Rezensionen
21. Moritzburg Festival beendet
Mit den Klängen des Streichoktetts Es-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy geht traditionelle jedes Jahr das Moritzburg Festival zu Ende - so war es auch am Sonntag der Fall. Das Werk passt nicht nur, weil es viele Musiker noch einmal zum Abschluss vereint, sondern auch in seinem inspirativen, lebensbejahenden Charakter das Profil des Festivals quasi in Noten widerspiegelt. So abwechslungsreich sich die vier Sätze des Oktetts entfalten, so vielfältig gab sich auch das gesamte letzte Wochenende musikalisch.
Vor dem Sonnabendkonzert in der Kirche Moritzburg stellte sich die französische Pianistin Lise de la Salle solistisch vor. Für ihre gute halbe Stunde Musik hatte sie ein großes romantisches Klavierwerk ausgewählt, das es in sich hatte: Johannes Brahms "Händel-Variationen" zelebrieren den Schulterschluss zwischen barockem Vorbild und romantisch weiträumiger Ausarbeitung. Die 25 Variationen samt vollgriffiger Fuge fordern Pianisten einiges ab - Lise de la Salle beeindruckte hier mit charaktervollem und virtuosem Zugriff und schaffte es mit flotten Tempi und dabei jederzeit deutlicher Phrasierung, einen großen Spannungsbogen über das gesamte Werk zu legen. Als Kontrast und Entspannung durfte das Publikum als Zugabe dann einen wunderbar empfunden musizierten Choral von Johann Sebastian Bach genießen.
Im anschließenden Konzert standen drei außergewöhnliche Stücke aus Klassik, Romantik und dem 20. Jahrhundert auf dem Programm: Joseph Haydns "Zigeunertrio" G-Dur ist wohl einer der frühesten Beweise dafür, wie man innerhalb strenger Formen individuelles Kolorit gewinnen kann. Dass schon im 19. Jahrhundert kräftig in gemischten Besetzungen experimentiert wurde, zeigte Robert Schumanns "Andante und Variationen" für 2 Celli, 2 Klaviere und Horn - das Stück ist eine vor allem akustisch diffizile Geschichte, die aber von Guy Johnston, Harriet Krijgh, Oliver Triendl, Antti Siirala und Peter Müseler in einem durchweg lyrischen Klanggewand souverän dargeboten wurde.
Höhepunkt des Abends war das Klavierquintett von Dmitri Schostakowitsch - neben der aufmerksamen Lise de la Salle am Klavier waren es die Streicher Baiba Skride, Kai Vogler, Lars Anders Tomter und Guy Johnston, die Schostakowitschs Werk hier nahezu mit einer gemeinsamen Stimme erklingen ließen - in aller Zerrissenheit und Härte, aber auch mit viel Gefühl für Gesangliches.
Auch das vom Publikum heftig bejubelte Abschlusskonzert am Sonntagmorgen begann mit Schostakowitsch - die Stücke für Streichoktett des 18jährigen Komponisten sind jedoch in ihrer rohen Wildheit von anderem Kaliber und wurden mitreißend interpretiert. Noch einmal kam der Composer in Residence David Philip Hefti zu Wort, diesmal mit seinem 2. Klaviertrio "Lichter Hall" aus dem Jahr 2012, das episodenhaft in einem einzigen Satz verschiedene Ausdruckswelten zwischen ausgestellten Flächen und zögerlicher Entwicklung vereinte. Mit "Navarra" von Pablo de Sarasate gelang gleich darauf der denkbar größte Kontrast: es ist eine echte "Pièce" für 2 Violinen und Klavier, die mit viel Charme und lockerer Virtuosität von Mira Wang, Baiba Skride und Oliver Triendl dargeboten wurde.
Der künstlerische Leiter Jan Vogler zeigte sich mit dem diesjährigen, 21. Festival sehr zufrieden und benannte eine in diesem Jahr musikalisch sehr starke Festival Akademie und die Uraufführung des Auftragswerkes von Hefti als Höhepunkte - mit letzterer wurde auch thematisch ein Bogen zur Moritzburger Geschichte und zum Gedenken an den Beginn des 1. Weltkriegs gezogen. Zudem seien diesmal durch die Werkauswahl besonders herausragender oder außergewöhnlicher Stücke inspirative Glücksmomente unter den Künstlern entstanden, die auch das Publikum intensiv wahrnahm." Zu den 14 Konzerten, zwei Porträtkonzerten und einem Komponistengespräch kamen insgesamt 7000 Zuhörer, damit war das Festival zu 98% ausgelastet. 2015 wird das Moritzburg Festival vom 15. bis 30. August stattfinden.
(25.8.)
Werke von Martinů, Hefti und Tschaikowsky beim Moritzburg Festival
Gestaltet man ein Konzertprogramm mit Kammermusik aus, wird man selten in die Verlegenheit kommen, dass die Abfolge der Werke zu eintönig gerät: die Literatur ist immens, die Besetzungen variabel und selbst wenn "nur" ein Streichquartett spielt, sind von Haydn bis zur neuesten Musik alle Möglichkeiten offen. Beim Moritzburg Festival kann man innerhalb von gut zwei Wochen genau diese Vielfalt fast täglich erleben und das Konzert am Mittwochabend im Schloss war ein schönes Beispiel für ein kontrastreiches Programm.
