der Auferstehungsdarstellung schlicht das pralle Leben in seiner ganzen Fülle. Die Zugabe gab es vor dem Schlussapplaus - das "Gebet nach der Kommunion" aus dem späten Zyklus "Livre du Saint-Sacrement", den Rößler übrigens 1986 in den USA uraufgeführt hat, war ein immens tröstlicher, bewegender Ausklang dieses beeindruckenden Konzertes.
Almut Rößler ist am 13.2.2015 im Alter von 82 Jahren verstorben.
Nachruf der Johanneskantorei in Düsseldorf
Morton Feldmans Oper "Neither" im Festspielhaus Hellerau
Nachdem uns das Dresdner "elole"-Ensemble kürzlich das 90minütige Klaviertrio des amerikanischen Komponisten Morton Feldman (1926-87) im Konzert in der Messe vorstellte, konnten Freunde dieser außergewöhnlichen Musik nun ein weiteres Werk des Komponisten im Festspielhaus Hellerau erleben. Das Europäische Zentrum der Künste gönnte sich nach dem erfolgreichen Abschluss der Tanzplattform kaum eine Woche des Durchatmens, bevor mit diesem rätselhaften, rückhaltlos modernem Werk erneut spannende zeitgenössische Kunst präsentiert wurde.
Feldmans Werke sind ab den 80er-Jahren von großen Zeitdauern bei gleichzeitiger Differenzierung und Feinarbeit in den Strukturen geprägt - die Musik fließt, Erklärungen und künstlerische Absichten vermied Feldman. Wie würde sich eine Oper des Komponisten in dieser selbstpostulierten "Losigkeit" anhören, wo keinerlei Ego oder Aussagedogma mitschwingt? Die Annäherung an den Dichter Samuel Beckett erscheint so logisch wie folgenschwer: nach kurzer, gegenseitiges (Anti-)Verständnis beschwörender Konversation erhielt Feldman auf einer Postkarte das Libretto zu "Neither".
Als "Anti-Oper" könnte man dieses Werk aber nur bezeichnen, wenn alle Elemente auch als solches umgesetzt würden. Die Inszenierung der Berliner Künstlergruppe "phase 7 performing.arts" wählte eine andere Vorgehensweise, behielt Feldmans Grundkonzeption dabei sensibel im Auge. Phase 7 katapultierte Feldman und Beckett kompromisslos ins 21. Jahrhundert und setzte damit eigentlich die Tradition fort, "alte" (wir sprechen vor 35 Jahren entstandenen Werk) Musik gegenwärtig oder gar mit Visionen der Zukunft zu betrachten. Dementsprechend war das Orchester synthetisch, es wurde aber durch eine Technik der Wellenfeldsynthese über 72 kreisförmig über dem Publikum angeordnete Lautsprecher ein dreidimensionaler Hörraum geschaffen, in der Kreismitte ein Kubus mit Beamerprojektionen und eine Plattform für die Sängerin, der einzigen (Nicht-)Akteurin der Oper. Hier würde klassische Regie kolossal versagen, denn der Text bietet keinerlei Handlungsanlass, weil er Zwischenräume, das Noch-Nicht oder "Weder" beschreibt.
Ein perfekter Saatboden für Kunst also, in dessen merkwürdiger Ausdruckslosigkeit die digitale Perspektive absolut plausibel erscheint. Und dennoch: am Ende erzeugen die zu Säulen und Gittern angeordneten Scheinwerfer, die jenseits aller "normalen" Tonhöhen entrückten Ausrufe der Sopranistin (betörend und kraftvoll die Norwegerin Eir Inderhaug) und die flirrenden Projektionen so etwas wie Schönheit, weil sie einen Geborgenheitsraum mit der Musik erzeugen. Und diese will eben nicht aufrütteln, zeigen, aussagen, sondern nur Musik sein. Da staunt man und fragt sich lediglich am Ende, ob es da der Verkünstelung des Orchesterklanges wirklich bedurft hat.
Es war das einzige Manko der Aufführung, dass Feldmans Arbeit mit den Klangfarben der Instrumente in diesem dreidimensionalen Klangraum keine ausreichende Wertschätzung erfuhr. Was offen blieb, ist die Frage, ob Feldmans Ästhetik nicht manchmal die Schönheit und Feinheit der Musik erschlägt. Das Nicht-Wollen in der Kunst stellt sich nicht selten als Sackgasse heraus, in diesem Fall allerdings ist es eine durchaus behagliche.
Lang Lang im Recital in der Semperoper
Was macht eigentlich einen "Starpianisten" aus? Die Suchmaschine Google hat längst verstanden, dass die Eingabe "Starpianist" zwangsläufig zu Lang Lang führen muss und auch das Programmheft huldigt den chinesischen Star mit ganzen sechs Textseiten zur Biographie und aktuellen "angesagten" Events. Doch hinter dem Wort "Star" lauert unweigerlich der fahle Geschmack der Selbstinszenierung, die natürlich dazugehört, in so einem feinsinnigen Genre wie der Klaviermusik aber nicht nur Freunde findet. Lang Lang hat die Klaviermusik auf jeden Fall massentauglich gemacht - von der Qualität des Spiels des mittlerweile 29jährigen Pianisten konnte man sich nun in Dresden überzeugen.
In der ausverkauften Semperoper, wo Lang Lang am Sonntagnachmittag auf Einladung der Sächsischen Staatskapelle gastierte, war es durchaus bemerkenswert, dass sich jeglicher Rummel beim mit Blitzlicht-Cams bewaffneten Publikum abspielte, nicht aber auf der Bühne. Dort hieß die Maxime: klassisches Klavierrecital, und der fast bedächtige Auftritt des freundlich in die Runde lächelnden Pianisten schien zu sagen: "Ich spiele doch nur Klavier". Die Programmauswahl vermied spätromantisches Donnerwerk - auch die Etüden von Frédéric Chopin taugen nur bedingt zu extrovertierten Schelmereien.
Lang Lang begann mit Bach, die erste Partita B-Dur interpretierte er mit leichter und klarer Gestaltung in den schnellen Sätzen und mit manchmal grenzwertiger Gefühlsbeladung in den langsamen. Lang Lang suchte oft zwischen staunender Detailverliebtheit und schnurrender Technik-Demonstration einen Ausgleich zu finden. Manchmal fehlte dabei aber Tiefgang und Übersicht - genau dies war die Hauptproblematik der Interpretation der B-Dur-Sonate von Franz Schubert, deren nachdenklich-verabschiedende Grundstimmung, erhabene Räumlichkeit und formale Eigenwilligkeit Pianisten vor große Aufgaben stellen. Dem kompletten ersten Satz widmete Lang Lang ein Piano, das oft verhangen und nebulös wirkte. Ist die Themengestaltung und Form bei Schubert ohnehin schon komplex angelegt, so verstrickt sich Lang Lang derart in eine Mystifizierung der Noten, dass nach dem fast zum Stillstand gelangenden 2. Satz Scherzo und Finale aus einer anderen Welt zu stammen scheinen. Hier gerät das Spiel von Lang Lang konventionell, mit Härte im Finale und einer phantasievollen Verspieltheit im Scherzo. Antworten auf den Problemfall Schubert gibt uns Lang Lang nicht mit, aber zumindest eine Menge Material zum Nachdenken.
Nach der Pause dann Chopin - hier ist der Pianist hörbar "zu Hause" und hat im Spiel dieser Werke einen unbestreitbaren Reifegrad erlangt. Die Etüden Opus 25 gerieten zu einer wahren Demonstration von Können, Spielfreude, Flexibilität und vor allem rhythmischer Sorgfalt. Und dass auch ein Lang Lang zwischen den Etüden eine Zäsur braucht und nach der elften Etüde einmal heftig ausatmet - es zeigt uns, dass der "Star" auch nur ein Mensch ist. Standing Ovations, eine sanfte Romanze von Liszt als Zugabe, dann war dieses Recital ganz starallürenlos vorbei.
Ensemble Meitar gastierte im "Global Ear"-Konzert
Die "Global Ear"-Konzertreihe, sonst im Societaetstheater beheimatet, zog für ihr aktuelles Projekt in den Veranstaltungssaal der Synagoge Dresden, und das aus gutem Grund - Israel hieß der Zielort der musikalischen Reise. Obwohl kurzfristig anberaumt, war das Konzert am Mittwoch gut besucht. Dirigent Lennart Dohms wies zu Beginn auf die Besonderheiten des Konzertes hin. Terminlich lag das Konzert noch nahe am Dresdner Gedenktag, wies aber in der Spezifik, israelische Komponisten der Gegenwart aufzuführen, in die lebendigen, aktuellen Zeitläufte. Gleichzeitig war mit dem
"Ensemble Meitar" nicht nur ein führendes israelisches Ensemble zu Gast, das Dresdner Ensemble
"El Perro Andaluz" führte ebenfalls ein Werk aus Israel auf, und für ein größer besetztes Ensemblewerk vereinigten sich die beiden Ensembles sogar.
Damit wird eine selbstverständliche, offene Partnerschaft innerhalb der Kunst gelebt, die ausstrahlen sollte. Noch dazu trug das Global-Ear-Konzert dazu bei, dass zumindest ein kleiner Ausschnitt der hierzulande kaum bekannten Neue-Musik-Szene in Israel klingend dokumentiert wurde. Das Wirken des "Vaters" der zeitgenössischen Musik in Israel, Josef Tal (1910-2008), hat Voraussetzungen geschaffen für eine hochqualifizierte Musikszene.