Vom tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů (1890-1959) hört man hier und da in Konzerten mal ein Stück, aber sein umfangreiches, farbiges OEuvre harrt eigentlich noch einer Entdeckung. Die Aufführung der "Drei Madrigale" für Violine und Viola gelang sehr gut - keineswegs ist dies ein Stück für die sprichwörtliche Kammer oder den Salon. Mit viel rhythmischen Pfeffer wussten Hyeyoon Park (Violine) und Hartmut Rohde (Viola) die Partitur mit Leben zu füllen, sorgsam gingen sie auch mit der fast märchenhaft anmutenden Triller-Welt des 2. Satzes um. Dass hier und da ein paar sehr "fies" komponierte Sprünge nicht auf den Punkt saßen, war angesichts der spannungsreichen, im Duett hervorragend aufeinander abgestimmten Aufführung zu vernachlässigen.
Dem Composer-in-Residence, David Philip Hefti gebührte der Platz vor der Pause im ersten Konzertteil. Nach seiner Uraufführung tags zuvor konnten die Zuhörer nun ein älteres Kammermusikwerk erleben - "Interaktion" für Klavierquartett. Dankbar zeigten sich die Interpreten, das bereits aufgetretene Duo sowie Harriet Krijgh (Cello) und Oliver Triendl (Klavier), dass der Komponist nicht nur anwesend war, sondern die Aufführung auch dirigierte. Das ist zwar bei einem Kammermusikwerk dieser Größenordnung nicht unbedingt notwendig, aber verleiht den Musikern im besten Fall ein Fundament, auf dem die neuen Klänge gedeihen können. Hefti leitete sein Stück mit Bedacht und ließ den Musikern auch die nötige Freiheit - so entstand fast ein impressionistischer Eindruck des Malens. Heftis Musiksprache indes ist insofern eingängig, da Formen und musikalische Semantik durchaus bekannt, manchmal sogar merkwürdig gebändigt erscheinen - dadurch war sogar der große Klaviermonolog am Ende fast voraussehbar.
Man könnte vermuten, dass ein großes Werk des romantischen 19. Jahrhunderts nach der Pause zum Zurücklehnen und zur Entspannung einzuladen bestimmt war, doch damit war man auf dem Holzweg - und das war gut so. Denn so wie die drei Interpreten Mira Wang (Violine), Jan Vogler (Cello) und Lise de la Salle (Klavier) bei Peter Tschaikowskys Klaviertrio Opus 50 in jedem Takt auf der vordersten Stuhlkante saßen, gingen auch die Zuhörer mit. Dieses 50-minütige Stück - geschrieben im Eindruck des Todes von Tschaikowskys Freund und Förderers Nikolai Rubinstein - schreibt sich viel Intensität, gar das ganz große Drama auf die Fahnen, und hat man einmal zu Tschaikowskys Art, etwa eine eigentlich simpel scheinende Rückführung zur Haupttonart über Minuten mit immer wieder anrollenden Gefühlswellen zu strecken, Zugang gefanden, so konnte man eine nur grandios zu nennende Aufführung verfolgen. Die Musiker nahmen das Werk höchst ernst, arbeiteten bei allem notwendigen und mit vollem Einsatz auch durchgezogenen Klanggewitter auch stets die leisen Nuancen der BItternis und Einsamkeit heraus. Die nicht selbstverständliche Homogenität der drei Interpreten mit absolut sicherer Tempovorgabe sowohl im Variationssatz als auch in dem von Leidenschaften gepeitschten ersten Satz war dann das Sahnehäubchen einer spannungsgeladenen Interpretation, nach deren letzten im Trauermarsch ersterbenden Tönen auch das Publikum erst einmal Luft holen musste.
(18.8.)
Eröffnungskonzert des Moritzburg Festivals in der Gläsernen Manufaktur
Steigende Temperaturen, saisonal bedingte Abwesenheit klassischer Konzerte in der Stadt und eine auffällige Häufung zu Proben pilgernder Instrumentalisten nahe Augustens Jagdschloss lassen kalendarisch nur einen Schluss zu: das Moritzburg Festival beginnt. Die 21. Auflage des Kammermusikfestivals startete - dies auch schon zum zehnten Mal - in Dresdens Gläserner Manufaktur mit dem Eröffnungskonzert, das von der Festival Akademie ausgestaltet wird.
Die Akademie ist seit Jahren fester und wichtiger Bestandteil; bereits eine Woche vor den öffentlichen Konzerten proben und feilen in diesem Jahr 40 junge Musiker aus 16 Nationen gemeinsam mit den Profis an der Kammermusikliteratur. Im "Moritzburg Festival Orchester" finden sie sich im großen Ensemble zusammen, das in diesem Jahr vom renommierten Cellisten und Dirigenten Heinrich Schiff geleitet wird. Das Programm gab sich in diesem Jahr mit Vivaldi, Mozart und Beethoven auf den ersten Blick unspektakulär, jedoch war einiges an Finesse darin, denn schon im ersten Werk schien der Kammermusikgedanke verwirklicht: das Konzert für vier Violinen, Streicher und Basso Continuo h-Moll von Antonio Vivaldi sprudelt vor Lebendigkeit und stetig müssen die vier Solisten sich gegenseitig die Bälle zuspielen. Nikki Chooi, Timothy Chooi, Theresa Lier und Mira Wang gelang das vortrefflich und Schiff gab einen gelassenen und zuweilen pointierten Orchesterklang hinzu.
Mit dem Klarinettenkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart stand dann ein bekannter "Klassiker" auf dem Programm, mit dem nahezu jeder große Klarinettenvirtuose seine Visitenkarte präsentiert. Die Größe des Werkes liegt nicht zuletzt darin, dass es einen weiten Raum der Ausdruckswelten und der Deutung anbietet, der die Solisten zu unterschiedlichen Herangehensweisen berechtigt. Daniel Ottensamer, Solist der Wiener Philharmoniker, hat in den letzten Jahren mit seinem Spiel internationales Renommee erlangt - in der Manufaktur zeigte er das gesamte Konzert in einer staunenswert durchgehaltenen Pianokultur mit überaus weichen Ansätzen, Läufen und sanfter Themengestaltung. Diese absolut noblen und mit höchster Souveränität dargebotenen technischen Fähigkeiten dürften einzigartig sein - allerdings tauchte nach den drei Sätzen doch die Frage auf, ob dieser komplett in Samt und Seide gehüllte Mozart in der Ästhetik eines "Bloß nicht" nicht auch Ausdrucksebenen verschwieg. In dieser einer "sanften Perfektion" huldigenden Lesart war das Hörerlebnis auf jeden Fall außergewöhnlich und beeindruckend.
Was sich mit einem zu deutlich verstärkten Cembalo im Vivaldi-Konzert bereits angedeutet hatte, wurde bei der Aufführung von Ludwig van Beethovens 7. Sinfonie A-Dur zum Ärgernis: Tontechnische Unterstützung bei Klassik-Konzerten scheint in der VW-Manufaktur ein bleibendes Problem darzustellen. Mit der überzogenen Verstärkung der Violinen wurde aus der Beethoven-Sinfonie ein akustisches Kunstprodukt, deren Aufnahme kein Genuss mehr war, so sehr auch von der Bühne höchstes Engagement strahlte. Von den tiefen Registern wie von den Bläsern war kaum etwas zu hören, wenn die Geigen in die hochgeregelten Mikrofone spielten. Trotz dieser Unzulänglichkeiten konnte man sich darüber freuen, dass die Akademisten mit großem Einsatz und nie versiegender Konzentration zu Werke gingen - besonders schön gelang der erste Teil des zweiten Satzes. Man merkte der Interpretation deutlich an, dass es - vermutlich hatte Mozart seine Spuren hinterlassen - Heinrich Schiff viel um atmendes, gesangliches Spiel ging. Für die jungen Musiker dürfte dies bereits der erste Höhepunkt der zwei Moritzburg-Wochen gewesen sein, dem Publikum stehen nach dem Eröffnungskonzert nun rund ein Dutzend Konzerte in Dresden, Moritzburg und der Umgebung bevor.
(11.8.)
Gastspiel des "Oxfordshire County Youth Orchestra" in der St. Pauli-Theaterruine
In den Sommerferien dürfen sich die Musiker der großen Profi-Orchester von der Saison erholen. Anders ergeht es da vielen musizierenden Jugendlichen - die Ferien werden genutzt, um an Musik-Projekten und Orchesterfreizeiten teilzunehmen. So konnte das Dresdner Publikum am Dienstagabend ein Gastspiel des britischen "Oxford County Youth Orchestra" erleben - das einem deutschen Landesjugendorchester vergleichbare Orchester befindet sich gerade auf einer einwöchigen Sommertour durch Deutschland.
Die St. Pauli-Theaterruine bot das stimmungsvolle Ambiente für das Konzert, wenngleich akustische und klimatische Grenzwerte erreicht wurden, die Hörern wie Musikern die Sache nicht leichtmachte. Angesichts eines ambitionierten Programms überlegte man bereits zu Beginn des Konzertes, wie die gut 100 jungen Musiker unter solchen Bedingungen damit zurechtkommen würden. Leider muss man resümieren: es ging derartig viel schief, dass man an die Leiter des Orchesters appellieren möchte, diese Art von Jugendförderung einer Überarbeitung zu unterziehen.