Die fünf im Konzert präsentierten Stücke stammten von Komponisten unterschiedlicher Generationen, waren aber alle in den letzten vier Jahren entstanden. Hadas Pe'erys "Quartet" atmete noch den Charakter einer Studie in der Konzentration auf wenige durch die Stimmen wandernde Klangeffekte. Hana Ajashvilis "Colour Games" untersuchte Bezüge zwischen Farben und Tönen, hier war das Klangspektrum schon ausgeweitet, vieles in diesem Quartett gut ausgehört. Wenig erfuhr man indes über die beteiligten Komponisten, von denen vier auch anwesend waren - Ayal Adler studierte in Jerusalem und Montreal und ist mittlerweile Composer in Residence des Ensembles. Sein Quintett aus dem Jahr 2009 war das vielleicht am schwierigsten zugängliche Werk, da Adler mit vielen unterschiedlichen Ebenen zwischen Statik und Bewegung arbeitet - Disparates steht gleichberechtigt nebeneinander und entfaltet oder zerstört Zusammenhang.
In Eitan Steinbergs "Cosmic Progressions in the Heart II" rückte schließlich traditionelle jüdische Musik erstmals in den Vordergrund, waren die anderen Werke doch sehr auch von europäischen oder amerikanischen Strömungen geprägt. Steinberg entwickelt mit wenigen Elementen enormen rhythmischen Drive ohne gänzlich in Popularmusik umzuschwenken. Das war spannend mitzuerleben, ebenso wie das Schlussstück "Do Bats eat Cats" (übrigens durch "Alice im Wunderland" inspieriert) von Ofer Pelz noch eine humorvolle Nuance in das Konzert brachte - sinnlich und spielerisch wirkten hier die Geräusche, die wahrlich eine klingende Märchenlandschaft hervorbrachten. "Global Ear" und den israelischen und deutschen Musikern gelang ein erhellendes Prisma durch die "Szene" der israelischen Musik, dafür dankte auch das Publikum mit offenen Ohren und Applaus.
Morton Feldmans Klaviertrio im elole-Konzert
Die Musik von Morton Feldman (1926-1987) ist anders. Was macht man mit Streichquartetten, die vier Stunden dauern? Mit Chorstücken, in denen sich ein Häuflein gehaltener Noten scheinbar "einfach" ausnimmt? Oder eben dieses Klaviertrio aus dem Jahr 1980, dessen 90minütige Spieldauer in einem Satz Interpreten wie Zuhörer gleichermaßen herausfordert, sich auf eine Reise in den Klang, in den Einzel-Ton zu begeben? Wer sich von Konventionen, Vergleichen, Althergebrachtem verabschiedet und offen für neue Klangerlebnisse ist, ist beim
elole-Trio gut aufgehoben, das damit schon zum zweiten Mal in diesem Jahr in Dresden konzertiert.
Die Messe als Aufführungsort ist neu im elole-Reisekalender, doch genau für solche außergewöhnlichen Ereignisse schien der moderne, verglaste Tagungsraum passend, auch in akustischer Hinsicht. Dass Feldmans Musik weder widerspruchsfrei in eine Minimalismus- noch Meditationsecke gestellt werden kann, demonstrierte elole mit zwei dem Konzert zugesellten Elementen - zum einen gab es da Computer, an denen die Zuhörer vor der eigentlichen Aufführung Modelle der Komposition selbst anordnen und wahrnehmen konnten, ein ungewöhnlich einfacher wie logischer Einstieg. Zum anderen musizierte elole das Trio gemeinsam mit dem Videokünstler Lillevan, selbst ein in der zeitgenössischen Musik höchst erfahrener Künstler. Auch dies erschien logisch und spannend angesichts der engen Verbindung, die Feldman zeitlebens zur bildenden Kunst pflegte. Die Aufführung war allerdings keinesfalls eine bebilderte Musik, vielmehr geriet das Trio durch die visuelle Komponente nun zum Quartett: eine weitere gleichberechtigte Stimme trat hinzu, die überdies in der Reduktion und Variation so nah an Feldmans Kompositionsprinzipien andockte, dass eine schillernde Harmonie aller Stimmen als Ergebnis hervortrat.
Diese allerdings kostet Kraft: den Interpreten stehen neunzig Minuten genaueste Partiturarbeit im stetigen akribisch ausnotierten Beinahe-Miteinander bevor, während der Zuhörer, gefangen in seinem eigenen Ohr, Versuche startet, wie diese Musik am besten wahrzunehmen sei. Es entstanden unterschiedliche Phasen der Konzentration - nach gut einer Stunde stellte ich sogar meine Sitzgelegenheit in Frage, nach weiteren fünfzehn Minuten fragte ich mich, ob ich noch in diesem Raum existiere oder nur die Musik eine Illusion sei. Am Ende bleibt es ein Experiment, Durchhänger und Jubel-Hören eingeschlossen, wenn man plötzlich entdeckt, mit welcher Schönheit ein einzelnes Pizzicato durch den Raum schwebt oder eine Phrase sich auspendelt ohne eine einzige Bedeutung als Ballast mitzuschleppen. Insofern, mit Abstand zur Darbietung, wirkte Feldmans Trio-Erlebnis als befreiendes visuelles und akustisches Ereignis, dessen Klarheit durch die Raum-Situation noch unterstrichen wurde.
Am Sonntag fand endlich die verschobene Endhaltestellenwanderung nach Weinböhla statt. Man muss schon ein bißchen Zeit mitbringen, denn schon die Anreise dauert etwas: die
Linie 4 hat die längste Strecke der Dresdner Straßenbahnlinien und durchquert mit Radebeul und Coswig zwei komplette Gemeinden - allerdings habe ich nicht herausbekommen, wie lange diese Linie (die früher einmal sogar an der anderen Seite in Pillnitz endete) schon existiert. Während die "4" in Radebeul noch die Hauptstraße benutzt, biegt sie in Coswig in die Wohnviertel ab und fährt bis nach
Weinböhla quasi mitten durch die Gärten, was einige Hauskatzen auch schonmal nötigt, neben der Bahn auf einem Kirschast zu warten, bevor der Sprung über die Schienen erfolgt.
Ende einer langen Reise: Weinböhla
In Weinböhla angekommen staunen wir über die opulente Endhaltestelle, die einen (heute allerdings geschlossenen) Imbiss und ein großes Wartehäuschen bietet. Bis zum "Zentrum" mit dem Zentralgasthof und der Kirche sind es nur ein paar Schritte, aber wir beschließen heute das Wort "Wanderung" wörtlich zu nehmen. Die Homepage der Stadt bietet uns eine ruhige Wanderung auf dem
"Grünen Strich"-Weg nach Moritzburg an. Bei strahlendem Sonnenschein und -10 Grad eine schöne Sache, wenn man gut zu Fuss ist. Was wir nämlich etwas unterschätzt haben ist der Maßstab der Karte - der grüne Strich verläuft natürlich nicht Luftlinie nach Moritzburg, sondern schlängelt sich oberhalb von Weinböhla kreuz und quer durch die Wälder.
An der Nordstraße in Weinböhla
Summa summarum waren wir also 12km unterwegs, bedanken uns beim
Landratsamt Meißen, dessen Markierungen immerhin so gut angebracht waren, dass wir nur an einer Gabelung den Weg verloren. (Allerdings fehlt nach der Eisenbahnunterführung in Weinböhla ebenfalls eine Fortführung, aber wir haben ja noch Nase und Sonnenstand...). Nach etwa einem Drittel des Weges lockte schon eine Einkehr in der
Mistschänke in Steinbach, ein historischer Gasthof mit feinem Apfelkuchen und leider wieder einmal Bliemchenkaffee. Ansonsten war die Wanderung ein schönes Naturerlebnis mit ein paar erschreckten Wandergenossen ("WAS? Sie wollen bis nach Moritzburg? Na, da hammsesisch ja was vorgenommen")
Wald, Wald, nur Wald...
Weiter ging es über am Neuen Anbau vorbei und Richtung Heidehof, dort befindet sich - sehr abgelegen -
Fachklinik des Diakonenhauses Moritzburg. Nun sind wir mitten im Friedewald/Moritzburger Teichgebiet und laufen weiter in Richtung Moritzburg - dass die Teiche und Wälder bereits um 1500 von Georg dem Bärtigen angelegt wurden, war mir auch neu, aber Wikipedia
bietet da Weiterbildung.
Stimmungsvoll: der zugefrorene Obere Altenteich
Nahe den Altenteichen kommt uns noch ein Trecker entgegen, der eine Handvoll Jugendlicher auf Schlitten zieht - ein kaltes und wohl nicht ganz ungefährliches Vergnügen, aber offenbar hatten alle Spaß dabei. Und in Moritzburg angekommen lohnte das Erlebnis, erstmals nicht UM den Schlossteich zu laufen, sondern AUF dem Schlossteich (bitte jetzt nicht mehr probieren!!).
Buntes Treiben auf dem Eise: der Schlossteich in Moritzburg
Eine heiße Schokolade in
Adams Gasthof wärmte uns nach der langen Tour bestens auf, bevor wir diesmal mit dem VVO und der Linie 326 den Rückweg nach Dresden antraten. Weinböhla ist also ein herrlicher Ausgangspunkt für Wanderungen - auch nach Meißen hätte man schön über die Felder laufen können. Wir freuen uns nun auf Teil X der Wanderungen und überlegen schonmal, was wir in WÖLFNITZ anstellen können....
Dresden mehrLicht - 14. Feb, 21:50
Requiem "Dresden - Ode to Piece" in der Frauenkirche uraufgeführt
Unter großer Anteilnahme eines konzentriert die Darbietung verfolgenden Publikums ist am Sonnabend in der Frauenkirche Lera Auerbachs Requiem "Dresden - Ode an den Frieden" uraufgeführt worden. Das rund 75minütige Werk ist für Knabensoprane, Countertenor, Bariton, Kinder- und Männerchor sowie Orchester geschrieben - die einzige Frauenstimme führt somit die russisch-amerikanische Komponistin - in dieser Saison Capell-Compositrice der Sächsischen Staatskapelle Dresden - selbst.