Ein Programm mit der Rosenkavalier-Suite von Richard Strauss (Fassung von Artur Rodziński), der sinfonischen Dichtung "Pini di Roma" von Ottorino Respighi und der 5. Sinfonie d-Moll von Dmitri Schostakowitsch ist in dieser Abfolge auch für ein Profi-Orchester "nicht ohne". Hier werden beträchtliche Lautstärkepegel erreicht, die aber Dirigent John Traill offenbar als wesentlichen und wirkungsvollsten Gehalt der Musik missdeutete. Mit dem Raum kam er ebensowenig klar wie seine tapferen Jugendlichen, deren Können sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Genau aus diesem Grund entstanden in allen Stücken große Probleme: kein Akkord wollte sich zurechtfinden, Intonation und technisches Vermögen glichen einer Achterbahnfahrt. Ansätze von Interpretation blieben zumeist auf der Strecke - die Jugendlichen hatten genug mit der Bewältigung des Notenberges zu tun.
Mutig stürzten sich die jeweils ersten Musiker ihres Instrumentes in ihre Soli: motivierend auf alle dürfte sich etwa das große Solo der ersten Klarinettistin im 3. Satz der "Pini di Roma" ausgewirkt haben, auch das Flötensolo im Kopfsatz der Schostakowitsch-Sinfonie war sehr fein gespielt. Der erste Satz des Respighi-Stücks gelang wohl insgesamt am besten. Doch solche Höhenflüge hielten meist nur bis zu Partiturabschnitten, wo eine ganze Instrumentengruppe anstelle eines notierten Tones gleich fünf verschiedene präsentierte. Laut Programmheft liegt der Schwerpunkt des Orchesters in der Durchführung von Werken für große Besetzungen. Durch viele Verdoppelungen (in allen drei Werken waren etwa sechs Flöten und ganze sieben Trompeten besetzt) wurden allerdings lediglich Defizite kaschiert und die Werke erscheinen entstellt. John Traill dirigierte meist ruhig und bedächtig - er gab aber auch oft nach, so dass sich Tempoverschleppungen einstellten.
Einige wohl gut geprobte Walzer-Stellen in der "Rosenkavalier-Suite" von Strauss liefen merklich flüssiger durch. Sommerlich-leichte Stimmung ließ sich an den Gesichtern der Orchestermusiker kaum ablesen: Hochspannung, Anstrengung und teilweise betretene Mienen waren zu beobachten - angesichts eines Projektes, das sie hoffnungslos überforderte. Warum gibt man den Jugendlichen nicht Werke an die Hand, mit denen sie ein gemeinsames Erfolgserlebnis kreieren können? So kann man nur hoffen, dass den 14- bis 21jährigen Jugendlichen die Freude an der Musik trotzdem erhalten bleibt. Dass nach Schostakowitschs düster-fatalistischer 5. Sinfonie sofort der Radetzky-Marsch von Johann Strauss als scheppernde Zugabe gegeben wurde, bestätigt leider die Vermutung, dass man hier kaum tiefer in die Musik eindringen wollte, als es angesichts der Hürden möglich war.
Vokalmusik von Busto, Pärt und Vieira im Konzert des Universitätschores
Unter dem Motto "Gesang der Quellen" präsentierte sich am Sonntagnachmittag der Universitätschor Dresden in der Kreuzkirche. Mit den Assoziationen musste man da allerdings schon etwas weiter wandern als bis zum nächsten Wasserfall, denn es ging nicht explizit um das Naturelement, sondern eher um Quelle als Synonym für ein generelles Strömen, aber auch für die Hinwendung zu den Ursprüngen. Eine gute Stunde geistliche Musik des 20. Jahrhunderts stand auf dem Programm, das älteste Stück gerade einmal vor 26 Jahren entstanden. Doch hatte man nirgends das Gefühl, besonders avancierter Musik der Gegenwart zu lauschen, die Bande zur Tradition war in allen drei Werken eng geknüpft.
Der baskische Komponist Javier Busto ist beliebt bei den europäischen Kammerchören, psalmodierende Abschnitte stehen in "O Sacrum Convivium" neben wirkungsvoll eingesetzter Harmonik. In diesem a-cappella-Werk überzeugte der Universitätschor unter Leitung von Christiane Büttig bereits mit schöner Klanggebung und deutlicher Ausformung des Textes.
In ebensolcher Konzentration gelang eine sehr gute Aufführung von Arvo Pärts "Salve Regina" - hier trat die Sinfonietta Dresden in einer Streicherbesetzung samt Celesta (Michael Schütze) hinzu. Büttig traf mit dem Chor genau die ruhige und ruhende Haltung, die diese Musik benötigt, dabei ist die Homogenität in einem Werk dieser Schlichtheit ja alles andere als leicht zu erreichen. Dem aufrichtigen Ernst dieser Komposition kann man sich indes kaum verschließen und so wurde eine fast meditative Atmosphäre im großen Kirchenraum erreicht.