Das Werk bot jedoch viele Schattierungen zwischen dunkelsten Bass-Grundierungen und hellem Knabensopran, der oft noch zusätzliches Licht durch Schlagzeug (Zimbeln und Flexaton) erhällt. Auerbachs Requiem ist nicht nur in Bezug auf die Klangfarben ein Werk der Kontraste, auch die Texte und die verwendeten musikalischen Mittel atmen durch das ganze Werk hindurch einen komplexen, dialektischen Anspruch. Es ist nicht nur ein Requiem für die Dresdner entstanden, das Werk versucht Welt-Religionen und Welt-Auffassungen innerhalb des liturgischen Requiem-Gerüstes zu verbinden. Fast alle Sätze vertonen Schrecken und Hoffnung fast immer in naher Nachbarschaft, so dass eine nicht völlig auspendelnde Spannung entsteht. Das irritiert an manchen Stellen, etwa wenn "Vater unser" oder "De profundis" in der Emotionalität schwankend geraten, stets alle Instrumente spielen, alles singt und tönt, aber nicht klar ist, wohin die Reise geht.
Auerbachs Sprache ist von viel traditioneller Melodik und Kontrapunktik geprägt, sie erreicht über eingängige Motive wie dem "Dresdner Amen" das Publikum. Oft ist ein spezifisch jüdischer Tonfall in Harmonik und Melodik einbezogen, der sich wie im "100. Psalm" natürlich und frei entfaltet. In der Nivellierung bestimmter Zeichen und Materialien lag aber auch eine Schwäche des Werkes, das bei so vielen guten Ideen eine Schärfung der musikalischen Aussage vertragen könnte; zu schemenhaft wirkten etwa das "Tuba Mirum" oder "Libera Me".
Stärker wiederum wirkte die archaisch-dunkle Vertonung des Gedichtes von Christian Lehnert, das auf der Friedensglocke der Frauenkirche eingraviert ist. Akustische Schwierigkeiten im Kirchenraum waren nicht zu beheben, die Parallelität von Sprachen und Religionen im Text war selten verständlich. Viele Texte reihten sich syllabisch vertont wie an einer Schnur auf, ein gesprochenes Wort oder ein Innehalten der Instrumente wurde da schon zum Ereignis. Ein nahe am Kitsch vorbeikomponiertes tonales "Amen" zur Einleitung des sanfte Hoffnung vermittelnden Schlusses fiel aus der Reihe, dies um so mehr, da als Folgesatz eine Engelsanrufung erfolgte, die in der Manier des Synagogalgesanges komponiert war und vom Knabenchor (Saint Thomas Boys Choir aus New York) und den Knabensolisten (Richard Pittsinger, Jack Keller) packend umgesetzt wurde.
Überhaupt sind die Leistungen der mutig agierenden Chöre (St. Paul's Cathedral Choir, Herren des Staatsopernchores Dresden) sowie der Solisten Maarten Engeltjes (Countertenor) und Mark Stone (Bariton) hoch zu schätzen. Vladimir Jurowski am Pult der Staatskapelle hatte jede Menge koordinierende Arbeit zu leisten - es braucht sicher noch einige Aufführungen, bis dieses Stück auch frei schwingt. In einigen Momenten des Loslassens, das Auerbach selbst als Teil des Kompositionsprozesses beschrieb, waren jedenfalls wunderbare Momente zu hören. Dort, wo das Requiem losgelöst von Botschaft und Denken plötzlich reiner Klang wurde, wirkte es stark nach - so auch in der Stille der Gedenkminute, zu der sich alle Anwesenden nach der Aufführung erhoben. Schön wäre es, das Werk erneut zu hören, ist es doch nun mit der Stadt und seiner Geschichte als ein musikalisches Geschenk der Hoffnung verbunden - dafür ist man Lera Auerbach und den Interpreten dankbar.
Philharmonisches Kammerorchester gestaltet Hommage an Stefan Frenkel
Man wäre gern dabei gewesen - bei den Konzerten, Ausstellungen und Zirkeln der 20er Jahre, in denen die Kunst diskutiert und hinterfragt wurde, schließlich umgestülpt und ad absurdum geführt wieder neue Freiheit genoss. Kreative Schübe und Aufbrüche vollzogen sich mit enormer Geschwindigkeit, und die Eilmeldungen und Premierenberichte waren auch ohne Facebook in aller Munde. Viele kleine und große musikalische Revolutionen von damals wirken bis in heutige Zeiten, anderes wurde schnell wieder vergessen oder abgelöst. Schließlich begrub ein grauenhafter Krieg und Genozid nicht nur die Hoffnungen auf eine freie Kunst, sondern löschte große Talente jäh aus oder zwang sie ins Exil.
Zur letzteren Gruppe gehört der Geiger Stefan Frenkel, der 1924 bis 1926 Erster Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, die damals von Eduard Mörike (1877-1929) geleitet wurde. In dessen Amtszeit fallen viele Ur- und Erstaufführungen des Orchesters. Die Programme verabschiedeten sich vom bunten und abendfüllenden Potpourri-Stil der Kaiserzeit, und abseits des Orchesterpodiums fand man sich mit dem umtriebigen Komponisten und Veranstalter Paul Aron (auch diesen gilt es wiederzuentdecken) zu Aufführungen Neuer Musik zusammen, bei denen Paul Hindemith, das Kolisch-Quartett oder eben Stefan Frenkel neueste Kompositionen musizierten. Dass wir uns dieser Persönlichkeit erinnern dürfen, verdanken wir der aktuellen, höchst aktiven Musikergeneration in der Dresdner Philharmonie, die nicht duldet, dass bedeutende Schätze in den Archiven Patina ansetzen.
Dementsprechend kündigte Konzertmeister Wolfgang Hentrich das Konzert des Philharmonischen Kammerorchesters im Hygienemuseum als Auftakt zu einer Reihe "Dresdner Konzerte" an, die sich zukünftig dieser spannenden Historie widmen wird. Die Hommage an Stefan Frenkel bildete den Auftakt und konnte musialisch zumindest ein kleines Zeitfenster öffnen. Hentrich selbst stellte zwei Sätze aus der noch sehr traditionsverhafteten Sonate für Violine Solo von Frenkel vor, bevor seine Konzertmeisterkollegen Heike Janicke und Ralf-Carsten Brömsel ihren Amtsvorgänger würdigten.
Janicke spielte eine Vivaldi-Bearbeitung von Frenkel, die zwar ganz stilecht mit Klavierbegleitung aufgeführt wurde, genau dieses Instrument wurde mit geöffnetem Deckel zur Rückwand leider komplett akustisch verschluckt. Ansonsten verleugnete die Aufführung die aktuelle Aufführungspraxis nicht - es ist eher fraglich, ob Vivaldi damals so musiziert wurde. Frenkels "Kleine Suite" für Violine und Streichorchester offenbarte allerhand virtuose Schmankerl für den Solopart und befand sich im burlesken Hindemith-Stil am Puls der Zeit. Anders der Schreker-Schüler Karol Rathaus (1895-1954), der dem Dresdner Primarius eine Suite widmete: dieses von der Tonalität stark gelöste, expressive Werk wurde von Ralf-Carsten Brömsel und Andreas Hecker sehr ernsthaft und nuancenreich angegangen.
Dass man sich zum Schluss dieses anspruchsollen Programms für Ernest Blochs 1952 entstandenes Concerto Grosso Nr. 2 entschied, war sinnfällig für die Beschäftigung mit dieser Künstlergeneration - der emotional oft dunkle Unterton dieses in den USA entstandenen Werkes kündete mehr vom Ende und der Traurigkeit des Erlittenen denn von einem (nochmaligen) Neubeginn.
6. Kammerabend der Staatskapelle Dresden
Bemerkenswert an den Kammerabenden der Sächsischen Staatskapelle ist nicht nur die Programmvielfalt und der hohe Anspruch, den die Musiker immer an die Aufführungen stellen, sondern auch die kurzfristige Bekanntgabe der Programme. Damit bewahren die Musiker sich Flexibilität - den Zuhörern offenbart sich dadurch meist ein Schatzkästlein voller Überraschungen. Im 6. Kammerabend war es wohl der Kontrast, der vehement die Hauptrolle für sich beanspruchte.
Beim besten Willen war keine Verbindung zwischen den Stücken herzustellen und so freute man sich einfach darüber, wie vielgestaltig Kammermusik sein kann. Schön, dass wieder einmal ein komponierender Instrumentalist aus der Staatskapelle ein eigenes Werk vorstellen durfte. Diesmal war es der Stellvertretende Solokontrabassist Petr Popelka, der den Bass für diese Aufführung gegen das Klavier eintauschte. Sein Melodram "Der Geier" auf einen Text von Franz Kafka stand in guter Nachbarschaft zu ähnlichen Werken aus der Schönberg-Tradition. Das für Violine, Viola, Cello, Bass und Klavier instrumentierte Werk bevorzugte dem Text entsprechend düstere, tiefe Klangreviere. Robert Augustin (als Gast) deklamierte den Text zwar gut, aber die Tonverstärkung in den Saal war nicht glücklich gelöst. Popelkas Musik hingegen konnte die Hörer gut erreichen, da er mit plastischen, bekannten Idiomen arbeitete. Ob Kafka eine solche Klangumgebung verträgt, durfte jeder selbst für sich feststellen.