Nach einem Abendmahlstext und einem liturgisch den Stundengebeten zuzuordnendem Text stand mit einem "Stabat Mater" als Hauptwerk eine Passionsmusik auf dem Programm. Anstelle bekannter Vertonungen hatte sich der Universitätschor für ein Werk des hierzulande unbekannten brasilianischen Komponisten Amaral Vieira (geb. 1952) entschieden. Dessen 1988 entstandene Vertonung mit Streichorchester bedurfte einiger Gewöhnung beim Zuhören - nicht wegen der völlig tonalen, durchweg sehr einfach gestalteten Musiksprache, sondern vor allem, weil das Stück keinerlei Fluss aufwies und in gut zwanzig einzelne Teile zerfiel. Jeder Satz des Textes bedeutete für Amaral einen in sich geschlossenen musikalischen Abschnitt, der manchmal kaum mehr als eine Minute dauerte.
Dabei wurde permanent die Besetzung zwischen a cappella und Teilen mit Solisten (sich souverän für die Musik einsetzend: Romy Petrick, Ewa Zeuner, Frank Blümel und Egbert Junghanns) gewechselt, ohne dass viel mehr als eine gefühlslastige Musik dabei herauskam, in der auch wenige dramatische Abschnitte nicht zündeten - dafür war die Komposition, die als Höhepunkt ein Tremolo in den Streichern zum "Entbrennen der Liebe" im Text aufwies, schlicht zu einfallslos. Einige choralartige a-cappella-Szenen waren stimmungsvoll, es fehlte aber an Kontrasten oder Entwicklung und selbst die Harmonik war im tonalen Rahmen oft bedeutungslos eingesetzt.
Für das Werk setzten sich Christiane Büttig und Universitätschor jedoch stark ein - das Publikum und der anwesende Komponist durften eine plastische Interpretation des in diesem Terrain sehr sicher agierenden Chores erleben. Dafür gab es am Ende des Konzertes so starken Applaus, dass der positiv gestimmte Schlussgesang als Zugabe erneut angestimmt wurde. Dass der je andere Umgang mit der Tradition der Musik in der "Quellenmusik" auch sehr unterschiedlich berührte, war sicherlich das interessante Fazit dieses anspruchsvollen, keineswegs gewöhnlichen Konzertes.
(18.7.)
Gustav Mahlers "Auferstehungssinfonie" zum Kapell-Saisonabschluss
Das große Mahler-Jubiläum liegt gerade einmal drei Jahre zurück - wir haben uns intensiv mit dem Komponisten und seinem Sinfonien- und Liederkosmos beschäftigt. Beenden sollte man eine solche Tätigkeit nie, und das ist gut so, birgt doch jede neue Aufführung - im besten Fall - neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Sich Gustav Mahler zu nähern ist eine Aufgabe, die selten geradlinig verläuft, denn eine einzige Sinfonie, ein Satz, manchmal sogar eine Folge weniger Takte kann Licht und Schatten, Himmel und Hölle erzählen.
In der 2. Sinfonie c-Moll, der "Auferstehungssinfonie" hat Mahler versucht, ein ganzes Weltengebäude unterzubringen, was natürlich in dem Aspekt scheitern muss, wenn man präzise Antworten auf die Fragen des menschlichen Daseins erwartet. Mahlers Antworten sind gleichermaßen blumig wie erschütternd - auf das innig-intime "Urlicht" folgt ohne Gnade der Lärm des Jüngsten Gerichtes. Der Erste Gastdirigent der Sächsischen Staatskapelle, Myung-Whun Chung, wird über mehrere Jahre hinweg alle Mahler-Sinfonien in Dresden zu Gehör bringen, nach der 1. und 9. Sinfonie folgte zum diesjährigen Saisonabschluss die Auferstehungssinfonie. Schon jetzt zeigt sich eine Linie in der zyklischen Aufführung - die Handschrift des südkoreanischen Dirigenten ist eine, die von Ruhe und Ernsthaftigkeit geprägt ist. Das erstaunt insofern, als man es bei dieser Musik eigentlich als natürlich betrachten würde, wenn der Dirigent bis zur kompletten eigenen Erschöpfung mitgeht.
Doch Chung weiß um die Stärken der Kapelle und kennt die Stücke genau - ab und an hat man das Gefühl, er höre seiner eigenen Interpretation zu und ist im Geiste schon einen ganzen Abschnitt weiter. So entsteht eine - so paradox es klingt - spannungsvolle Gelassenheit im Orchester, die schönste kammermusikalische Phrasen hervorbringt, aber eben auch eine erdverbundene, ausbalancierte Kraft. Chung wagte im 1. Satz ein langsames, fast breites Tempo, das aber durch überdeutliche Zeichnung niemals an Spannung verlor und den Zuhörer sofort in die Stimmung mitnahm. Die von Mahler als "Intermezzi" erdachten Mittelsätze gaben sich flüssig und natürlich - das doch flotte Tempo des 3. Satzes etwa antizipierte bereits den Weltenbrand des Finales und zeichnete eine fast bizarre Scherzo-Atmosphäre.
Das "Urlicht" gestaltete Mihoko Fujimura warmherzig und klar, Rachel Willis-Sørensen gab souverän die helle Sopranfarbe zum "Aufersteh'n"-Chor im Finale hinzu, wo der MDR-Rundfunkchor im glasklaren Pianissimo zuvor brillant eingesetzt hatte - an dieser Stelle verließ die Aufführung endgültig herkömmliche Kategorien, denn Chung schaffte es in unnachahmlicher Weise, das gesamte Finale samt Höllenlärm und Fernorchester mit zwingender Aussage zu gestalten. Das Mahlersche Universum ist bei Chung in quasi freiheitlich arbeitenden Händen, es bleibt genügend Raum für eigene Gedanken. Der emotionale Nachvollzug ist jedoch unabdingbar, weil Chung niemals den Fluss der Musik unterbricht, vieles bejaht und motiviert, was ohnehin schon im Orchester schön angelegt ist.
(7.7.14)
elole-Klaviertrio im dritten Konzert der "Einstürzenden Mauern"
Wie war das eigentlich mit der Musik vor der Wende? Lassen sich da verläßliche Aussagen treffen, wie sich die zeitgenössische Musik im Osten wie im Westen "nebeneinander" entwickelt hat? Eine musikhistorisch eindeutige Antwort ist kaum zu entwickeln, da viele verschiedene Handschriften und Umgebungsbedingungen die Musik der Zeit prägten. Dass sich in der Gattung des Klaviertrios, um das etliche Komponisten des 20. Jahrhunderts immerhin aus rezeptionellen Gründen einen Bogen machten, Tradition und Experiment nicht ausschließen, zeigte das dritte Konzert der Reihe "Einstürzende Mauern" zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, veranstaltet von KlangNetz Dresden im Hygienemuseum.
Dort erkundet man für die Kooperation nun verschiedene Säle für Musikalisches, das Dresdner Klaviertrio "elole" gastierte im "Kleinen Saal", der zwar in Größe und Akustik für solche Gelegenheiten überzeugt, aber in der nackten Kubus-Ästhetik und kaum vorhandener Belüftung nicht unbedingt ein wohliges Gefühl erzeugt. Uta-Maria Lempert (Violine), Matthias Lorenz (Cello) und Stefan Eder (Klavier) sind seit nunmehr 13 Jahren sehr rührig im Spannungsfeld der zeitgenössischen Musik in dieser "klassischen" Besetzung unterwegs. Dementsprechend wusste man die Kompositionen von Fritz Geißler, Georg Katzer und Bernd Alois Zimmermann in guten Händen. Musikalisch ergab sich da eine Linie der Grenzüberschreitung, vielleicht auch "Einreißung" gewohnter Hörkonventionen.
In Fritz Geißlers 1. Klaviertrio aus dem Jahr 1970 spiegelt sich deutlich die vor allem die sowjetische geprägte Musiktradition der DDR, ein weiterer "Ziehvater" der zeitgenössischen Musik war Béla Bartók. Geißlers Musik pendelt zwischen konventionellen Formen und einer daraus erwachsenden Emotionalität, die sich zwar kratzbürstig gibt, aber nie die Grenzen sprengt. Der hier schon zu spürende musikalische Druck eines "Sagenwollens" entlädt sich in Georg Katzers "Zwei Verlautbarungen für Klaviertrio" deutlicher, auch chaotischer. Von den Musikern gesprochene chinesische Weisheiten über die Heiterkeit der Musik wirken am Anfang und Ende nicht wie ein Zeigefinger, sondern eher wie ein ferner Traum.
Im Westen war Bernd Alois Zimmermann (1918-1970) ebenfalls mit dem Klaviertrio beschäftigt - "Présence", geschrieben 1961, ist aber kein gewöhnlicher Gattungsbeitrag, sondern weist auf Tanz und Literatur als gleichberechtigte Ebenen. Hier geschieht der "Grenzübertritt" auf eine sehr natürlich wirkende Wiese. Die Kunst zeigt sich entfesselt, der zuhörende Geist mag frei schwingen - doch ebenso tauchen hier Fragen auf, vielleicht ist Zimmermann eher im Zeitkreisen der Musik ein Protagonist des "Wohin?" - Das alles kam in den Interpretationen durch das elole-Klaviertrio wunderbar zum Tragen.
Spannungsreich und ernsthaft näherten sich die drei Musiker den Partituren und können sich dabei auf ihre gegenseitig lang erprobte Erfahrung im Erspüren "richtig" geatmeter und gestalteter Phrasen verlassen. Lediglich eine letzte souveräne Gelassenheit in einigen piano-Passagen im Zimmermann-Stück wäre das Sahnehäubchen gewesen, hier fehlte noch etwas der "quixotische" Un-Ernst. José Biondi ergänzte mit sparsamen Körperaktionen und dem Entrollen der Spruchbänder von Paul Pörtner die künstlerischen Ebenen, so dass man am Ende nach nur drei Klaviertriokompositionen doch überzeugt war, eine ganze Welt kennengelernt zu haben.