Anschließend - Schnitt - ging es nach Amerika. George Gershwins Oper "Porgy & Bess" war ein derartiger Welterfolg, dass nicht nur die Hits allerorten gesummt und gesungen wurden - man wollte die Melodien auch auf seinem eigenen Instrument spielen. Daraus erklären sich auch die Piècen, die der berühmte Geiger Jascha Heifetz aus der Oper transkribierte. Anja Krauß (Violine) stellte diese Goldstücke mit Jobst Schneiderat am Klavier vor, beide zeigten hierbei eine betont klassische Lesart, in der Schmelz und Pomp zugunsten von Genauigkeit und technischem Raffinement zurücktraten - so schummelte sich der Virtuose Heifetz ein ums andere Mal geschickt in den Vordergrund der Hörwahrnehmung.
Gespannt war man dann auf die Interpretation der großartigen "Gran Partita" von Wolfgang Amadeus Mozart, die ohnehin aufgrund ihrer fast orchestralen Bläserbesetzung selten zu hören ist. Unter Leitung von Helmut Branny musizierte eine hervorragend aufgelegte Bläsercombo der Staatskapelle das facettenreiche Stück, in welchem besonders das Adagio und der Variationensatz mit viel agogischem Feingefühl ausgestaltet waren. Virtuosität zeigte sich in den Menuetten und Ecksätzen so selbstverständlich und spielerisch, dass es ein reiner Genuss war. Für eine Fortsetzung desselben ist gesorgt, denn der 7. Kammerabend findet bereits am 2. Februar statt!
Ich laufe einen Marathon. Um abzukürzen, steige ich in einen Zug ein und fahre ein paar Stationen, laufe aber im Zug auf der Stelle weiter. Meine Abkürzung bringt mir enorm Zeit, doch der letzte Teil des Marathons (die Location ist übrigens Wuppertal) findet an Seilen und aufgehängten Stangen hoch über der Wupper statt. Man hangelt sich über dem Wasser wie in einem Kletterwald weiter. Ich werde Fünfter in einer Zeit von 2:30 (die Zeit wurde allerdings schon 1925 als Bestzeit geführt...)
Wer mitgezählt hat, dürfte verwundert sein: eigentlich ist Weinböhla nun dran, aber für eine solche Weltreise musste ich einen anderen Termin reservieren, und so zogen wir die Endhaltestelle der Linie 6 vor, nämlich Niedersedlitz. Wieso es eigentlich in Dresden keine Linie 5 (mehr) gibt, ist im
Stadtwiki Dresden sehr gut nachzulesen. Möglich aber, dass im Zuge der Linienerweiterungen die "5" auch wieder durch die Stadt bimmelt, allerdings wohl nicht mit den alten Wagen...
Niedersedlitz also. Ein Stadtteil, der vor allem durch seine Industriegeschichte interessant ist und daher auch eine eher durchbrochene Bebauung hat; im Norden begrenzt von der Pirnaer Landstraße, im Süden durch die B172, dazwischen Vorortwohnviertel, Industriegelände und einige Freiflächen, dazu der Lockwitzbach, der sich neben der Bahnhofstraße an diesem Wochenende ziemlich reißend ausnimmt.

Diesmal sind wir übrigens mit einem Wunderwerk von Straßenbahn angekommen: die "10" (die ausnahmsweise hier aufgrund einiger Umleitungen endete) war geschmückt von einer Werbung der
Semperoper, die ich sehr gelungen finde.
Vom Bahnhof aus geht es ein kleines Stück Richtung Kleinzschachwitz, linker Hand sieht man noch ein kleineres Plattenbauviertel, rechts biegen wir in die Bosewitzer Straße ein, sonntags ist es wohl eher ruhig hier, aber entlang der Bahnlinie liegen viele Industriebetriebe bis hin zum Heizwerk am Ende der Straße.

Dort endet das Viertel auch, wir spazieren über die Wiesen hinauf zur Pirnaer Landstr. - wir landen in Sporbitz, einem zu Leuben gehörigen kleinen Dörfchen, das uns allerdings etwas trist vorkommt:
Hier feiern?
Wir biegen wieder nach Süden ab und gelangen in die Grenzregion zwischen Heidenau und Dresden, um den Haltepunkt Zschachwitz der S-Bahn gibt es ein kleines Gewerbegebiet, weiter südlich ist man schon in Heidenauer Gemarkung. Wir spazieren unterhalb der Bahnlinie nun nach rechts auf einen alten Bahndamm.

Allerdings wird dieser kaum zur alten Lockwitztalbahn gehören, also wohl eher eine Industriebahn. An der Heidenauer Straße liegen denn auch einige Brachen, die Architektur sieht nach Vorkriegsindustrie aus und nicht unspannend.

Wir gelangen wir wieder nach Niedersedlitz und machen noch einen Abstecher Richtung Rathaus. Dort sollte uns eigentlich ein Kaffee im Café Bierbaum winken, aber die Zeit drängt, die Bahn fährt und die Schlange reicht bis zur Tür. Also beim nächsten Mal...