(7.7.14)
Leipziger Reinhold Quartett gastierte zum 7. Kammerabend der Staatskapelle
Zu den diesjährigen Musikfestspielen wurde das Gewandhausorchester Leipzig in der Semperoper enthusiastisch gefeiert. Für viele Mitglieder des Orchesters ist der Semperbau aber längst kein "Neuland" mehr, denn die Kammermusiken der Sächsischen Staatskapelle pflegen schon lange einen Austausch mit den Leipzigern - jedes Jahr kann man sich in einem der acht Kammerabende der Saison davon überzeugen, dass auch an der Pleiße rege Aktivität in verschiedenen Formationen besteht. Das 1996 gegründete Reinhold-Quartett war schon mehrfach zu Gast, zum 7. Kammerabend hatte es ein Programm mitgebracht, das drei sehr unterschiedliche Quartett-Welten vorstellte, damit aber zeigte, wie reichhaltig die Literatur sich darstellt.
Franz Schubert schrieb nicht nur seine berühmte "Unvollendete" - aus seinen letzten Lebensjahren sind viele Werke in Anläufen und Skizzen überliefert, so auch das als "Quartettsatz" bekannte Fragment in c-Moll. Rhapsodisch, fast experimentell arbeitet Schubert hier mit Motiven und Bewegungsmodellen, und bevor man sich beim Zuhören in den Satz eingefunden hat, ist er auch schon wieder vorbei. Das Reinhold Quartett sorgte hier für viel Deutlichkeit und baute sogleich eine gemeinsame Spannung auf, gleichwohl war hier noch ein wenig Nervosität an manchen Übergängen vorhanden.
Ganz andere Spiel- und Höranstrengungen benötigt das 5. Streichquartett von Philip Glass - sein bislang letztes Werk dieses Genres, geschrieben im Jahr 1991. Im bekannten "Dialekt" der minimalistischen Glass'schen Musiksprache ziehen hier die Harmoniefolgen wie Bäume am Zugfenster vorbei. Dass die Erzeugung derselben einiges an Tempogefühl und überdeutlicher Artikulation benötigt, merkt man angesichts der Summe der im Ohr zu stapelnden Akkorde nicht auf den ersten Blick. Schlicht faszinierend war zu verfolgen, wie Dietrich Reinhold, Tobias Haupt, Norbert Tunze und Christoph Vietz dem Quartett Leben einhauchten, wo doch eigentlich nur eine Sound-Tapete da auf den Notenständern liegt, die mal mehr, mal weniger aufmerksamkeitsheischend wirkt.
Eine ganz andere Welt tat sich nach der Pause auf: Bedřich Smetanas 1. Streichquartett "Aus meinem Leben" ist ein hochromantisches Meisterwerk der Gattung. Viele Komponisten vertrauten gerade dem Streichquartett die intimsten Gedanken an - der schon von Ohrgeräuschen und beginnender Taubheit geplagte Smetana hält hier Rückschau auf ein bewegtes Leben mit all seinen Leidenschaften. Die Aufführung geriet zum Höhepunkt des Konzertes: das Reinhold Quartett formte - mit wenigen Einschränkungen im zweiten Satz - eine sehr emotionale, mutige und im gegenseitigen Verständnis gelungene Interpretation, bei der man das Gefühl hatte, die Musiker würden sich an keiner Stelle vor den Komponisten stellen. Wie in allen Beiträgen des Abends war hier viel Verständnis und Können für die Stilistik und die Aussage des Werkes vorhanden.
(26.6.14)
Sächsisches Hornquartett im Hoflößnitz-Kammerkonzert
Auf die üblichen Musikerwitze reagieren die Virtuosen selbst meist mit Verständnis, weil ja manchmal auch ein Fünkchen Wahrheit enthalten ist. Dass das ganze Orchester betet, wenn der Hornist spielt, sollte trotz ausgiebiger Bemühungen der Komponisten, Hornsoli immer "gefährlicher" zu komponieren, heutzutage die Ausnahme sein. Wer da als Zuhörer dem perfekten Klang auf der Spur ist, vergisst vermutlich, dass das Horn als Signalinstrument seit Urzeiten vor allem die Funktion hatte, die Jagdgesellschaft oder den Hirten auf dem Berg gegenüber zu erreichen.
Das 1996 gegründete Sächsische Hornquartett begnügte sich im Kammerkonzert in der Hoflößnitz nicht damit, die übliche Literatur für das Ensemble vorzustellen - die Zuhörer bekamen auch auf kurzweilige Art die Geschichte und manche Besonderheiten des Instruments vorgeführt. Johannes Brahms hat sein Hornmotiv aus dem Finalsatz 1. Sinfonie - glaubt man einer Postkarte an Clara Schumann - Schweizer Alphörnern abgelauscht - in der Konzertpause tönte das Motiv "original" durch die Radebeuler Weinhänge.
Die Blütezeit des Horns in der Romantik war Hauptbestandteil des Konzertprogramms, das von Franz Streuber moderiert wurde - natürlich gab es da viele mit "La Chasse" betitelte Sätze, die im pferdetrappelnden Sechser- oder Dreiertakt die deutsche Waldromantik beschworen. Das Sächsische Hornquartett ergänzte diese Piècen aber auch mit Sätzen, die die lyrischen Qualitäten des Instrumentes hervorhoben und spielte einige Volkslieder, deren warmherzige Stimmung eben in dieser Besetzung besonders gut zum Tragen kommt. Trotzdem widmeten sich nur wenige Komponisten dem Hornquartett, die Zuhörer durften daher dem Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts entsprechende Werke von Anton Richter, Constantin Homilius oder Nikolai Tscherepnin kennenlernen.
Oftmals schreiben oder arrangieren die Virtuosen zum eigenen Gebrauch - mit der Aufführung zweier Bearbeitungen der Chöre aus den Opern "Euryanthe" und "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber erwies das Hornquartett auch seine Reverenz an den beim Konzert anwesenden Peter Damm - Hornist der Sächsischen Staatskapelle, Mentor und Lehrer der Solisten des Quartettes, die allesamt in sächsischen Orchestern und Ensembles tätig sind. Einen kleinen Bogen machte das Programm um die zeitgenössische Musik - auch das am Ende des Konzertes vorgestellte Quartett des Briten James Langley war sehr der Tradition verpflichtet.
Lediglich in Eugène Bozzas "Suite pour Quatre Cors" blitzt viel Inspiration in der erweiterten Harmonik und der Klangfarbenbehandlung auf. Auch hier agierten die vier Musiker stilistisch kundig - will man dem subtilen Witz des Werkes nahekommen, muss man sich erst einmal durch auf den ersten Blick gar nicht so "lustige" Passagen der Partitur durcharbeiten. Für alle diese Stücke erwies sich das Hornquartett als kompetenter Sachwalter und sorgte draußen wie drinnen für einen angenehm-vergnüglichen Nachmittag.
Das "
Kammerorchester ohne Dirigenten" im Klotzscher Sommerkonzert
Wenn sich Dresden gerne "Musikstadt" nennt, so sollte man dabei immer die Summe aller Musiker im Blick haben und nicht nur die Leuchttürme professionellen Musikschaffens. Dabei dürften einige tausend Menschen zusammenkommen, die in Orchestern, Chören, Ensembles und Bands ihrer Leidenschaft nachgehen und so in allen Vierteln der Stadt für ein lebendiges Musikleben sorgen. Nicht wenige dieser Ensembles können schon auf eine große Tradition zurückblicken und zeigen sich kontinuierlich im Konzertkalender. So wurde das "Kammerorchester ohne Dirigenten" bereits 1967 gegründet.
Was sich da im Ensemblenamen als Besonderheit offenbart, ist für die Musiker sicherlich schon Alltag geworden und das sommerliche Konzert in der Christuskirche Klotzsche zeigte nicht nur, dass diese ungewöhnliche Musizierform funktioniert, sie hält auch zum aufmerksamen Miteinander an. Wer in diesem Ensemble mitspielt, kann sich nicht verstecken, die Ohren sind in alle Richtungen offen. Zwar finden sich hinter einigen Pulten Mitglieder mit durchaus musikalischen Berufen, doch viele gehen auch einer "gewöhnlichen" Tätigkeit nach. Das gut besuchte Konzert wusste zu erfreuen, da man vier Werke ausgesucht hatte, die das Ensemble nicht überforderten, aber dennoch gute Vorbereitung und Fertigkeiten benötigten.
Georg Friedrich Händels Ouvertüre zur Oper "Alcina" war zu Beginn noch ein bißchen mit Aufregung behaftet, trotzdem gab man sich in den barocken Wassern stilsicher. Gleich zwei Solokonzerte standen auf dem Programm, mit dem ersten konnten die Zuhörer gleich einen recht unbekannten Dresdner Komponisten kennenlernen: Joseph Schubert war ein Zeitgenosse von Carl Maria von Weber und Bratschist in der Hofkapelle - sein Bratschenkonzert C-Dur schrieb er wohl zum eigenen Gebrauch. Urs Stiehler gestaltete den Solopart dieses eingängigen, dem Zeitgeschmack verpflichteten Werkes aus und unterstützte gleich danach wieder seine Kollegen bei der Ausführung von Ottorino Respighis Suite "Alte Arien und Tänze für die Laute" - ein schönes Beispiel der Bewahrung der frühen italienischen Barockmusik im neuen Streichorchestergewand.
Hier hatte sich das etwa fünfundzwanzigköpfige Ensemble richtig in Schwung gespielt - es war viel Verständnis für Klangfarben und den Rhythmus der alten Tänze vorhanden. Dennoch lohnte natürlich immer ein Blick zum Konzertmeister Olaf Spies, der sich aber das ganze Konzert über freundlich einordnete - nur zum Finale zeigte er sich selbst als Solist in Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert G-Dur, hier in reiner Streicherbesetzung aufgeführt. Es war das sicherlich anspruchsvollste Werk des Konzertes, und es wurde achtbar gemeistert - vielleicht finden sich ja auch beim nächsten Mal noch einige Bläser, die die Ambitionen des Kammerorchesters unterstützen.