Dresden mehrLicht - 29. Jan, 16:21
XL: Ich bin auf eine Radtour und nähere mich einer riesigen Kreuzung, der Radweg führt auf einer Rampe in eine Unterführung, dort aber muss man die Räder in die Hand nehmen und drei Etagen nach unten Treppen steigen. Die Untergeschosse sind voller Ungeziefer und schließlich im dritten Untergeschoss springen mich irgendwelche Phantasieviecher, Krebse oder Skorpione an...
XLI, zweigeteilt: a) ich bin auf der Autobahn unterwegs und habe eine Panne, das Auto fährt neben der Autobahn noch auf eine Art Plateau, von wo aus man die ganze Landschaft unter sich hat. Ich stelle fest, dass ich in einer Art Nationalpark bin, allerdings warnen umstehende mich: Giraffen und Kängurus scheinen hier monsterartig zu agieren, jagen andere Tiere und schleudern sie meterweit durch die Luft.
b) ich bin in meiner alten Wohnung in P., nach hinten raus diesmal mit einem großen Wintergarten, in dem ich mich ausruhe. Als ich zurück in die Wohnung will, spricht mich ein Nachbar drohend an, vormittags sei Ruhe, er brauche absolute Ruhe. Ich ohrfeige ihn linksseitig.
"elole"-Klaviertrio spielte im SGNM-Konzert im Kulturrathaus
Gleich zu Beginn des neuen Jahres machen zwei in Dresden sehr umtriebige Institutionen innerhalb der zeitgenössischen Musik auf sich aufmerksam und verbanden sich gleich in klingender Weise: als Veranstalter sorgt sich die "Sächsische Gesellschaft für Neue Musik" besonders um die aktuelle Musik lebender Komponisten, gleiches hat sich das Klaviertrio "elole" auf die Fahnen geschrieben. So war das Konzert am Sonntagabend im Kulturrathaus recht gut besucht, zieht man die Tatsache in Betracht, dass kein gespieltes Werk älter als vierzig Jahre war.
Uta-Maria Lempert (Violine), Matthias Lorenz (Cello) und Stefan Eder (Klavier) gruppierten diesmal zwei Dresdner Komponisten um gleich zwei Werke der in Bonn lebenden Komponistin
Charlotte Seither. So ergab sich eine Dramaturgie, die ein energetisches Zentrum aufwies und möglicherweise Prolog und Epilog dazugesellte. Diese These war auch gar nicht so abwegig, verglich man etwa die musikalischen Handschriften: Manfred Weiss' 2. Klaviertrio aus dem Jahr 1973 fusst auf dem Boden der Tradition. Mit klar erkennbaren Formen und Strukturen zu arbeiten, ist ein Markenzeichen des 1935 geborenen Komponisten - spannend waren in den beiden Sätzen die jeweiligen Sprengungen des Materials hin zu einer starken Emotionalität zu beobachten. Auf der anderen Seite, am Ende des Konzertes, erklang "al-gabr - Pfade und Wesen", ein Klaviertrio der 1973 geborenen Thuon Burtevitz, erst im letzten Jahr von "elole" uraufgeführt.
Hier hat derjenige Mühe zu folgen, der in den Repetitionen und Überlagerungen scheinbar nichtiger Gestalten Traditionelles entdecken will. Burtevitz erfand eine sehr eigene Musiksprache: ähnlich einer Ballwurfmaschine auf dem Tennisplatz wurden die Töne herausgeschleudert, standen zunächst beziehungslos als Ereignisse neben- und übereinander, wurden dann zu streng geformter Gestalt zueinander gesetzt, zusätzlich waren die Instrumente durch Verstimmung und Verfremdung in eine Art Schräglage versetzt. Ein einziger stehender Akkord ließ das Stück nach mehreren Sätzen regelrecht wegbrechen, statt zu beenden.
Charlotte Seithers Beiträge zur Gattung Klaviertrio standen da mit Recht genau in der Mitte, waren sie doch packende Beispiele für einen kritischen Umgang mit dem Genre, den Instrumenten, dem gefundenen Tonmaterial - sie verleugnen aber auch nie die Basis im langen Zeitband der Musikgeschichte. Sowohl in "Champlève" als auch in "Equal ways of difference", das elole zu seinem 10jährigen Jubiläum im Oktober 2011 uraufführte, überraschte eine sich im Verlauf der Stücke offenbarende Ordnung, die in einem ebenfalls in beiden Stücken zu findenden, sanften Abgesang reflektiert erschien. Was "elole" da in diesen vier Stücken für Klangwelten entblätterte, war in der Zusammenstellung wie in der Interpretation sehr überzeugend und wieder einmal ein guter Beweis, wie die intensive Aufmerksamkeit für die gegenwärtig entstehende Kunst ein packendes Konzerterlebnis erzeugen kann - dafür dankte auch das Publikum mit starkem Applaus.